Mit Arabella fing alles an
Endergebnis entsprach zwar nicht immer den Erwartungen, aber da Bettler bekanntlich nicht wählerisch sein dürfen, wurde schließlich auch alles getrunken, was hergestellt worden war.
Die größte Schwierigkeit bestand darin, daß laut Buch der Wein etwa sechs Monate zum Ausreifen lagern sollte. Mit Ausnahme ihres Kartoffelgesöffs, das wirklich ungenießbar war, gaben wir sonst keinem der Getränke die Möglichkeit, auch nur annähernd diese Zeitspanne zu erreichen, und das noch in verstärktem Maß, seit unsere Freunde aus London unablässig für ein Wochenende auf dem Lande zu Besuch kamen. Sie benahmen sich wie Meerschweinchen und waren zu höflich, um ihre wahre Meinung zu sagen. Wir traktierten sie mit >Maison Egerton< und hoben ohne Gewissensbisse die französischen Weine auf, die sie uns mitgebracht hatten, um sie in aller Ruhe nach ihrer Abfahrt zu trinken.
Shirley hatte während ihrer Karriere als Winzerin zwei bemerkenswerte Erfolge. Der erste ereignete sich recht früh und half ihr, einen guten Ruf unter den einheimischen Kreisen von Weinherstellern zu erlangen.
Es fing damit an, daß ich vom Markt mit einem Sack voll Karotten nach Flause kam, der so billig angeboten worden war, daß ich ihn nicht stehenlassen wollte. Wir konnten sie aber nicht alle essen, daher wanderte der Rest in den Topf >Maison Egerton<, wo er sich in Wein verwandeln sollte. Wir fanden heraus, daß Karottenwein bei unseren Nachbarn als alkoholische Getränk angesehen wurde. Shirleys Produkt machte aus dieser Ansicht die größte Untertreibung des Jahres.
Die meisten der Einheimischen — selbst Howard und Ellis waren in der Beziehung keine Ausnahmen — hielten sich für echte Kenner von Bauernweinen. Alle beide waren sie überzeugte Shirley-Fans und begeistert von ihren guten Leistungen. Aber an diesem Abend schwang ein leichter Ton von Herablassung in Howards Stimme mit, als er sagte: »Ihr solltet mal Dilys Karottenwein probieren. Hab’ niemals einen getrunken, der auch nur annähernd so gut war.«
»Wirklich?« fragte Shirley. »Möchtest du mal meinen zum Vergleich versuchen?« Etwas in ihrem Tonfall ließ es mir unbehaglich werden. Sie aber ging und kam mit einem Krug zurück, der halbvoll mit dem Zeug war, und mit zwei Gläsern.
»Er lagert noch nicht sehr lange«, beeilte ich mich entschuldigend zu sagen, als sie großzügig ausschenkte. »Wahrscheinlich ist er noch zu jung, um ihn gerecht beurteilen zu können.«
Nach Art der Experten hielt Howard sein Glas gegen das Licht. »Sieht gar nicht so schlecht aus, wenn man bedenkt, daß er keine Zeit zum Reifen hatte. Je länger er lagert, um so besser wird er. Dilys rührt ihren nicht vor Ablauf eines Jahres an.« Ellis äußerte sich auf ähnliche Weise.
Beide tranken — beide rangen nach Luft. »Heiliges Gemüse«, keuchte Howard, während ihm die Tränen in die Augen stiegen. »Ich hab’ noch nie solchen Karottenwein getrunken. Was is’n da drin?«
»Oh«, meinte Shirley liebenswürdig, »schmeckt er nicht? Da sind lediglich Karotten drin, Hefe und Zucker, alles gute Zutaten, und noch ein bißchen was von mir. Vielleicht war es nur der erste Schluck, der nicht schmeckte. Trinkt aus und versucht noch ein Glas.«
Das zweite Glas bestätigte ihren Eindruck vom ersten. Beide sahen nun entschieden glücklicher aus, aber auch etwas torkelig. Sie gestatteten ihr, ein drittes Glas auszuschenken, aber hielten sie davon ab, das Glas bis zum Rand zu füllen.
»Muß an den Karotten liegen«, sagte Ellis etwas schwerfälliger als ich ihn sonst kannte. »Wird einem richtig warm davon.«
So allmählich sah er tatsächlich recht heiß aus.
»Ich dachte mir schon, daß ihr ihn wahrscheinlich interessant finden würdet«, bemerkte Shirley ernsthaft. »Schön, daß ihr ihn mögt.«
»Du solltest dich mal mit Dilys unterhalten«, meinte Howard und wischte sich die Augen, als er mit konzentrierter Anstrengung von seinem Stuhl aufstand.
»Warum«, fragte sie wie die verkörperte Unschuld. »Schmeckt Dilys Karottenwein nicht so wie meiner?«
Unser Gast stützte sich ab und antwortete: »Vielleicht nicht ganz so; hab’ noch nie Karottenwein getrunken, der so schmeckte wie dieser.«
»Dann hab’ ich wohl Glück gehabt«, sagte sie zu ihm. Ganz bestimmt führte sie was im Schilde.
Unter Lobpreisungen verließen sie uns und machten sich auf, zwar etwas wackelig, aber recht fröhlich, um zur >Schmiede< hinüberzugehen, wo Thomas mit seinem Auto wartete.
»Woll’n mal sehen, ob
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