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Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady

Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady

Titel: Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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lang macht.»
    «Und es erinnert dich nicht an einen Menschenaffen?» fragte Delicata mit leutseligem Lächeln.
    «Um Himmels willen, nein!» erwiderte Collier hastig. Mit sorgfältig abgewogener Unbeholfenheit wählte er ein anderes Thema und stürzte sich in dessen Erörterung. «Sagen Sie, haben Sie schon das von den Tuaregs gehört? Sie paaren sich mit Frauen gleichgültig welchen Alters. Niemand stellt Fragen. Ein gewisser de Foucauld hat ein Wörterbuch ihrer Sprache, des Tamahaq, verfaßt, und da gab es einfach kein Wort für Jungfräulichkeit. Offenbar fehlt dort jegliches moralische Konzept.»
    «Eine Einstellung, die mir gefällt», sagte Delicata unter ständigem Kauen. «Bist du sicher, daß ich dich nicht an einen Menschenaffen erinnere?»
    Collier fuhr sich kratzend über die drei Tage alten Bartstoppeln auf seinen Wangen. «Nein.» Er zögerte.
    «Aber McWhirter erinnert mich an einen. An einen kleinen, der immerzu in Bewegung ist.»
    Delicata schüttelte sich vor Lachen und wischte sich das tränende linke Auge. «Du bist, was man einen Leisetreter nennt, Collier. Wirklich.»
    Collier wischte sich die Stirn ab, grinste voller Erleichterung und sagte nichts. Die Fliegen surrten um sein Gesicht. Sie waren schlimmer als Hitze und Durst und in ihrer nervenzermürbenden Beharrlichkeit sogar schlimmer als die Angst. Immer wieder scheuchte er sie weg. Delicata tat nichts dergleichen. Sie krochen ungehindert über die weite Landschaft seines Gesichtes. Er schien immun gegen ihre Belästigungen.
    «Als ich noch ein junger Mann und im College war», erinnerte sich Delicata, «haben sie mir den Namen King Kong angehängt. Das gefiel mir ganz und gar nicht.»
    Collier brachte es fertig, auf eine Weise schockiert dreinzuschauen, die deutlich machte, daß seine Reaktion nur vorgetäuscht war.
    «Es hat mich sehr unglücklich gemacht», fuhr Delicata im Plauderton fort. «Du wirst es kaum glauben, Collier, aber ich wäre wegen meines abnormen Aussehens beinahe dahin gekommen, Selbstmord zu verüben.» Er strahlte vor Belustigung. «Kennst du die Schriften Housmans?»
    «Eh … ja, ich erinnere mich an einige Stellen. ‹Die Nöte unseres stolzen und – und irgend etwas von Staub aus der Ewigkeit, der nicht vergeht …› So ähnlich. Ich fand Housman immer ein bißchen morbid.»
    «Wütender Staub», sagte Delicata und grinste. «Er entsprach den Qualen meiner Jugend. Ich erinnere mich noch ganz deutlich, wie ich mein ungraziöses Äußeres zu betrachten pflegte und dann in die Klage von Housman einstimmte … Ich denke an die Stelle, wo er sagt, daß Blut und Atem dem Menschen den Geschmack des Todes vermitteln.»
    Collier rutschte unbehaglich in seinem Stuhl hin und her. «Nun, ich sagte es ja schon – er war ein bißchen morbid.»
    «Und weißt du, was ich dann entdeckte?» fragte Delicata mit huldvoller, scherzender Miene. «Ich entdeckte, daß ich durchaus tüchtig war, bemerkenswert kräftig und in hohem Maße unverwundbar. Meine Schmerzgrenze liegt vielleicht einmalig hoch. Nichts tut mir weh. Ich glaube, dafür gibt es einen medizinischen Fachausdruck.»
    Collier schaute leicht verdutzt. «Es kann doch nicht sein, daß Sie das so plötzlich entdeckten. Das mußten Sie doch die ganze Zeit schon gewußt haben. Was den Schmerz angeht, meine ich.»
    «Oh, das wußte ich auch. Aber mein mißgestaltetes Äußeres hinderte mich daran, die Bedeutung dieser Tatsache zu erkennen. Insofern war es eine Entdeckung.» Der Stuhl knarrte unter Delicatas lautlosem Lachen. «Sechs meiner Altersgenossen beschlossen, King Kong die Hosen herunterzuziehen. Das entwickelte sich zu einer ziemlich bösen Geschichte, bei der sie schlimm verletzt wurden. Ich dagegen hatte überhaupt keine Verletzungen, selbst dann nicht, als sie alles auf eine Karte setzten und tollkühn wurden.»
    «Und da ist es Ihnen aufgegangen?» fragte Collier.
    «Da ist es mir aufgegangen. Meine Abnormität lag nicht nur in meinem Äußeren, sie wirkte tiefer. Abgesehen davon, daß ich kaum Schmerz empfand, konnte ich Schläge aushalten, die einen anderen Mann verkrüppelt oder getötet hätten.» Er grinste. «Vor etlichen Jahren hat Garvin das schon feststellen können.»
    Collier nickte. Das bestätigte seine Vermutung, daß Garvin und Delicata schon einmal einen Zusammenstoß gehabt hatten.
    «Ich merkte auch», fuhr Delicata fort, «daß ich darüber hinaus eine gewisse innere Unverletzlichkeit besaß. Weder Alkohol noch Rauschgift oder Frauen konnten

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