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Mittsommerzauber

Mittsommerzauber

Titel: Mittsommerzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inga Lindström
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Schergerät ansetzte. Geübte Scherer machten das ganz allein, sie brauchten keine Assistenz. Sehr erfahrene Kräfte waren sogar mit einem Schaf in etwa einer Minute fertig. Eva fing an zu rechnen, wie lange sie wohl brauchen würde. Vielleicht dasselbe in Stunden? Machte bei über zweihundert Schafen ungefähr...
    »Zählst du vielleicht Schafe?«, fragte David amüsiert. »Nicht, dass du mir einschläfst!« Er stand neben ihr, an den Querbalken der Box gelehnt, in die sie vorhin ein halbes Dutzend der Schafe getrieben hatten.
    Schon während der Rückfahrt mit dem Boot waren sie ganz zwanglos zum Du übergegangen. Eva fragte sich, ob das nicht ein Fehler gewesen war, denn durch das Weglassen der Förmlichkeiten schien sich seine Anziehungskraft auf sie noch verstärkt zu haben. Ein Effekt, der sich auf der Stelle potenziert hatte, als er sein Hemd auszog. Eva warf aus den Augenwinkeln einen Blick zu ihm hinüber, machtlos gegen die Hitze, die sie bei seinem Anblick durchflutete.
    Er stand wachsam da, den muskulösen Oberkörper angespannt und den Blick auf die Schafe gerichtet, die blökend in der Box umherliefen. Anscheinend ahnten sie schon, was ihnen blühte.
    »Ich schnappe mir eins und halte es fest. Du scherst. Fang einfach ganz vorsichtig an. Du wirst sehen, dass du schnell ein Gefühl dafür kriegst. Mach gleitende Bewegungen, setz die Klinge flach an und übe nicht zu viel Druck aus. Aber sei auch nicht zu zaghaft, sonst bleibt das Gerät stecken.«
    Er ließ ihr keine Zeit mehr zum Überlegen, denn im nächsten Moment machte er einen Satz und griff sich ein Schaf. Mit geschickten Griffen rang er es zu Boden, ein Knie auf dem Leib des Tieres und eine Hand am Kopf, das Maul umfassend und zur Seite drehend.
    »Los!«, rief er.
    Zuerst zaghaft, dann entschlossen tat Eva, wozu er sie aufgefordert hatte. Sie befolgte seine Anweisungen, so gut sie es eben konnte, auch wenn es anfangs alles andere als einfach war. Es erwies sich als praktisch unmöglich, ein Fell in einem Stück zu gewinnen, obwohl das für die Weiterverarbeitung besser gewesen wäre. Zweimal musste sie das Gerät ausschalten, weil es stecken geblieben war, und einmal merkte sie, dass sie das Schaf geschnitten hatte, weil ihr Blut über die Hand lief. Entsetzt hörte sie auf und wollte nicht weitermachen, doch das ließ David nicht gelten. Ruhig erklärte er ihr, dass das noch öfter passieren würde und dass es für die Schafe nicht schlimmer sei, als wenn Männer sich beim Rasieren schnitten. Gustav habe hier im Stall alle nötigen Mittel, um solche kleineren Verletzungen zu behandeln. Eva ließ sich überzeugen und machte weiter, obwohl es ihr schwer fiel. In Gruppen zu je einem halben Dutzend trieben sie die Schafe vom Pferch durch einen Brettergang in die Box zum Scheren, und sobald eins fertig war, durfte es zurück auf die Weide. Allmählich wuchs die Anzahl der geschorenen Schafe, auch wenn es bei weitem nicht an die Ausbeute heranreichte, die Meggys Mann in Die Dornenvögel vorzuweisen hatte. Sie schafften kein einziges Schaf in einer Minute, aber als sie mit der Arbeit aufhörten, hatten sie gemeinsam immerhin fünfundzwanzig Schafe von ihrer Wolle befreit.
    Irgendwann merkte Eva, dass sie nicht mehr konnte. Auch wenn sie noch gewollt hätte - es ging einfach nicht mehr. Sie ließ sich rücklings ins Stroh fallen, während David das zuletzt geschorene Tier mit einem Klaps in die Freiheit entließ.
    Er kam zurück und setzte sich neben sie auf den Boden, schwitzend, verdreckt, mit verstrubbelten Haaren und intensiv leuchtenden Augen.
    »Wir waren nicht schlecht, oder?«, fragte er.
    »Wir waren professionell!«
    Plötzlich veränderte sich etwas. Eine wilde, hitzige Spannung baute sich zwischen ihnen auf. Eva kam es so vor, als müsse sie durch Wasser atmen. Keuchend rang sie nach Luft und starrte ihn hilflos an.
    »Eva«, flüsterte er.
    Flüssiges Feuer schien durch ihre Adern zu strömen, als er seine Hand ausstreckte und sacht ihre Wange berührte. Sie wusste, dass er ihr Zittern bemerkte, doch sie konnte nichts dagegen tun. Alles, was sie fertig brachte, war, ihre Hand über seine zu legen und sie dort an ihrem Gesicht festzuhalten.
    Sie weigerte sich, darüber nachzudenken, wie sie wohl aussah oder gar roch. Nichts war mehr von Bedeutung, nur noch sein ernstes, männlich schönes Gesicht, als er sich plötzlich über sie beugte und mit den Lippen vorsichtig ihren Mund berührte.
    Als er den Kopf wieder hob, stand ein fragender

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