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Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady

Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady

Titel: Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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flüchtig darüber nach. Sie würde sehr vorsichtig sein müssen, wenn sie Steve bewußtlos hielt. Ein zu lange andauernder Druck auf die Halsschlagadern konnte Gehirnschädigungen hervorrufen.
    Die Schubkarre war jetzt voll. Sie schob sie über den unebenen Boden zu dem wachsenden Geröllhaufen neben den Ruinen des Tempels. In diesem Geröll befanden sich viele Fragmente von archäologischen Kostbarkeiten: ein aus Knochen gefertigter Angelhaken, ein fein geschnitzter Bogenknauf, Tonscherben, ein zerbrochener Axtstiel; und aus späteren Jahrhunderten die Eisenbosse eines römischen Schildes, eine verrostete Messerklinge, die stumpfe Spitze eines römischen Schwertes.
    Auf halbem Wege quer über das Tal bewegte sich die zierliche Gestalt Dinahs langsam über die markierte Fläche, die Detektoren vor sich haltend. Modesty spürte eine Welle der Zuneigung für das Mädchen. Dinah hätte von allen das größte Problem sein können. Die tägliche Anstrengung des Suchens war eine Qual, die an ihren Nerven zerrte. Und doch zeigte sie abends, wenn sie alle zusammen im Gemeinschaftsraum waren, keine Anzeichen dafür, daß sie am Zusammenbrechen war und machte keine lästigen Szenen. Sie saß dann still auf Willies Bett, ihre Hand in seine gelegt; zwar sprach sie nicht viel, doch hörte sie nachdenklich zu, wenn die anderen jede noch so geringfügige Information zusammentrugen, die sie im Laufe des Tages gesammelt hatten.
    Das war etwas, wofür man dankbar sein mußte. Dinah war nicht dumm; sie wußte, daß sie alle sterben würden, wenn sie ihren Zweck erfüllt hatten. Aber sie schien sich einen inneren Schutzschild geschaffen zu haben, der es nicht zuließ, daß dieses Wissen ihre Nerven zermürbte und sie um ihr seelisches Gleichgewicht brachte. Ihr Vertrauen auf Willie war unendlich, und doch hatte Modesty das seltsame Gefühl, daß es Steve Collier war, der ihr am meisten half. Sein trockener, manchmal säuerlicher Humor, seine angebliche Ratlosigkeit, in der er sich als das Lamm sah, das unter die Schakale gefallen war, seine von leidenschaftlicher Feigheit diktierten Einsprüche – all das brachte Dinah trotz der für alle äußerst bedrohlichen Situation für Augenblicke zum Lachen und schien zugleich einen seltsamen Beschützerinstinkt in ihr wachzurufen.
    Modesty schob die leere Karre zurück und nahm ihren Spaten wieder auf. Ihre Gedanken wandten sich Willie Garvin zu, und sofort mußte sie eine bohrende Angst unterdrücken. Mehr als jeder andere befand Willie sich in unmittelbarer Gefahr – in einer Gefahr, die von Delicata ausging. Indem er jeden Augenblick genoß, um den er es noch hinausschob, arbeitete Delicata langsam auf ein spektakuläres Treffen mit Willie hin.
    Es war ein ständiges Sticheln und Hänseln dieser redegewandten Stimme, ein indirektes Erinnern an vergangene Zeiten, lächelnd hervorgebrachte Beleidigungen und angedeutete Herausforderungen.
    Am Tag zuvor hatte Willie sich abgemüht, einen im Boden steckenden Felsblock anzuheben. Es war eine Aufgabe, die drei Männer erfordert hätte. Der Hebemechanismus war anderweitig in Gebrauch. Delicata hatte eine Weile zugesehen, war dann in den Graben hinuntergestiegen und hatte den Stein mit scheinbar nur geringer Anstrengung herausgeholt. Als er sich dann aufrichtete, hatte er lächelnd bemerkt: «Fügen Sie sich keinen Schaden zu, Garvin. Ich hasse es, wenn mir etwas vorweggenommen wird.»
    Modesty hatte den Zwischenfall nicht miterlebt. Mit dem Ausdruck ernstlicher Besorgnis hatte Collier ihr davon erzählt. Er wußte nichts von Willies einstigem Zweikampf mit Delicata, aber er hatte ein feines Empfinden für Stimmungen, die in der Luft lagen, und spürte, daß sich da etwas ausgesprochen Ungutes zusammenbraute.
    Dankbar machte Modesty sich klar, daß Willie sich trotz allem tadellos im Griff hatte. Er nahm die Hänseleien, die Beleidigungen und Herausforderungen mit scheinbarer Gleichgültigkeit hin, ging gelassen seiner Arbeit nach und tat, was man ihm befahl. Er scherzte mit Dinah und Steve und war freundlich zu den Zombis. Und Modesty gegenüber zeigte er den gleichen kühlen Realismus, wie er ihn immer bewies, wenn sie in einer solchen Sache drinsteckten.
    Er wußte ebensogut wie sie, daß Delicata früher oder später dort fortfahren würde, wo er vor vielen Jahren aufgehört hatte, und ihn langsam zu Tode treten würde. Er nahm es hin, daß dies geschehen würde, wenn sie nicht bald entkamen, und hatte diese Gewißheit doch beiseite geschoben,

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