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Mörderische Landschaften - Kriminelles aus dem Osten

Mörderische Landschaften - Kriminelles aus dem Osten

Titel: Mörderische Landschaften - Kriminelles aus dem Osten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sutton Verlag GmbH
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telefonierenden Mann, der wild gestikulierte und gerade den freien Arm anwinkelte, als würde er jemanden unterhaken. Die Lücke schloss sich wieder. In dem Moment hakte ihn links Karl unter, dann schnappte sich Heinz die Bratwurst, hakte ihn rechts unter und gab die Bratwurst zurück.
    Der kleine, dicke Mann wehrte sich, aber er konnte gar nicht anders, als ein paar Schritte in der ersten Reihe des Demonstrationszuges mitzulaufen. Und in dem Moment: Blitz   – Klatsch! Foto   – Klick!
    Der kleine, dicke Mann riss sich los, ließ den Protestmarsch an sich vorbei, aß die mittlerweile kalt gewordene Bratwurst auf, warf das Brötchen in einen Papierkorb und ging nach Hause, ließ den Stress von sich abtropfen, verbrachte mit Heidi die aufreibende Nacht, schlug die Bettdecke beiseite und später die Zeitung auf und raste noch später ins Bad.
     
    Nun saß er also auf dem geschlossenen Klodeckel. Er dachte nach. Ein Gedanke setzte sich fest. Der Blick durch die Lücke zwischen Karl und Heinz! Wenn dieser Senf-Aufruhr doch von jemandem gesteuert wurde und keine zufällige Aneinanderreihung von Protest-Happenings war, dann wüsste er gern, wer hinter all dem steckte und warum.
    Er musste Rührnig anrufen. Er ließ es lange klingeln, doch Rührnig nahm nicht ab. Der kleine, dicke Mann spritzte sich noch einmal kaltes Wasser ins Gesicht. Er kehrte zum Frühstückstisch zurück und sagte: »Entschuldige bitte!«
    Er hätte gern noch »Liebes« drangehängt, aber er war schon wieder mit den Gedanken woanders.
    Das Telefon klingelte. »Sie hatten angerufen«, grollte Rührnigs tiefe Stimme. »Ich konnte nicht rangehen, die Polizei war hier.«
    »Schon wieder eingebrochen worden?«
    »Nein, schlimmer. Man hat heute Nacht den Bratwurstbrater auf dem Domplatz umgebracht. Der, der fast Tag und Nacht die Holzkohle glühen lässt. Äh, man muss ja jetzt sagen: ließ. Auf seinen Bratwurstrost geschnallt und   –«
    »Ihn gegrillt!?«, entfuhr es dem kleinen, dicken Mann.
    »Nein, er war wohl schon tot. Ringsherum hat der Mörder auf den Boden geschrieben: Falscher Senf!«
    »Ich wette, mit Senf«, sagte der kleine, dicke Mann. »Ich rufe in ein paar Minuten noch einmal an.«
    Zuerst der Fotograf, dachte der kleine, dicke Mann. In der Lokalredaktion der »Thüringer Allgemeinen« erhielt er die Auskunft, dass der Fotograf nicht zu den fest Angestellten gehörte, erbettelte sich die Telefonnummer, rief den Fotografen an und bat, sich sofort mit ihm treffen zu können. Ob er noch die Fotos von der gestrigen Demonstration habe. Der Fotograf sagte, er habe fast alles vom Kamera-Chip gelöscht. Der kleine, dicke Mann stöhnte und fragte, was »fast« bedeute.
    »Ich lass doch nicht den ganzen Mist im Speicher, nur die guten hebe ich auf. Schon alles auf Festplatte im Computer daheim.«
    Auf die Frage, wie viele Fotos vor seinem prüfenden Auge bestanden hätten und erhalten geblieben wären, sagte der Fotograf: »Fünf!« Das sei alles.
    Auf den fünf Fotos war der Telefonierer, den der kleine, dicke Mann suchte, nicht zu sehen. Der kleine, dicke Mann sah etwas deprimiert aus, aber nur solange, bis ihm Lisa einfiel. Als der kleine, dicke Mann »Demofotos« in sein Telefon sagte, kicherte Lisa und sagte: »Massenweise im Internet!«
    Da schlug sich der kleine, dicke Mann zum wiederholten Mal an diesem Tag vor die Stirn und bereute das sofort. Es würde wohl eine Beule werden. Er warf den Computer an, surfte und krähte schon innerhalb der ersten Minute vor Vergnügen. In einem Fall etwas weiterzukommen, war immer ein gutes Gefühl, und manchmal ließ der kleine, dicke Mann seinen Gefühlen auch ganz freien Lauf.
    Er rief wieder Lisa an und bat sie, sich das Foto, das er gefunden hatte, auch anzusehen, ob sie darauf jemanden erkennen würde. Der kleine, dicke Mann hatte die Zwillinge Karl und Heinz entdeckt, die große Teile des Bildes ausfüllten. Auch Lisa war drauf. Und Horst marschierte mit Fleischerbeil mit. Neben ihm der Kamikaze-Rentner. Und ziemlich weit hinten, in einem Pulk von Demonstranten, dort hatte der kleine, dicke Mann das Gesicht entdeckt, das er suchte.
    Lisa sagte: »Den kenn ich. Der ist immer mal dabei, aber nicht oft. Bei der Demo vor der Firma, da war der, glaube ich, auch mit.«
    Ob sie wisse, wie das Gesicht heiße.
    »Nein«, sagte Lisa.
    Der kleine, dicke Mann fragte Lisa, ob sie Karl und Heinz und Horst und den Kamikaze-Rentner anphonen könnten. Im gleichen Augenblick dachte er mit verzerrtem Gesicht:

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