Mithgar 13 - Zwergenzorn
gefahren war, um seine Wintervorräte einzukaufen, und bei Sonnenuntergang zu Bett gegangen war. Demzufolge war der Besitzer, Herr Dankwart Brauer, erfreut, weitere Gäste in seinem Gasthaus zu sehen. Er beeilte sich, sie zu begrüßen, indem er seinen fülligen Leib am langen Tisch vorbeizwängte, wo ein paar Einheimische saßen, die ob dieser seltsam gemischten Gesellschaft von Reisenden verblüfft von ihren Pfeifen und Krügen aufschauten. Natürlich hatten sie bereits Zwerge gesehen, aber noch nicht viele. Wurrlinge waren ihnen nicht fremd, da viele aus dem Kleinen Volk im Weitimholz jenseits des Hügels wohnten – obwohl reisende Wurrlinge durchaus etwas Besonderes waren. Menschen waren natürlich absolut nicht ungewöhnlich. Doch dass Angehörige dieser drei Völker – Mensch, Zwerg und Wurrling – gemeinsam eine Reise machten, war ein nie zuvor dagewesenes Ereignis.
Himmel, seht euch das an! Tja, wenn’s je einen komischen Anblick gegeben hat, dann den. Ich frage mich, ob sie einfach nur gleichzeitig eingetreten sind? Nein, sie sind schon zusammen unterwegs, das ist klar. Seht doch, sie unterhalten sich. Zwerge reden nicht mit jedem, nur mit anderen Zwergen oder mit Leuten, mit denen sie Geschäfte machen. Zwerge sind ein ziemlich verschlossenes Völkchen, das weiß jeder. Die Kleinen kommen ihrem Akzent nach wahrscheinlich aus den Sieben Tälern. Und der Mensch? Tja, wenn ihr mich fragt, sieht er wie ein Reichsverwalter aus…
Dankwart ignorierte das Gemurmel am langen Tisch und begrüßte Fürst Kian, wobei sich seine rötlichen Züge aufhellten. »Je nun, mein Herr, willkommen zurück im Weißen Einhorn. Bleibt Ihr und Eure Gesellschaft über Nacht?« Auf das Nicken des jungen Fürsten hin schaute Dankwart aus dem Vorderfenster auf Wagen und Gespann. »He, Bill!«, rief er. Als Reaktion auf diesen Ruf trat ein schlanker junger Mensch hinter einer Tür hervor. »Kümmere dich um den Wagen und die Pferde dieser Leute hier, während ich ihnen ihre Zimmer zeige.«
Während Bill sich beeilte, Wagen und Pferde in den Stall zu bringen, führte Herr Brauer die Reisenden aus dem Schankraum in einen der geräumigen Flügel, wo sich die Gästezimmer befanden. Das Weiße Einhorn war daran gewöhnt, Menschen, Zwerge und hin und wieder sogar Wurrlinge zu beherbergen. Folglich gab es Zimmer, die der jeweiligen Größe der Gäste gerecht wurden. Daher wurde Fürst Kian zu den menschengroßen Quartieren geführt, während man den anderen zwei Räume mit kleineren Möbeln zeigte: Anval und Borin teilten sich das eine, Zwirn und Perry das andere Zimmer. Unterwegs schlug Dankwart vor: »Wenn Ihr essen wollt, am Spieß brät ein Lamm, das Molli bald fertig haben sollte. Jedenfalls seid Ihr herzlich eingeladen, uns im Schankraum bei einem Krug Ale Gesellschaft zu leisten.« Damit wischte er sich die Hände an seiner weißen Schürze ab und kehrte eilig in den Schankraum zurück.
Perry und Zwirn gingen rasch in ihr Zimmer, legten ihren Umhang ab und wuschen sich den Staub von Gesicht und Händen. »Es macht mir nichts aus, Euch zu sagen, Herr Perry, dass ich hungrig bin wie ein Bär im Frühling nach all dem Reisen und den Lektionen im Schwertkampf, die wir bekommen haben«, verkündete Zwirn, während er sich Wasser in den Nacken spritzte. »Und es gelüstet mich nach einem oder auch drei Krügen vom Bier des alten Brauer, um einiges vom Querlandstraßendreck herunterzuspülen.«
»Mich auch, Zwirn«, lachte Perry, indem er sich das nasse Gesicht mit einem Handtuch abtrocknete. »Auf den Geschmack des Ales hier im Einhorn freue ich mich schon seit unserer Ankunft in Steinhöhen. Übrigens glaube ich nicht, dass wir damit hausieren gehen sollten, wohin wir gehen und warum. Nicht, dass es ein Geheimnis wäre, aber ich habe einfach das Gefühl, wenn jemand fragt, sollten wir Borin oder Anval entscheiden lassen, was wir über unsere Mission preisgeben.«
Nachdem sie sich präsentabel gemacht hatten, verließen die Bokker eiligst ihre Kammer und gingen den Flur entlang zum Schankraum. Sie zwängten sich an Tischen, Stühlen und neugierigen Einheimischen vorbei zu einer von Dankwart vorbereiteten Tafel. Die Neuigkeiten hatten sich verbreitet wie ein Blitz, und die Reihen der Steinhöhener im Gasthaus hatten sich beträchtlich gefüllt, denn viele waren gekommen, um sich die seltsam gemischte Reisegruppe selbst anzusehen. Tatsächlich traf sogar alle paar Augenblicke ein neuer Gast ein und schloss sich bereits anwesenden
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