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Moerderische Fracht

Titel: Moerderische Fracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukas Erler
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Fahndungsdatei von Interpol. Unter den Wrackteilen wurden die Überreste eines Rollstuhls gefunden. Da die Toten nachweislich keine Rollstuhlfahrer waren, musste es also noch einen vierten Mann gegeben haben, der allerdings nicht im Auto war. Als der Van explodierte, saß er im Wartezimmer einer Zahnarztpraxis in Mechelen. Auch er war kein Tschetschene!«
    Ich zuckte zusammen, mein Magen machte einen verrückten Satz nach oben, und mir entfuhr ein ächzendes Geräusch, das kaum Ähnlichkeit mit einer menschlichen Lautäußerung hatte. Anna behauptete später, es habe geklungen wie ein Hund, der ein Stück Pansen erbricht. Grygoriew war einen winzigen Augenblick abgelenkt, starrte überrascht und irritiert zu mir hinüber, und Anna hatte Gelegenheit, zu zeigen, dass sechs Monate Kickboxen nicht umsonst gewesen waren. Sie wirbelte herum, ließ ihr rechtes Bein hervorschnellen und erwischte mit einem harten Tritt Grygoriews Hand mit der Waffe. Er hatte sicher nicht damit gerechnet, ausgerechnet von der Person angegriffen zu werden, deren Hände gefesselt waren. Wenn er ebenfalls gestanden hätte, wäre Annas Angriff wahrscheinlich leicht zu parieren gewesen, so jedoch flog die Pistole in einem hohen Bogen durch die Luft und landete im Sand.
    Elena warf sich mit einem Hechtsprung zu Boden, rollte sich filmreif herum und kam mit der Waffe wieder hoch. Sie umklammerte sie mit beiden Händen, warf einen kurzen Blick darauf und richtete sie mit ausgestreckten Armen auf Grygoriews Gesicht. Dann lachte sie leise. Ein Lachen, das mir ganz und gar nicht gefiel.
    »Eine .44 Desert Eagle Magnum. Wo haben Sie die denn her? Kein Vertrauen mehr zur guten alten Makarow?«
    Ihre Stimme klang brüchig, heiser und eindeutig hysterisch. Grygoriew war, die Stablampe in der Linken zum Schlag erhoben, ebenfalls aufgesprungen, ein paar Schritte zurückgewichen und erstarrte jetzt mitten in der Bewegung. Die Entfernung zwischen beiden betrug nicht mehr als vier Meter. Aber er schien keine Angst zu haben. Er starrte Elena aus schmalen Augen an und versuchte offenbar abzuschätzen, wie weit sie gehen würde. Keine leichte Aufgabe. Er hatte sie schon einmal unterschätzt, und die Erinnerung daran machte ihm sicher zu schaffen, aber schließlich war sie nur eine Frau. Sie hatte es geschafft, ihn zu betrügen und auszunutzen, doch sie würde ihn nicht vor Zeugen erschießen. Schon gar nicht mit einer derart riesigen Waffe, die ihr beim Abfeuern wahrscheinlich beide Handgelenke brechen würde. Man konnte förmlich sehen, wie Grygoriew zu seiner alten Überheblichkeit zurückfand. Er lächelte, und die Nasenflügel hoben sich um eine Winzigkeit an, was seinem Gesicht einen gekonnt arroganten Ausdruck verlieh, den er sicher lange geübt hatte.
    Ich sah, wie Elenas Finger sich krümmte. Auch ihr Gesicht hatte sich verändert. Sie wirkte abwesend, wie in Trance und zugleich auf merkwürdige Weise konzentriert, und sie schien sich von allem um sie herum entfernt zu haben, nichts mehr wahrzunehmen außer Grygoriew, der immer noch überheblich in die Mündung der Pistole grinste und einfach nicht glauben konnte, dass er jetzt sterben sollte.
    »Tu. Das. Nicht!«
    Elena beachtete mich gar nicht. Sie hätte mich nicht gehört, auch wenn meine Stimme durchdringender gewesen wäre als das jämmerliche Krächzen, das ich herausbrachte. Und dann hörte ich ihre Stimme. Plötzlich laut, kräftig und kalt.
    »Für Juri Schtschekotschichin!«, sagte sie und zog den Abzug durch. Ich schloss die Augen, weil ich einfach nicht sehen wollte, wie Grygoriew starb. Auf diese Entfernung war er für Elena nicht zu verfehlen. Der Schuss war ein sehr lautes Plopp, ich wagte es nicht, meine Augen wieder zu öffnen, wollte nicht sehen, was die Magnum von seinem Kopf übrig gelassen hatte. Nach endlosen Sekunden hörte ich ihn wimmern. Anatol Grygoriew kniete auf dem Boden, hatte beide Hände in einer fassungslos anklagenden Geste emporgereckt, und sein Gesicht hatte den Ausdruck puren Entsetzens angenommen. Er fing an, auf den Knien rückwärtszurutschen. Elena hatte danebengeschossen. Wie war das möglich auf diese Entfernung? Sie hob die Pistole erneut an.
    »Für Anna Politkowskaja«, sagte sie und jagte eine Kugel direkt über Grygoriews Kopf in die Wand hinter ihm. Für das Projektil der Desert Eagle stellte die alte Bunkerwand keinerlei Problem dar. Elena hielt beide Arme ausgestreckt, hatte eine perfekte Körperspannung aufgebaut und schien keine Schwierigkeiten zu haben,

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