Mit dem Blick aufs weite Meer
gegangen?” fragte Angela.
“Er wollte zum Flughafen fahren, weil sein Jet dort steht.”
“Natürlich.” Er ist reich, dachte sie, das passt zu ihm. Aber schließlich musste das Geld für Charlottes Ausgaben ja irgendwo herkommen.
Harvey setzte sich zu Scott auf den Stoffballen. “Er weiß nicht, wo Charlotte ist.” Traurig blickte Harvey Angela an. “Ich muss einfach glauben, dass sie eines Tages wieder zurückkommt. Wenn ich nur wüsste, wo ich die Suche nach ihr beginnen soll.”
Vor drei Jahren hatte er Anna verloren, und alle dachten, er würde nie wieder lachen. Eines Tages war Charlotte aufgetaucht, lebenssprühend und warmherzig. Harvey hatte wieder lachen gelernt und wollte schließlich Charlotte heiraten.
“Ich habe entsetzlich Angst vor der Ehe”, hatte Charlotte an jenem Wochene nde in Mystery Bay zu Angela gesagt. “Zweimal stand ich kurz vor der Hochzeit, aber im entscheidenden Moment konnte ich einfach nicht ja sagen. Was wäre, wenn ich mit einem Ekel zusammenleben müsste?”
“Harvey ist kein Ekel”, hatte Angela damals geantwortet.
“Nein, das ist er nicht! Aber ich bin ein Feigling, ich war immer einer. Eine Beziehung muss auf Ehrlichkeit aufgebaut sein, wenn sie funktionieren soll, nicht wahr?”
Angela hatte genickt, obwohl sie nicht viel Erfahrung hatte. Sie hatte Liebe und Glück immer nur bei anderen Leuten gesehen, beispielsweise bei Barney und Sally oder bei Harvey und Anna. Ihre eigene Ehe war kläglich gescheitert.
Charlotte war weggerannt, weil sie nicht den Mut gefunden hatte, Harvey die Wahrheit zu erzählen. Und jetzt meinte Harvey: “Wenn ich nur wüsste, weshalb sie weggelaufen ist.”
Angela zögerte. Sollte sie es ihm sagen? Sie entschied sich, Charlottes Geheimnis nicht zu verraten. “Könnte er sie nicht finden, wenn er es wollte?”
Harvey seufzte. “Möglich. Im Augenblick hat er keine Ahnung, wo sie steckt. Aber wir haben seine Adresse als Verbindung, und ich werde einen Brief für Charlotte auf dem Boot lassen. Außerdem gebe ich ihm einen Brief für sie mit. Wo zum Teufel kann sie nur stecken, Angie?” Harvey klang verzweifelt.
“Kann ich mit?” fragte Scott plötzlich. Er sammelte kleine Stoffabfälle auf dem Boden ein und legte sie wie ein Puzzle zusammen. “Großvater, kann ich mit dir segeln. Mein Dad sagte, dass ich ein guter Matrose bin. Ich kann hart arbeiten.”
3. KAPITEL
Anfang August war Kent für einige Tage nach Ottawa geflogen, um mit Regierungsvertretern über ein neues Bauvorhaben zu verhandeln. Wieder in Vancouver, fand er Charlottes Telegramm vor. Sie schrieb: “Ich bin in San Francisco im Sheraton. Bitte Post nachschicken. Charlotte.”
Er hatte angenommen, Charlotte würde sich von einem entfernteren Ort melden. Als sie den Rechtsanwalt in New York verlassen hatte, war sie in Tokio aufgetaucht. Nach ihrer Affäre mit einem Mexikaner war sie nach Zypern geflohen! Vielleicht wollte Charlotte diesmal nicht wirklich weglaufen, denn San Francisco war eigentlich zu nah. Sollte Angela recht haben, dass Charlotte Harvey Dalton liebte?
Kent wurde aus seiner Schwester einfach nicht schlau. Liebe? Ihm sagte dieses Wort wenig.
Bei Charlotte könnte es bedeuten, dass sie in neuen Schwierigkeiten steckte.
Er wollte seinen Buchhalter anrufen, besann sich anders und wählte die Nummer des Piloten. Kent gab ihm den Auftrag, den Lear-Jet für einen Flug nach Port Townsend aufzutanken. Harvey Dalton war in Charlottes Leben seit la ngem wieder ein ruhender Pol.
Vielleicht brauchte Charlotte so jemanden auf den sie sich stützen konnte.
Es war Kent klar, dass er unvernünftig handelte. Sonst mischte er sich nie in Charlottes Privatleben ein. Gewöhnlich beschränkte er sich darauf, ihre Rechnungen zu bezahlen und die übrigen Angelegenheiten zu regeln. Diesmal würde es sicherlich nicht anders sein…. nur, dass er immer wieder von dieser Angela geträumt hatte. Für einen Mann, dem für Frauenbekanntschaften die Zeit fehlte, waren es seltsam erotische Träume gewesen.
Er forderte die Schwierigkeiten geradezu heraus. Denn eigentlich wollte er Angela wiedersehen, sonst hätte er Harvey Dalton einfach anrufen und ihm Charlottes Adresse geben können.
Eine verheiratete Frau mit einem Kind! Aber Kent musste unbedingt hinfahren, vielleicht nur deswegen, weil er sie an der Seite ihres Mannes sehen wollte. Und was erwartete er? Den liebevollen Blick, mit dem sie den anderen anschaute? Aber es könnte genügen, ihn von seinen
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