Mit Arabella fing alles an
wurde freundlicher, so daß die Kinder über die Wiesen tollen konnten. Vielen Plätzen gaben sie besondere Namen.
An einer ihrer Lieblingsstellen kam eine munter plätschernde Quelle aus dem Boden und schlängelte sich dann als winziges Bächlein zwischen den verästelten Wurzeln eines Stechpalmengehölzes hervor. Sie nannten diesen Platz >Wunder< und verbrachten dort viele glückliche Stunden, in denen sie Schlammdämme bauten, damit die Tiere diese Staubecken als Tränke benutzen konnten. Bei der Konstruktion gab es allerdings Zwischenfälle, wenn durstige Kühe einfach in das Reservoir hineinwateten und die Dämme mit einem einzigen Schritt ihrer tellergroßen Hufe zerstörten. Auf dem sechs Hektar großen Feld war eine Ecke nicht gerodet worden; dort wucherte Buschwerk und hohes wildes Gras — sie wurde zum >Puh-Winkel<. Es gab eine ganze Reihe von Verstecken, obgleich man sich fragen konnte, vor wem; auch besondere Kletterbäume hatten sie, die nach den einzelnen Schwierigkeiten eingestuft wurden.
Willems jüngster Sohn war viel mit den beiden zusammen: ein kräftiger, ernster Bursche, der gleichmütig ihrem Geplapper zuhörte, aber dann sehr gern mitmachte, wenn sie im Spiel ihre Phantasien umsetzten.
Für uns drei Großen kam die Zeit zum Stillstehen, Betrachten und Feststellen. Mit Erleichterung begrüßten wir jetzt eine etwas ruhigere Epoche, die auf das anfängliche Gehetze und Gerenne, um den Hof in Betrieb zu bringen, folgte. An einem dieser besinnlichen Abende, als Shirley und ich in unserem winzigen Königreich spazierengingen, sagte sie: »Weißt du was? Ich würde gern heute abend einen langen Rock anziehen und irgendwohin zum Essen ausgehen.«
»Zum Beispiel?«
»Soho, Dean Street, Bertorelli — irgendwo da in der Gegend.«
»Das ist unmöglich«, erwiderte ich. »Das ist zu weit weg, und außerdem können wir uns das gar nicht leisten. Aber morgen ist Markt, wie wär’s damit?«
»Das entspricht zwar nicht ganz genau meinen jetzigen Wünschen«, seufzte sie, »aber ich werde mich damit bescheiden.«
Wir wollten nichts verkaufen, doch jeder Markt hatte seine eigene faszinierende Atmosphäre. Das begann schon mit der Ankunft, wenn man als einer von Hunderten von Bauern an dem Ort eintraf. Eine lange Autoschlange wartete vor dem Parkplatz. Ein großer Viehtransporter hatte nicht die nötige Lenkbarkeit und mußte sich trotzdem irgendwie hineinquetschen.
Wir waren diesmal mit dem Austin 1800 gekommen und nicht in dem alten Weinlieferwagen. Während wir warteten, hielt ein kleiner Lieferwagen neben uns, und eine dickliche, dunkelhaarige Frau, die neben ihrem Mann saß, kurbelte das Fenster herunter und fragte: »Was ist da los?«
»Nichts besonderes — ein Laster ist im Eingang steckengeblieben.«
Ihr Mann sagte etwas, und sie fragte weiter: »Bis wann kann man Schafe vormerken lassen?«
»Sie haben noch eine gute halbe Stunde Zeit«, beruhigte ich sie. »Haben Sie Lämmer?«
»Nein«, sagte sie und zeigte mit dem Daumen nach hinten in den Wagen. »Nur ein altes Mutterschaf. Das einzige, das dieses Jahr nicht getragen hat. Lohnt sich nicht, es zu behalten.«
Der Stau löst sich auf, und ich ließ sie vorbei. Als sie vor uns waren, sahen wir das geschorene Schaf hinter dem Maschendraht der rückseitigen Türen. Seine Schnauze war ganz grau, und die Wangen wirkten hohl. Es hatte bestimmt viele gesunde, fette Lämmer auf die Welt gebracht. Jetzt, nachdem seine Fortpflanzungsmöglichkeit erschöpft war, wurde es als Schlachthammel verkauft. Das ist zwar traurig, aber ich glaube, daß es in einer natürlichen Umgebung von vierbeinigen Jägern längst erlegt worden wäre.
Hauptsächlich wurden heute Osterlämmer gehandelt. Man nannte sie noch so, obgleich das Osterfest schon seit einiger Zeit vorüber war. Die meisten von ihnen waren im Januar geboren worden; sie wurden jetzt verkauft, bevor später die größere Anzahl an Lämmern auf den Markt gebracht wurden. Da es nicht sehr viele davon gab, brachten sie einen guten Gewinn.
Ein Markt ist wie eine Maschine. Sie wird in Gang gesetzt durch die Laster und Lieferwagen, die die Lämmer zur Annahmestelle bringen. Einer nach dem anderen fuhren die Wagen an einer Rampe vor, die Lämmer wurden entladen und in abgezählten Gruppen meistens acht bis zehn Stück, auf eine Plattformwaage geführt. Einem Schreiber wurde das Bruttogewicht zugerufen, der dies in ein Durchschnittsgewicht für Schlachtfleisch umrechnete, das die Lämmer für den
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