Mit Arabella fing alles an
bedeutete ein gründliches Durchsuchen der Bodensenken und bewachsenen Schluchten. Die junge Colliehündin jagte tapfer umher. Langsam aber sicher fingen die Schafe an zu begreifen und setzten sich in Bewegung. John führte sie vom, und ich folgte hinten mit dem Hund nach, um Nachzügler zur Eile anzutreiben. Die Lämmer waren am schlimmsten. Sie liefen so aufgeregt hin und her wie Kinder bei einem Schulausflug, rasten in Gruppen herum, verirrten sich, fanden ihre besorgten Mütter und verirrten sieh aufs neue. Während dieser ersten Monate platzten sie fast vor Energie.
Am Anfang unserer Route mußten wir einen engen, mit Hecken bestandenen Weg entlang. Bei jeder Pforte, jedem Zauntritt oder Loch drängten sich einige Lämmer hindurch und rannten neben dem Weg auf dem Feld entlang; dann versuchten sie vergeblich, wieder zur Herde zurückzugelangen. Wenn die Hündin ihnen nachjagte, kriegten sie einen Schreck und stoben in alle Richtungen. Die meisten von ihnen fanden schließlich das Loch wieder und zu den Mutterschaften zurück, aber jedesmal mußten wir auch einigen hinterherrennen, sie in die Enge treiben, sie irgendwie zu packen versuchen und zurückbringen. John war jung und fit, schlank und kräftig und konnte ausdauernd rennen. Aber nach einem Drittel des Weges zitterten mir bereits die Knie, und der Schweiß lief mir in Strömen übers Gesicht. Doch irgendwie schafften wir dieses erste Teilstück und kamen schließlich zur Straße, die überquert werden mußte.
Tröstlicherweise wurden sie immer ruhiger, je müder sie sich machten. Es war einfacher als ich dachte, sie hier anzuhalten, um erst den Verkehr vorbeizulassen. Die wenigen Minuten Pause wurden sehr geschätzt. Als wir warteten, hielt eine Gruppe von Wanderern aus der Stadt an, um zu plaudern; der Schafstrieb hatte offensichtlich ihre Neugierde erregt. Sie fragten, wie wohl das Wetter an dem Tag werden würde. Ich dachte an die Wettervoraussage des Radios, achtete nicht auf Johns Grinsen, sah prüfend in den Himmel, und sagte zu ihnen: »Sieht nicht nach Regen aus; Sie werden Glück mit dem Wetter haben.«
Sie waren beeindruckt. Der älteste von ihnen, ein Mann ungefähr in meinem Alter, wollte uns jetzt für unsere Arbeit ermutigen. »Ich bewundere euch Leute vom Land«, sagte er. »Sie haben einen wesentlichen Anteil an der Beschaffung von Nahrung.«
Es tat mir sehr wohl, als ein Mann der Scholle betrachtet zu werden; daher setzte ich mein demütigstes, zu Herzen gehendes Gesicht auf und erwiderte: »Danke schön, sehr freundlich.«
Ich war ohne Geld in der Tasche losgegangen und hoffte, daß seine Gönnerschaft sich bis zu einem Glas Bier in der >Schmiede< erstrecken würde, die nicht weit entfernt lag und leicht erreicht werden konnte, wenn wir unsere Route etwas veränderten. Aber offensichtlich ging seine Bewunderung für Leute vom Lande nicht so weit. Dennoch war dies ein belustigender Zwischenfall für John und mich.
Die letzten Abschnitte unserer Wanderung führten über teerbetonierte Nebenstraßen und dann unseren Weg hinunter. Als wir endlich das Tor zu unserer Farm erreichten, waren Mutterschafe und Lämmer überaus müde. Von den harten Straßen hatten einige der älteren Schafe wunde Füße, so daß sie humpelnd, aber dankbar das Weideland betraten. Die Einheimischen sagten uns später, daß das Laufen auf hartem Untergrund gut zum Abhärten der Schafshufe wäre und Fußfäule entgegenwirkte. Ob dies nun stimmte oder nicht, so waren doch sowohl Männer als auch Schafe und Hund erleichtert, als das Tor hinter ihnen wieder geschlossen werden konnte. Sobald wir es zuließen, verteilte sich die Herde auf der oberen Weide und fing an zu grasen. Während einiger Minuten beobachteten John und ich sie noch, dann gingen wir hinunter zum Haus.
Shirley las gerade einen Brief aus London. »Da kannst du mal sehen«, sagte sie und reichte mir den Brief, »lies. Janet und Geoff gehen für vierzehn Tage nach Tunesien; die Robbies fahren nach Portugal. Ich werde mich mit einem neuen Fußboden begnügen...«
»Und einem Schrank«, fügte Vicky kämpferisch hinzu und schlug sich auf die Seite ihrer Mutter.
»Nun, gut«, erwiderte ich. »Aber vielleicht könnten wir vorher noch eine Tasse Tee haben...«
21
Die Macht der Frauen und ein neuer Fußboden
S hirley war wirklich sehr geduldig gewesen, was die Mängel des Bauernhauses anbetraf; sie hatte sich sehr beherrscht — manchmal nicht ganz ohne Mühe—, dieses Haus nicht mit dem zu
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