Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mittsommerzauber

Mittsommerzauber

Titel: Mittsommerzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inga Lindström
Vom Netzwerk:
anderes zu machen«, stimmte Malin ihr zu. »Und Gustavs Wolle eignet sich hervorragend für so eine feine Arbeit!«
    »Hast du was von ihm gehört?«, fragte Eva in beiläufigem Tonfall. »Weißt du, wie es ihm geht?«
    Malin zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Ist mir auch egal:«
    Sie wandte sich ab und beugte sich angelegentlich über den Kinderwagen. »Na, du süße Puppe! Bist ja wach! Wie geht es uns denn heute, mein Schätzchen?«
    Eva merkte, wie Ärger sich in ihr breit machte. »Jetzt erklär mir doch mal bitte, was da los ist! Ich meine, der Mann mag ja schwierig sein, aber wieso kannst du ihn nicht leiden? Und auch sonst keiner hier?«
    Malin nahm das Baby aus dem Kinderwagen, drückte es vorsichtig an ihre Brust und setzte sich mit der Kleinen in den Liegestuhl. Ihr Gesicht war verschlossen, als sie sich Eva zuwandte. »Er hat es sich selbst zuzuschreiben, weißt du. Maria - sie war so eine liebe Frau.«
    »Maria. Das war seine Frau, oder?«
    Malin nickte. »Sie hat alles für Gustav getan. Alles. Eigentlich wollte sie nach Göteborg gehen und da in einem Büro arbeiten. Sie hatte ein wirklich gutes Angebot. Gustav zuliebe hat sie es abgelehnt und ist hier geblieben, auf dem Hof. Sie hat von morgens bis abends in der Schafzucht geschuftet.« Ein bitterer Zug erschien um ihren Mund, als sie fortfuhr: »Und er hatte nichts Besseres zu tun, als sie zu betrügen.«
    Eva war von widerstreitenden Gefühlen erfüllt. Empörung und Verständnislosigkeit auf der einen, Mitgefühl und ein massives eigenes schlechtes Gewissen auf der anderen Seite - sie sah sich außerstande, ihn zu verurteilen.
    »Wie ging es weiter?«, wollte sie wissen.
    »Seine Frau hat ihn erwischt. Zu allem Überfluss war es ihre beste Freundin, Agneta.« Malin tätschelte dem Baby sacht den Rücken. »Gustav hat Agneta wohl wirklich geliebt, das war ja das Schlimme. Er wollte sich sogar scheiden lassen ihretwegen. Maria hat die Nerven verloren.«
    »Was hat sie getan?«, fragte Eva atemlos.
    »Sie ist ins Auto gestiegen und in den See gerast. Und dabei ertrunken.«
    Eva holte scharf Luft. »Es könnte ein Unfall gewesen sein.«
    »Vielleicht ja, vielleicht nein«, sagte Malin mit stoischem Gesichtsausdruck. »Sie haben jedenfalls damals keine Bremsspuren gefunden. Offiziell ging man davon aus, dass sie sich das Leben genommen hat. Genau das dachten wir alle. Und auch Monica natürlich.«
    Eva ließ sich auf einen Gartenstuhl sinken, weil sie mit einem Mal das Gefühl hatte, dass ihre Beine sie nicht mehr richtig trugen.
    »Danach hat er sich von allem zurückgezogen«, erzählte Malin weiter. »Agneta hat sich einen anderen Mann gesucht und ist weggezogen, was für alle wohl das Beste war. Monica kam auf ein Internat - sie wollte das so -, und Gustav ist allein auf dem Hof geblieben und hat weitergemacht, so gut es ging.«
    »Nur mit dem Unterschied, dass kaum noch jemand was mit ihm zu tun haben will«, setzte Eva leise hinzu.
    »Mag sein. Aber größtenteils liegt es an ihm selbst. Er lässt ja sowieso niemanden an sich heran.«
    Eva schloss die Augen und sah Gustav vor sich, wie er in der offenen Stalltür gestanden hatte, eine Hand im Rücken und diesen verlorenen Ausdruck im Gesicht. Und mit einem Mal hatte sie eine Vorstellung davon, was Einsamkeit einem Menschen an tun konnte.

    *

    Kies spritzte hoch, als Monica den Wagen hinter dem Pick-up ihres Vaters zum Stehen brachte. Sie zwang sich dazu, ihre Blicke nach dem Aussteigen nicht herumwandern zu lassen. Die ganze Umgebung schien sie zu verhöhnen, es klang beinahe wie ein Befehl: Sieh mich an, sieh mich an!
    Sie wusste, dass es nichts Gutes bringen würde, wenn sie es tat. Das Wäldchen, die Wiesen, der See - es lagen zu viele Erinnerungen über dem Land, und wenn sie erst anfing, ihren Augen zu gestatten, diesen Erinnerungen nachzuspüren, würde sich über kurz oder lang wieder das Gefühl von Verlust und Trauer einstellen. Wenn sie etwas hasste, so war es Sentimentalität. Außerdem hatte sie keine Zeit dafür. Sie war nicht umsonst wie der Teufel hierher gerast. Es war höchste Zeit, dafür zu sorgen, dass ihre Pläne nicht mehr durchkreuzt werden konnten.
    David hatte allen Ernstes behauptet, er wolle den Job in Chicago auf keinen Fall, doch sie hatte ihm keine Gelegenheit gegeben, ihr lang und breit seine Gründe zu erläutern, obwohl er ständig dazu ansetzen wollte. Sie wusste, dass jetzt stärkere Maßnahmen angezeigt waren, um ihm Amerika schmackhaft zu machen.
    Sie hatte

Weitere Kostenlose Bücher