MK Boeckelberg
längst nichts mehr mit Fußball zu tun. Das ist doch alles nur heiße Luft, der ganze Kram mit den VIP-Logen und so. Das sind doch keine Fans mehr, Schalke. Und lass Frank gefälligst aus dem Spiel.« Den letzten Satz betonte Ecki ungewöhnlich heftig.
Schalke sah Ecki erstaunt von der Seite an. »Ist ja schon gut. Ich will Frank doch nichts. Fällt mir nur auf, dass ihr jetzt beide so gegen Fußball seid. Aber ohne das Geld der Sponsoren und sogenannten VIPs könnten die Bundesligaclubs doch einpacken. Ich versteh diese Scheinheiligkeit nicht. Von wegen, die hehren Grundsätze des Sports. Die Zeiten sind längst vorbei. Mann, das kann man gut finden oder nicht – an der Tatsache ändert das aber nichts.«
»Los, komm. Leenders ist fertig.« Ecki zog Schalke kopfschüttelnd hinter sich her.
Die beiden Kommissare blieben am Eingang zur Gästekabine stehen. Der Raum war penibel aufgeräumt. Die Wandschränke für die Spieler waren verschlossen, die Bänke leer. In der Mitte stand eine dünnbeinige Liege.
Ecki trat einen Schritt vor.
Auf der mit schwarzem Kunstleder bezogenen Bank lag ein Körper. Ein Mann in schmuddeligem Trainingsanzug. Vom Design und Schnitt her musste der Anzug aus einer Spielzeit stammen, die bestimmt schon einige Jahre zurücklag, dachte Ecki.
Der Mann lag auf dem Rücken. Seine offenen Augen starrten gegen die Decke. Der Ärmel seines linken Armes war hochgeschoben. In seiner Armbeuge steckte eine Nadel, an der ein langer silberfarbener Kolben hing, der in einen Holzgriff überging. Ecki wusste zunächst nicht, was er da sah. Erst auf den zweiten Blick erkannte er den Gegenstand: Im Arm des Toten steckte eine Ballpumpe. Dass der Mann tot war, daran bestand kein Zweifel.
Ecki drehte sich zu Sebastian Dembrowski um. »Siehst du das? Eine Ballpumpe. Mann, eine Ballpumpe.«
Dembrowski nickte und kam näher.
»Ja, eine Ballpumpe.« Aus dem Flur zur Gästekabine kam Mad Doc Leenders in den Raum. »Habe ich auch noch nicht gesehen. Dass jemand eine Ballpumpe im Arm hat. Ist aber auch nicht ungewöhnlich, wenn man bedenkt, wo wir sind.« Leenders zog an einer Zigarette.
»Warum steckt die Pumpe in seinem Arm?« Ecki hielt immer noch Abstand zu der Liege, so als könne er aus der Entfernung mehr sehen.
»Ich denke, dass man den Mann mit einer Extradosis Luft ins Jenseits befördert hat.«
»Weiß man schon, wer der Tote ist?« Dembrowski war an die Liege getreten und umkreiste sie wie ein Kameramann, der die beste Perspektive sucht.
»Paul Hefter. Er ist so etwas wie ein Zeugwart. Ein Faktotum, eher. Sagt zumindest der Geschäftsführer des Vereins.«
»Wo ist er, der Geschäftsführer?« Ecki blickte auf die Szene vor ihm.
Leenders hustete. »Er wartet in seinem Büro. Brauchst du mich noch?«
Ecki schüttelte den Kopf.
»Na, dann. War mir ein Vergnügen.« Im Gehen drehte Leenders sich noch einmal um. »Grüße bitte Frank von mir. Ich habe von der Sache mit Lisa gehört. Schlimm.«
Was hatte Leenders ihm gerade gesagt? Ecki hatte es schon vergessen. Schon wieder eine Leiche. Und diesmal in einer Kabine im Nordpark. Zwei Kinder tot, gefunden auf und an einem Fußballplatz. Nun dieser Hefter. Und dazu Sabrina Genenger. Was hatte das zu bedeuten? Die Morde hatten mit Fußball zu tun. Das war jetzt klar. Aber Hünners Freundin passte immer noch nicht ins Bild.
Dieser Raum, dachte Ecki, dieser Raum. Er musste an die Filmaufnahmen der blonden Frau denken. In Mönchengladbach lief ein Mörder frei herum. Ein Mörder, der mindestens vier Menschen auf dem Gewissen hatte.
Der Raum, das helle Licht. Der helle, fast weiße Hintergrund. Ecki trat an die Liege. Das Gesicht des Toten war blass. Selbst im Tod wirkten die Augen des Mannes hinter den dicken Brillengläsern groß und durchdringend.
* * *
»Ich kann mir das alles nicht erklären.« Günter Bongartz saß blass und zusammengesunken in seinem schwarzen Schreibtischstuhl. Seine Körperhaltung hatte nichts von dieser charismatischen Ausstrahlung, die in den Zeitungen und im Fernsehen oft beschworen wurde. »In unserem Verein hat es so etwas noch nie gegeben. Fußball und Mord. Das passt doch nicht zusammen. Jedenfalls nicht bei uns.« Nervös blickte Bongartz von Ecki zu Schalke. »Paul Hefter. Ausgerechnet Hefter. Ein völlig unauffälliger Mann. Immer da, wenn man ihn brauchte. Aber niemals lästig. Er war so etwas wie die gute Seele des Vereins. Er hat klaglos jede Arbeit gemacht. Ihm war nichts zu schwer. Ein bisschen verschroben,
Weitere Kostenlose Bücher