Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten
Italien, wo die deutschen Kaiser lange versucht hatten ihre Oberherrschaft durchzusetzen, um schließlich doch den Dingen ihren Lauf lassen zu müssen. Die Städte machten sich selbständig, sie wurden zu kleinen Republiken, die sich selbst regierten. Die volkssprachliche Literatur blühte auf, davon zeugen unvergängliche Werke wie die „Göttliche Komödie“ des Dante Alighieri (1265–1321), die Gedichte des Francesco Petrarca (1304–1374) und die Novellensammlung „Decamerone“ von Giovanni Boccaccio (1313–1375).
Die Kunst war bisher religiös gebunden, sie hatte das Typische dargestellt, der Künstler selbst war hinter seinem Werk zurückgetreten. Nun verherrlichte sie die körperliche Schönheit, schuf wirklichkeitsgetreue Porträts und Naturdarstellungen, und der Künstler gab sich selbstbewusst als Schöpfer zu erkennen.
Die Bewegung, die im 14. Jahrhundert einsetzte und später auf ganz Europa ausstrahlte, nannte sich „rinascita“, das ist Wiedergeburt. Wir benutzen heute den Begriff in der französischen Fassung: Renaissance. Wiedergeboren war die Welt der Antike, der Griechen und Römer. In der Stadtrepublik sah man eine Erneuerung der griechischen Polis. Die Baukunst der Renaissance orientierte sich an den Lehren, die der römische Baumeister Vitruv im 1. Jahrhundert n. Chr. entworfen hatte. Und die Bildhauerei lernte an den antiken Marmorfiguren, die aus dem Schutt der Städte gezogen wurden. Apoll- und Venusstatuen bekamen größten Wert, nachdem sie früheren Jahrhunderten als „heidnische Götzenbilder“ gegolten hatten.
Die Würde des Menschen
Der Mensch wurde entdeckt, und zwar der einzelne Mensch, das Individuum. Es war frei, es konnte über sich selbst bestimmen. Am klarsten spricht dies Giovanni Pico della Mirandola in seiner Schrift von 1493 „Von der Würde des Menschen“ aus. Der Humanist beschreibt, wie Gott den Menschen schafft und darauf verzichtet, ihm einen bestimmten Platz im Weltgefüge zu geben und ihm Verhaltensmuster vorzuschreiben. Adam darf alles sein, und Gott spricht zu ihm: „Alle anderen Geschöpfe habe ich mit einer bestimmten Natur begabt und sie damit in feste Grenzen eingeschlossen. Dich engen keine Schranken ein, nach deinem Willen, in dessen Hand ich dich gegeben habe, schaffst du sie dir selbst.“
Regeln für untergegangene Sprachen
Wiederentdeckt wurden auch die schriftlichen Zeugnisse der Antike. Das war das Werk der Humanisten (von „humanus“ = menschlich), wie man die Literaten nannte, die sich dem Studium griechischer und römischer Autoren widmeten und deren Auffassungen vom freien Menschen wiederzubeleben suchten. Sie stellten, um Übersetzungen für ihre Schüler möglich zu machen, für die untergegangenen Sprachen nachträglich Regeln auf. Die Grammatik, die uns heute hilft, den Bau lebender Sprachen zu ergründen, ist eine Leistung der Humanisten, gewonnen hauptsächlich aus dem klassischen Latein des Redners Cicero.
Dem neuen Menschenbild entsprach ein neues Weltbild. Nikolaus Kopernikus (1473–1543) lehrte, dass die Erde sich um die Sonne drehte. Die Erde war nicht länger Mittelpunkt des Universums, wie man es stets angenommen hatte, sondern nur einer unter vielen Sternen im Sonnensystem. Die Kirche allerdings verschloss sich dieser Lehre. Das Buch, in dem Kopernikus seine Untersuchungen dargelegt hatte, kam auf den Index.
Der Dichter Dante Alighieri erleuchtet mit seinem Buch „Die Göttliche Komödie“ die Stadt Florenz. Ausschnitt aus einem Gemälde von Domenico di Michelino, 1496. Florenz ging mit seinem größten Sohn allerdings nicht eben freundlich um. Aus politischen Gründen wurde Dante 1302 verbannt und kehrte bis zu seinem Tod 1321 nicht zurück
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Verfall des Papsttums
Die Borgia
1455 bestieg ein Spanier den Stuhl Petri in Rom, Alonso de Borja, der sich als Kirchenoberhaupt Papst Kalixt III. nannte. Er war alt und gebrechlich, sein Pontifikat dauerte dann auch nur drei Jahre, aber sie genügten, um zahlreichen Mitgliedern der Borja oder Borgia, wie sie sich in Italien nannten, einträgliche Posten zu verschaffen. Einer von ihnen, Rodrigo, wurde sogar Vizekanzler der Kurie. 37 Jahre wartete er geduldig und bereitete klug den Boden vor, dann war es soweit: Nach dem Tod Sixtus’ IV. 1492 wurde Rodrigo zum Papst gewählt und nahm den Namen Alexander VI. an. Beim Konklave hatte massive Bestechung für die nötigen Stimmen gesorgt. Und Geld war auch weiter Schmiermittel päpstlicher Politik. Mit dem
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