Wage den Schritt ins Glueck
1. KAPITEL
„Und nun zum Abschluss der Lokalnachrichten: Gestern erhielten Mitarbeiter und Patienten von Greenacres, der Spezialklinik für Wirbelsäulenverletzungen hier in Wellworth, unerwarteten Besuch. Formel-1-Weltmeister Rafael Santini landete mit dem Hubschrauber und plauderte einige Stunden mit allen, um dem Zentrum anschließend eine bedeutende Summe zu spenden. Jean Collins, der Geschäftsführer von Greenacres, erklärte, alle seien über den Besuch völlig aus dem Häuschen gewesen“, berichtete der Rundfunksprecher lachend. „Und ich wette, ganz besonders die Damen, denn Santini genießt nicht nur auf der Rennstrecke einen legendären Ruf … Sie wissen schon, was ich meine! Und, Kate, ehe du uns jetzt verrätst, wie das Wetter wird … was hältst du von Rafe Santini?“
„Na klar, er ist so etwas wie ein Sexgott. Bei ihm würde ich nur so strahlen, was ich vom Wetter, das uns erwartet, leider nicht sagen kann …“
Eden schaltete das Radio aus und blickte ungeduldig auf den Autostau vor sich. Die Baustelle war scheinbar über Nacht aus dem Boden geschossen, und Eden trommelte genervt auf das Lenkrad. Sie war nicht nur spät dran, weil sie verschlafen hatte, sondern innerlich auch so angespannt, dass sie Kopfschmerzen bekam, als sie endlich am Hotel ankam. Nur gut, dass sie in der Handtasche eine Packung Aspirin dabeihatte.
Ihre hohen Absätze klapperten auf den Marmorfliesen der Eingangshalle. Ein rascher Blick in einen Spiegel verriet Eden, dass sie mit ihrem langen blonden Haar, das sie zu einem dicken Nackenzopf geflochten hatte, in dem cremefarbenen Hosenanzug kühl und elegant wirkte. Ihr war nicht anzumerken, wie aufgeregt ihr Herz pochte – was sie ohnehin lächerlich fand.
Die Sicherheitsvorkehrungen am Empfang waren streng, damit hätte sie rechnen müssen. Ihre Nervosität wuchs, während sie in der Handtasche nach ihrem Presseausweis suchte. Eden konnte ihre Ungeduld kaum noch verbergen, als der Wachmann ihn sorgfältig überprüfte, bevor er sie durchwinkte. Eher könnte man in Fort Knox einbrechen, dachte Eden grimmig, als sie an der Tür zum Konferenzsaal von einem weiteren Sicherheitsposten angehalten wurde.
„Sie kommen zu spät“, informierte er sie überflüssigerweise. „Das Interview hat bereits begonnen.“
„Ich schleiche mich unauffällig hinein“, versprach Eden. „Niemand wird mich bemerken.“ Sie konnte nur beten, dass sie recht behielt. Dass jemand auf sie aufmerksam wurde, fehlte ihr jetzt gerade noch! Wenn der Morgen wie geplant verlaufen wäre, würde sie bereits unbemerkt und anonym ganz hinten im Saal zwischen den anderen Journalisten sitzen.
Der Konferenzsaal war brechend voll. Wieder fragte sie sich, was sie eigentlich erwartet hatte. Rafael Santini gab nur selten Interviews. Ihn verband eine Art Hassliebe mit den Reportern, die darauf brannten, über jeden seiner Schritte zu berichten – während er äußerst ungemütlich wurde, wenn man in sein Privatleben einzudringen versuchte. Nach dem schrecklichen Unfall seines Bruders Gianni vor drei Jahren spekulierten die Medien fieberhaft darüber, ob Rafe für den Zusammenstoß verantwortlich gewesen war. Seitdem hatte seine Beziehung zu den Paparazzi sich in fast krankhaften Hass verwandelt. Selbst jetzt, bei seinem Heldenstatus alsFormel-1-Weltmeister, beschränkten seine Erklärungen vor der Presse sich stets auf wenige knappe Worte. Eden fragte sich, wie Fabrizio Santini es geschafft hatte, seinen ältesten Sohn dazu zu bringen, sich den Medien zu stellen.
Gesenkten Kopfes ließ sie sich auf einen der letzten freien Plätze im hinteren Teil des Saales sinken. Erst nachdem sie sich nun wirklich „unsichtbar“ fühlen konnte, wagte sie es, zum Podium zu blicken. Auf diesen Moment hatte sie sich innerlich den ganzen Morgen vorbereitet. Verflixt! Wem wollte sie etwas vormachen? Seit Tagen konnte sie keine Ruhe mehr finden – seit sie erfahren hatte, dass sie Rafe wiedersehen würde. Beim Anblick seines Gesichts, seiner umwerfenden Erscheinung spielte ihr Magen verrückt, und Eden atmete tief durch, um sich wieder zu fangen.
Rafael Santini wirkte gelangweilt. Seine markanten, wie gemeißelten Züge wirkten maskenhaft starr, und mit seiner charakteristischen geraden Nase, den dichten schwarzen Brauen und den blitzenden dunklen Augen schien er jede Frau im Raum in seinen Bann zu schlagen. Doch selbst auf die Entfernung erkannte Eden, dass er ungeduldig war … an seiner Kinnhaltung, der Art, wie er
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