MK Boeckelberg
Cloerkes.« Schrievers war immer noch nicht bei Atem. Erst als er sich mit einem großen karierten Taschentuch die Stirn abgewischt hatte, sprach er weiter. »Der Vater von Carina Cloerkes hat in Hünners Firma gearbeitet. Als Bauschlosser. Eigentlich schon bei Hünners Vater. Irgendwann hat Cloerkes dann die Firma gewechselt und ist auf Montage gegangen. Den Rest kennt ihr ja.«
»Unglaublich. Nun haben wir Hünner! Er hat Cloerkes gekannt! Dann kann er auch dessen Tochter gekannt haben.«
»Mensch, Heinz-Jürgen, du bist genial.«
Schrievers fuhr sich stolz mit einer Hand über seinen mächtigen Bauch. »Das ist noch nicht alles.«
»Nämlich?« Frank und Ecki sprachen fast gleichzeitig.
»Die kleine Tote vom Mahnmal am Bökelberg ist tatsächlich die kleine Carina. Das hat die DNA-Analyse ergeben. An der Puppe und vor allem an der Bürste, die wir bei Frau Cloerkes gefunden haben, konnte DNA-Material sichergestellt werden. Es besteht kein Zweifel: Die Knochen und die Schädelteile gehören Carina Cloerkes.«
»Saubere Arbeit. Wie hast du das gemacht?«
»Reine Recherche und Archivarbeit, diesmal mit Computerunterstützung – und der Hilfe meiner Kontakte beim LKA. Ich bin froh, dass wir die WM diesmal bei uns im Land haben. Sonst wäre ich bestimmt nicht so schnell an die Jungs geraten.« Schrievers musste lachen. »Hat mich auf jeden Fall ein paar Abende mit gehörig Weizenbier und Ouzo gekostet.«
»Deine Seminare zur WM-Vorbereitung?« Ecki machte eine vielsagende Handbewegung.
»Wir haben nicht nur gesoffen!« Schrievers tat beleidigt.
»Schon klar, Heinz-Jürgen.« Frank sah dem Archivar vielsagend in die Augen. »Das ist ein echter Hammer. Schade nur, dass Carinas Mutter davon nichts mehr mitbekommt. Aber vielleicht ist es ja auch eine Gnade, dass sie schon lange in ihrer eigenen Welt lebt.«
Ecki musste an Franks Versuche denken, mit dem Tod seines Kindes und Lisas Verschwinden fertig zu werden.
»Wann kommt der offizielle Bericht?« Frank spürte eine innere Unruhe.
»Müsste gleich als eMail bei euch ankommen.«
»Na also! Dann können wir Hünner nachher direkt festnageln.« Frank sah seinen Freund von der Seite an, bevor er weitersprach. Der nickte kaum merklich. »Und, Heinz-Jürgen, Ecki wollte gerade zur Bäckerei seines Vertrauens und ein paar Nussecken besorgen. Er bringt dir gleich zwei vorbei. Ist das ein Angebot?«
»Ist doch das mindeste«, meinte Schrievers zufrieden und erhob sich. »Gute Währung: Teilchen gegen Infos. Weiter so, Jungs. Ihr werdet es noch einmal weit bringen. Keine Frage.«
Zufrieden grunzend schlurfte Schrievers auf seinen braunkarierten Filzpantoffeln aus dem Büro.
»Mann, das ist echt der Hammer. Damit nageln wir Hünner fest.«
»Bin gespannt, was er uns zu sagen hat.«
»Wir fahren, wenn ich zurück bin. Soll ich dir auch ein Teilchen mitbringen?« Ecki dachte, dass Frank abwinken würde. Aber Fehlanzeige. »Gerne. Aber bitte beeil dich. Ich will Hünner heute noch haben. Ich telefoniere derweil mit Böllmann. Bin gespannt, was der diesmal sagt«
»Er wird sich unserer Einschätzung anschließen. Da bin ich mir sicher.« Ecki hatte bereits seine Jeansjacke übergezogen und stand an der Tür. »Dauert nicht lange. Kannst schon mal unsere Waffen parat legen.«
* * *
»Hören Sie gut zu, Feusters, noch habe ich Sie nicht entlassen. Und so lange tun Sie, was ich Ihnen sage. Immerhin bezahle ich Sie.«
Daniel C. Hünner saß in seinem Büro in einem Sessel der Couchgarnitur. In einer Hand hielt er ein halb volles Whiskyglas. Seine andere Hand hielt eine Zigarette, von der die Asche auf den Boden fiel. Hünner schenkte dem keine Beachtung. Er hatte ganz andere Sorgen.
Wie konnte ich nur so blöd sein und noch einmal hierher kommen, dachte Dirk Feusters angewidert. Der Mann ist fertig. In Feusters Leben war kein Platz für Verlierer. Und erst recht, seit er seine Aufträge von Georg-Friedhelm Pietzek bekam. Der IEA-Manager wusste, was er wollte. Kein Vergleich zu Hünner. Pietzek hatte eine natürliche Autorität, der musste nicht viel erklären. Und er konnte sehr großzügig sein. Und auf Pietzek hatte sich Feusters immer verlassen können. Sie hatten damals schon bei ihrem ersten Treffen gespürt, dass sie die gleiche Sprache sprachen.
Pietzek hatte ihm schon bedeutet, dass er noch viel vor hatte mit »seinem« Feusters. Was, zum Teufel hatte ihn also dazu verleitet, den Verlierer Hünner noch einmal aufzusuchen? Er kannte natürlich die Antwort.
Weitere Kostenlose Bücher