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Mitternacht

Mitternacht

Titel: Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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daß Talbot einst ein durchtrainierter junger Mann war, aber die Jahre der Lähmung hatten ihn weich gemacht. Eine Hand lag mit nach oben gekehrter Handfläche und nach innen gekrümmten Fingern nutzlos im Schoß. Er war ein lebendes Mahnmal dafür, was hätte sein können, für zerstörte Hoffnungen, vernichtete Träume - eine grimmige Erinnerung an einen zwischen die Seiten der Zeit gedrückten Krieg.
    Als Tessa und Sam eintraten und die Tür hinter sich zuzo gen, streckt Harry Talbot die rechte Hand aus und sagte:
    »Mein Gott, bin ich froh, Sie zu sehen!« Sein Lächeln verwandelte ihn erstaunlich. Es war das strahlende, breite, gütige und aufrichtige Lächeln eines Mannes, der glaubte, daß er im Schoß der Götter saß und so viele Segnungen erfahren hatte, daß er sie gar nicht mehr zählen konnte.
    Moose gab Sam seine Brieftasche unverspeist zurück.

48
    Als er Shaddacks Haus an der Nordspitze verlassen hatte, und bevor er ins Hauptquartier zurückkehrte, um die Aufgaben an die ihm von New Wave zugeteilten hundert Männer zu verteilen, fuhr Loman Watkins zu seinem Haus im Iceberry Way im nördlichen Teil der Stadt. Es war ein bescheidenes zweistöckiges Haus im Monterey-Stil, mit drei Schlafzimmern, weiß gestrichen, mit blauen Verzierungen, das zwischen Nadelbäumen stand.
    Er stand einen Augenblick neben dem Streifenwagen in der Einfahrt und betrachtete es. Er hatte es einmal geliebt, als wäre es ein Schloß, aber er konnte diese Liebe nicht mehr in sich finden. Er erinnerte sich an viel Glück im Zusammenhang mit diesem Haus und mit seiner Familie, aber er konnte die Erinnerung an dieses Glück nicht fühlen. Das Leben in diesem Haus war von viel Lachen gesegnet gewesen, aber dieses Lachen war jetzt verstummt, die Erinnerung daran so sehr verblaßt, daß sie nicht einmal ein Lächeln des Gedenkens hervorbringen konnte. Davon abgesehen, daß sein Lächeln heutzutage ohnehin nur vorgeblich war, ohne eine Spur Humor.
    Seltsam war, Lachen und Glück hatten bis letzten August zu seinem Leben gehört. Erst innerhalb der vergangenen Monate, seit der Verwandlung, war alles anders geworden. Und doch schienen es uralte Erinnerungen zu sein.
    Komisch.
    Eigentlich überhaupt nicht komisch.
    Als er hineinging, stellte er fest, daß das Erdgeschoß dunkel und still war. Ein vager, schaler Geruch hing in den verlassenen Zimmern.
    Er ging die Treppe hinauf. Im unbeleuchteten Flur im ersten Stock sah er ein schwaches Leuchten unter der Tür von Dennys Zimmer hervorkommen. Er trat ein und fand den Jungen am Schreibtisch, vor dem Computer. Der PC hatte einen übergroßen Monitor, der derzeit die einzige Lichtquelle im Zimmer war.
    Denny sah nicht vom Terminal auf.
    Der Junge war achtzehn Jahre alt, kein Kind mehr; daher war er zusammen mit seiner Mutter verwandelt worden, kurz nach Loman selbst. Er war fünf Zentimeter größer als sein Vater und sah besser aus. Er war in der Schule immer gut gewesen, und bei Intelligenztests hatte er so gut abgeschnitten, manchmal stimmte es Loman fast unheimlich, daß sein Kind so intelligent war. Er war immer stolz auf Denny gewesen.
    Als er jetzt neben seinem Sohn stand und auf ihn hinuntersah, versuchte Loman, diesen Stolz wiederauferstehen zu lassen, konnte ihn aber nicht empfinden. Denny hatte sich seine Gunst nicht verscherzt; er hatte nichts getan, das Miß fallen seines Vaters zu erregen. Aber Stolz schien, wie andere Emotionen, eine Last für das höhere Denken der Neuen Menschen zu sein und behinderte wirksamere Denkmuster.
    Denny war schon vor der Veränderung ein Computerfanatiker gewesen, einer der Jungs, die sich selbst Hacker nannten, für die Computer nicht nur Hilfsmittel waren, nicht nur Spiel und Spaß, sondern eine Lebensweise. Nach der Verwandlung hatte man sich seine Erfahrung und In telligenz bei New Wave zunutze gemacht. Er bekam ein leistungsfähigeres Heimterminal und eine moderne Verbindüng mit dem Supercomputer im Hauptsitz von New Wave - ein Moloch, in dem sich, so Denny, viertausend Meilen Kabel und dreiunddreißigtausend superschnelle Datenverarbeitungseinheiten befanden -, den sie aus Gründen, die Loman nicht verstand, Sonne nannten, doch vielleicht lag es daran, daß die Forschungen bei New Wave so sehr von der großen Maschine abhängig waren, daß sich alles um sie drehte.
    Während Loman neben seinem Sohn stand, flackerten umfangreiche Daten über den Bildschirm. Worte, Zahlen, Kurven und Diagramme kamen und gingen mit einer solchen Geschwindigkeit,

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