Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
ERSTES KAPITEL
    Als Detektive
    Kaum ist der erste Band von Winnetou ausgegeben worden, so gehen von den Lesern desselben schon zahlreiche Fragen nach dem weiteren Verlauf der Ereignisse bei mir ein. Dieser wurde ein ganz anderer, als ich damals dachte.
    Wir kamen nach einem wahren Parforceritt an die Mündung des Rio Boxo de Natchitoches, wo wir erwarteten, einen von Winnetou zurückgelassenen Apachen vorzufinden. Leider ging diese Hoffnung nicht in Erfüllung. Freilich Spuren von Menschen, welche dagewesen waren, fanden wir, aber was für welche! Nämlich die Leichen der beiden Traders, welche uns Auskunft über das Dorf der Kiowas gegeben hatten. Sie waren erschossen worden, und zwar von Santer, wie ich später durch Winnetou erfuhr.
    Santers Kanufahrt war so rasch vor sich gegangen, daß er die Mündung des genannten Flusses zugleich mit den Händlern erreicht hatte, obgleich diese eher als er das Zeltlager Tanguas verlassen hatten. Er war gezwungen gewesen, auf die Nuggets Winnetous zu verzichten und also mittellos; da stachen ihm die Waren der Traders in die Augen, und um sich derselben zu bemächtigen, erschoß er die zwei ahnungslosen Männer, höchst wahrscheinlich aus dem Hinterhalt. Hierauf machte er sich mit ihren Mauleseln aus dem Staube. Dies las Winnetou aus den Spuren, welche er bei seiner Ankunft an der betreffenden Stelle vorfand.
    Der Mörder hatte sich nichts Leichtes vorgenommen, denn der Transport so vieler Packtiere über die Savanne ist für den einzelnen Menschen mit großen Schwierigkeiten verknüpft. Dazu kam, daß er zur größten Eile gezwungen war, weil er die Verfolger hinter sich wußte.
    Unglücklicherweise trat ein mehrtägiger Regen ein, welcher alle Spuren verwischte, so daß Winnetou sich nicht mehr auf sein Auge, sondern nur auf Kombinationen verlassen konnte. Höchstwahrscheinlich hatte Santer, um seinen Raub zu verwerten, eine der nächstliegenden Niederlassungen aufgesucht, und so blieb dem Apachen nichts anderes übrig, als diese Ansiedlungen nacheinander abzureiten.
    Erst nach einer Reihe von verlorenen Tagen fand er auf Gaters Faktorei die verschwundene Spur wieder. Santer war dagewesen, hatte alles verkauft und sich ein gutes Pferd erworben, um auf der damaligen Red River-Straße nach dem Osten zu gehen. Winnetou verabschiedete alle seine Apachen, die ihm nun nur hinderlich sein konnten, schickte sie in ihre Heimat zurück und nahm die weitere Verfolgung alleine auf. Er hatte genug Goldkörner bei sich, besaß also die nötigen Mittel, im Osten längere Zeit existieren zu können.
    Da er uns infolgedessen am Natchitoches keine Weisung hinterlassen hatte, wußten wir nicht, wo er sich befand, konnten ihm also nicht folgen und wendeten uns nach dem Arkansas hinüber, um auf dem geradesten Landwege nach St. Louis zu kommen. Es tat mir außerordentlich leid, den Freund jetzt nicht wiedersehen zu können, doch dies zu ändern, lag ja nicht in meiner Macht.
    Es war eines abends, als wir nach langer Reise in St. Louis ankamen. Ganz selbstverständlich suchte ich sofort meinen alten Mr. Henry auf. Als ich in seine Werkstatt trat, saß er bei der Lampe an der Drehbank und überhörte das Geräusch, welches ich beim Öffnen der Tür verursacht hatte.
    „Good evening, Mr. Henry!“ grüßte ich, als ob ich erst gestern zum letzten Male bei ihm gewesen sei. „Seid Ihr mit dem neuen Stutzen bald im Geschick?“
    Bei diesen Worten setzte ich mich auf die Ecke der Bank, grad so, wie ich es früher oft getan hatte. Er fuhr von seinem Sitz auf, starrte mich eine Weile wie abwesend an und schrie dann vor Freude förmlich auf:
    „Ihr – Ihr –  –  – Ihr seid es? Ihr seid da? Der Hauslehrer –  –  – der – der Surveyor –  –  – der –  –  – der – der verteufelte Old Shatterhand!“
    Dann warf er seine Arme um mich, zog mich an sich und küßte mich wiederholt hüben und drüben auf die Wangen, daß es nur so klatschte.
    „Old Shatterhand! Woher kennt Ihr diesen Namen?“ fragte ich, als der Ausdruck seiner Freude ruhiger geworden war.
    „Woher? Das fragt Ihr noch? Es wird ja überall von Euch erzählt, Ihr Schwerenöter! Seid ein Westmann geworden, wie er im Buche steht! Mr. White, der Ingenieur von der nächsten Sektion, war der erste, welcher Nachricht brachte; war voll Lobes über Euch; das muß ich sagen. Die Krone aber hat Euch Winnetou aufgesetzt.“
    „Wieso?“
    „Hat mir alles erzählt, alles!“
    „Was? Wie? War er denn

Weitere Kostenlose Bücher