Mondkuss
attraktiven Fassade steckt ein hemmungsloser Casanova, der von einer Frau nicht mehr erwartet als gutes Aussehen und ein dämliches Grinsen. Natürlich sollte die jeweilige Dame ihn auch angemessen anhimmeln und ihm artig auf Wunsch zur Verfügung stehen.“
„Einem Mann wie ihm würde ich auch mit Vorliebe zur Verfügung stehen.“ „Such dir lieber einen anständigen Kerl. Oder willst du nach Dominik vom Regen in die Traufe kommen?“, mischte sich Sabina ein.
Bei der Erinnerung an Dominik überlief Kathrin ein unangenehmes Gefühl. „Bloß nicht. Aber Schwärmen wird man ja wohl dürfen, oder? Oh, schaut mal, dort hinten sitzt ein Typ Marke Latinlover. Ganz allein. Ich werde jetzt die Tanzfläche unsicher machen und weiß auch schon mit wem.“
Kathrin rauschte davon, Helena und Sabina warfen sich einen amüsierten Blick zu. Das war Kathrin, wie sie „leibt und lebt“. Aaron Vanderberg war mittlerweile von jungen, schönen und vor allem leicht bekleideten Frauen umringt. Sie hingen förmlich an seinen Lippen, himmelten ihn an. Sein blondes Haar fiel ihm weich in den Nacken. Er trug es aus der Stirn gekämmt, eine vorwitzige Strähne jedoch fiel ihm immer wieder ins Gesicht. Seine tiefblauen Augen blitzten, und wenn er lachte, gaben seine Lippen eine Reihe makellos weißer Zähne frei. „Ich glaube, das nächste Opfer hat bereits Kurs auf ihn genommen, streckt seine lackierten Krallen nach ihm aus.“ Sabina hatte sich wieder Aaron zugewandt, beobachtete seine Koketterie mit einer Mischung aus Faszination und Abneigung. Helena nippte an ihrem Cocktail und beobachtete die junge, schlanke Frau, die sich Aaron mit geschmeidigen Bewegungen näherte. In ihrem engen, weit ausgeschnittenen, silbern glitzernden Cocktailkleid sah sie äußerst attraktiv und sexy aus. „Sehr offensiv. Schau nur, sie schiebt sich geradewegs auf ihn zu, ohne Rücksicht auf die Frauen, die ihr dabei im Weg stehen.“ „Kaum zu glauben.“ „Noch einen Cocktail die Damen?“ Rafael hatte seine Position hinter dem Tresen verlassen, schob sich zwischen die beiden und hakte sich bei ihnen ein. „Ich kenne da einen Barkeeper, der ein Meister seines Faches ist.“ „Du redest nicht zufällig von dir selbst?“ Helena lachte, gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Hach, ich bin froh, dass du heute etwas fröhlicher bist.“ Rafaels Gesicht verdunkelte sich für den Bruchteil einer Sekunde, dann verschwand die dunkle Wolke, und er erwiderte Helenas Lächeln. „Heute ist ein besonderer Tag. Ein Traum geht in Erfüllung. Da werde ich mich doch nicht von einer gescheiterten Liebesbeziehung und ein bisschen Liebeskummer in den Keller reißen lassen. Ich werde von nun an nur noch nach vorn schauen. Und das Leben als Barbesitzer in vollen Zügen genießen.“ Rafael gab sich Mühe, sein nach wie vor schmerzendes Herz auszublenden. Es war vorbei, das hatte Marleen ihm unmissverständlich klar gemacht. Und so schlimm es auch war, er hatte nicht vor, in den Schatten seiner Trauer zu ertrinken. „Mit ‚in vollen Zügen genießen’ meinst du aber hoffentlich nicht so etwas?“ Helena wies mit dem Kinn in Richtung Aaron Vanderberg. „Wieso nicht? Wenn es hilft?“ „Rafael!“ Helena setzte einen empörten Blick auf und stupste ihn in die Seite. „Schon gut, schon gut.“ Er hob abwehrend die Hände. An Sabina gewandt, fuhr er fort: „Kommt Martin noch?“ „Er steht im Stau. Müsste aber bald da sein.“ „Okay, Ladys. Dann werde ich Leonard mal nicht länger mit den Cocktails allein lassen. Wenn ihr einen speziellen Wunsch habt, wendet euch vertrauensvoll an mich.“
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Marleen hatte sich sorgfältig zurechtgemacht. Sie trug Rafaels Lieblingskleid. Es war bordeauxrot, aus schmeichelnder Seide und wirkte sehr weiblich und sexy. Die Spuren ihrer schlaflosen Nächte hatte sie gekonnt überschminkt.
Zufrieden mit ihrem Äußeren machte sie sich entschlossen auf den Weg. Als sie die Straße, in der sich das „Moonlight“ befand, erreicht hatte, begann ihr Herz wild zu klopfen. Ihr Blick fiel auf seinen Sportwagen, den er unmittelbar neben der Bar abgestellt hatte. Schmerzvolle Erinnerungen kamen in ihr hoch.
Nachdem er damals den Kaufvertrag in der Tasche gehabt hatte, war er nachts mit ihr hierher gefahren, um sich die Bar bei Nacht anzuschauen. Anschließend hatten sie sich in seinem Wagen geliebt. Genau an der Stelle, wo er jetzt stand. Sie schluckte die Tränen hinunter, die ihr heiß aufzusteigen drohten. Sie durfte nicht weinen.
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