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Monika B - Ich bin nicht mehr eure Tochter

Monika B - Ich bin nicht mehr eure Tochter

Titel: Monika B - Ich bin nicht mehr eure Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Jaeckel
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Grunde wisse er nicht einmal, wie die Frau aussähe, mit der er sich gerade abgebe. Keine von ihnen könne meiner Mutter das Wasser reichen. Mit anderen sei alles rein körperlich, ohne Gefühl, aufregend zwar, doch ohne wirkliche, tiefe Bedeutung. »Du bist die Einzige, die ich liebe«, beteuerte er. »So schön wie mit dir kann es mit keiner sonst sein.«
    Meine Mutter glaubte es nur zu gern. Denn sie wollte, dass es wahr sei. Vielleicht klingt es ja nach kitschigen Postkarten-Sonnenuntergängen am Mittelmeer – doch für meine Mutter gab es wirklich nichts Wichtigeres als diesen Mann und seine Liebe zu ihr.
    Ihre Abhängigkeit von meinem Vater resultierte irgendwie aus der nie aufgearbeiteten Erfahrung, als Kind nicht geliebt und nicht geachtet worden zu sein. Genau wie ich hatte sie immer jemanden über sich, der bestimmte und dem nicht widersprochen werden durfte. Zuerst war es ihr Vater. Als sie diesen endlich abgeschüttelt hatte und auf eigenen Füßen stehen wollte, konnte sie es nicht. Sie hatte nicht gelernt, wie man verantwortungsvoll mit sich selbst umgeht, sich achtet und beschützt. Ja, sie wusste nicht einmal, dass sie ein Recht darauf hatte, über ihren Körper zu bestimmen.
    Wie oft habe ich mir schon den Kopf zergrübelt, warum meine Mutter ausgerechnet an einen Mann wie meinen Vater geraten ist. Dies zu verstehen, ist so wichtig für mich. Weil ich Angst habe, eines Tages denselben Fehler zu begehen wie sie. Meine Furcht vor Männern liegt nicht zuletzt darin begründet. Ich befürchte, ihr Verhalten nicht richtig einschätzen zu können, ihre Signale zu missdeuten.
    War meine Mutter vielleicht genauso hilflos wie ich? War ihre unbewältigte Vergangenheit schuld daran, dass sie auf meinen Vater verfiel? Flog sie auf ihn, weil sie seine harte Hand, seine Gewalt- und Machtbereitschaft spürte und darin etwas Vertrautes wiedererkannte: den eigenen Vater? Wurde sie davon angezogen wie von einem Magneten? Musste sie sich geradezu zwanghaft unterordnen? Hielt sie Bevormundung, Unterdrückung, Demütigung und Misshandlung vielleicht für Liebe, weil ihr Vater sie gelehrt hatte, dass es keine Liebe ohne Misshandlung gab?
    Wie auch immer – meine Mutter wollte die Liebe meines Vaters um nichts in der Welt verlieren. Ganz gleich, welcher Art diese Liebe war – sie gehörte ihr. Sie hatte schon genug bezahlt dafür. Nie würde sie zulassen, dass ich ihr diesen einzigen Schatz, den sie besaß, stahl. Ich war zwar ein Kind, ihr Kind – in erster Linie aber die einzige Frau, die mein Vater außer ihr selbst liebte.
    »Was hat sie, das ich nicht habe?«, schrie meine Mutter meinen Vater in dieser Zeit oft an. »Was kann sie, das ich nicht kann? Genüge ich dir nicht mehr? Der Mohr hat ausgedient, der Mohr kann gehen. Ist es das?«
    Jedes Mal regte mein Vater sich künstlich darüber auf. »Spiel nicht verrückt! Wenn du mich nur halb so lieben würdest wie ich dich, würdest du dich freuen und mir von Herzen gönnen, dass ich ein bisschen Spaß habe. Du liebst mich nicht. Das ist der Punkt!«
    Meine Mutter tat alles, um ihm das Gegenteil zu beweisen. Lieber lieferte sie ihm fremde Töchter ins Bett, als weiter zusehen zu müssen, wie er es ohne Unterlass mit der eigenen trieb. Das Projekt Töchtertausch nahm seinen Lauf.
    Ob ich mich umgebracht hätte, wenn ich gewusst hätte, was die Einladung bedeutete, die der Postbote eines Morgens als Expressbrief ablieferte? Eigentlich hätte ich es ahnen können, hätte es dem Grinsen in Papas Gesicht ablesen können, hätte es an seinem Ton hören müssen, als er uns zurief: »Wisst ihr was? Am Samstag fahren wir in die Eifel und machen es uns schön gemütlich. Na, was sagt ihr?«
    Wir lachten, klatschten, freuten uns.
    »Wie, kein Küsschen für den Glücksboten?«, rief er und tippte auf seine Wange. »Soll ich euch zu Hause lassen?«
    »Monika vor! Monika vor!« Boris skandierte die Worte wie auf dem Fußballplatz.
    Mein Vater schmunzelte. Wie lieb ich ihn hatte in diesem Moment! Was machte das schon, dass sein Bart kratzte? Und dieser Blick! Genauso hatte er mich früher immer angelacht, wenn er mich in die Höhe warf, himmelhoch, und wieder auffing. Nie hatte er mich fallen lassen. Wo war ich sicherer als bei ihm, in seinen Armen?
    »Genug geschmust!«, brummte er und küsste mich aufs Ohr. Der andere Papa! Hastig wich ich zurück. Ich las Spott in seinen Augen, aber auch eine Spur bitteren Ernst. »Und noch eins, besonders für dich, Fräulein

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