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Mitten in der Nacht

Mitten in der Nacht

Titel: Mitten in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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meinem Baby.
    Ihr Blick verschleierte sich. Ihre Fersen trommelten im Todeskampf wie verrückt auf den Fußboden.
    Das Letzte, was sie hörte, war ihre schreiende Tochter. Das Letzte, was sie dachte, war Lucian.
    Die Tür des Kinderzimmers sprang auf – und Josephine Manet stand im Kinderzimmer. Sie erfasste sofort, was geschehen war. Kaltblütig.
    »Julian!«
    Die Hände noch immer im Klammergriff um Abbys Kehle, schaute er auf. Sollte seine Mutter den Wahnsinn in seinen Augen erkannt haben, beschloss sie, darüber hinwegzusehen. Mit ihrem ordentlich für die Nacht geflochtenen Goldhaar und dem streng bis zum Hals zugeknöpften Morgenrock trat sie auf ihn zu und starrte hinab.
    Abbys Augen waren weit offen und starr. Aus ihrem Mundwinkel sickerte Blut, und auf ihren Wangen blühten Blutergüsse.
    Leidenschaftslos beugte sie sich hinab und legte ihre Finger an Abbys Hals.
    »Sie ist tot«, verkündete Josephine und ging mit raschen Schritten auf die Verbindungstür zu. Sie öffnete diese und warf einen Blick in das Zimmer des Kindermädchens. Dann schloss sie sie wieder und verriegelte sie.
    Mit dem Rücken an der Tür verharrte sie einen Moment, die Hand an den eigenen Hals gelegt, und überlegte, was über sie hereinbrechen könnte. Schande, Ruin, Skandal.
    »Es war... ein Unfall.« Seine Hände begannen zu zittern, als sie von Abbys Kehle glitten. Jetzt wirbelte der Whiskey durch seinen Kopf und benebelte ihn. Er brannte in seinem Leib, dass ihm übel wurde.
    Er konnte die Flecken auf ihrer Haut sehen, dunkel, tief und anklagend. »Sie hat versucht... mich zu verführen, dann hat sie mich angegriffen...«
    Wieder lief sie quer durchs Zimmer, ihre Pantoffeln klapperten auf dem Holz. Josephine kauerte sich nieder und schlug ihn, ein fester Schlag von Fleisch auf Fleisch. »Sei still. Schweig und tue genau, was ich sage. Ich möchte nicht noch einen Sohn an diese Kreatur verlieren. Bring sie runter in ihr Schlafzimmer. Geh durch die Galerie nach draußen und warte dort, bis ich komme.«
    »Sie war Schuld daran.«
    »Ja. Jetzt hat sie dafür bezahlt. Bring sie runter, Julian. Und beeil dich.«
    »Sie werden...« Eine einzelne Träne sammelte sich in seinem Augenwinkel und tropfte herunter. »Sie werden mich hängen. Ich muss weg.«
    »Nein. Nein, sie werden dich nicht hängen.« Sie drückte seinen Kopf an ihre Schulter und streichelte ihm über dem Körper ihrer Schwiegertochter das Haar. »Nein, mein Schatz, sie werden dich nicht hängen. Tu jetzt genau, was Mama sagt. Trag sie runter ins Schlafzimmer und warte auf mich. Alles wird gut werden. Alles wird wieder ins Lot kommen. Ich verspreche es dir.«
    »Ich möchte sie nicht anfassen.«
    »Julian!« Die mitfühlende Stimme schlug um in eisigen Kommandoton. »Tu, was ich sage. Jetzt gleich.«
    Sie erhob sich und trat an das Kinderbett, in dem sich das Geschrei des Babys zu einem kläglichen Wimmern abgeschwächt hatte. In der Brisanz der Situation hielt sie es für das Naheliegendste, einfach die Hand auf Mund und Nase des Kindes zu legen. Kein großer Unterschied zum Ertränken eines Sacks voller Kätzchen.
    Und doch...
    Das Kind hatte das Blut ihres Sohnes in sich und somit auch ihr eigenes. Sie konnte es verachten, vernichten durfte sie es nicht. »Schlaf jetzt«, sagte sie. »Wir werden später entscheiden, was wir mit dir machen.«
    Während ihr Sohn die junge Frau, die er geschändet und getötet hatte, aus dem Zimmer trug, machte Josephine sich daran, das Kinderzimmer in Ordnung zu bringen. Sie hob die Kerze auf und rieb das erkaltete Wachs ab, bis keine Spur mehr davon zu sehen war.
    Sie stellte den Schürhaken an seinen Platz zurück und wischte mit den Fetzen von Abbys Morgenrock die Blutspritzer weg. Dies alles erledigte sie mit Umsicht und ohne darüber nachzudenken, was zu den Beschädigungen in diesem Raum geführt hatte. All ihr Tun war nur darauf ausgerichtet, ihren Sohn zu retten.
    In der Gewissheit, dass alles seine Ordnung hatte, schloss sie die Durchgangstüre wieder auf und ließ ihr inzwischen schlafendes Enkelkind allein.
    Am Morgen würde sie das Kindermädchen wegen ihrer Pflichtvergessenheit aus dem Haus werfen. Sie würde Manet Hall verlassen haben, ehe Lucian zurückkehrte und bemerkte, dass seine Frau nicht da war.
    Das Mädchen hatte sich das alles selbst zuzuschreiben, befand Josephine. Es führte nie zu etwas Gutem, wenn man versuchte, sich über seinen Platz im Leben zu erheben. Jedes Ding hatte seinen angestammten Platz, und diese

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