Monkeewrench 02 - Der Koeder
diesem Augenblick hatten ihn überrascht: Erstens sah er wieder alles mit den Augen eines Polizisten und ahnte überall mögliche Gefahren, zweitens schaffte er es noch immer, auf den Fußballen zu balancieren. Soweit er sich erinnern konnte, war er im letzten Jahr noch nicht einmal in der Lage gewesen, auf dem platten Fuß das Gleichgewicht zu halten. Bei dem Gedanken musste er laut loslachen, und Lily und Jack hatten beide aufgeblickt und ihn befremdet angesehen, wahrscheinlich weil er dieser Tage nur selten lachte, oder noch wahrscheinlicher beunruhigte es sie ein wenig, von einem lachenden Revolverhelden verfolgt zu werden. Also war er wieder in seine versteinerte Haltung verfallen. Dazu brauchte er sich nur zu entsinnen, wie verdammt heikel die Situation war und dass die beiden Menschen, die er so aufmerksam bewachte, der Grund dafür waren. Jack hätte sich in Schutzhaft befinden und den Polizisten alles erzählen müssen, was er wusste, und Lily hätte ihn dazu veranlassen sollen. Die beiden müssten sich eher umeinander kümmern, als sich in jeder Hinsicht auf ihn zu verlassen. Was für eine Strapaze! Vor drei Tagen noch hatte er sich im volltrunkenen Stupor eine Waffe in den Mund gesteckt, jetzt war er ein Pseudo-Polizist, ein Pseudo-Leibwächter und der am schwersten arbeitende Mann im Pflanzenhandel.
Und verdammt, dachte er und hätte fast wieder gelacht, es war beinahe ein gutes Gefühl.
Aber in diesen Stunden hatte er mehr Polizist gespielt, als wirklich einer zu sein. Als Gino kurz vor zwei Uhr nachmittags anrief, um ihn darüber zu informieren, dass tatsächlich jemand am Morgen auf Jack geschossen hatte, war das ganze Pseudo-Dies-und-das vergessen, und Marty dachte wieder wie der Mann, der er vor kurzem noch gewesen war.
Eigentlich sollte er nicht wie ein Wachhund an der Leine auf dem Gelände der Gärtnerei hinter Lily und Jack hertrotten. Er sollte die Wahrheit aus Jack herausprügeln, herausfinden, wer Morey getötet hatte, den Job erledigen, für den er ausgebildet war, und vor allen Dingen sollte er die verfluchte Gärtnerei schließen.
«Was meinst du damit, du willst die Gärtnerei schließen?», fragten Lily und Jack wie aus einem Mund.
Sie standen alle vor dem Gewächshaus und luden Pflanzen von einer Palette auf den Außentisch. Trotz des schwülen Wetters war die Gärtnerei überlaufen, und die Pflanzen wurden ihnen fast so schnell aus den Händen gerissen, wie sie sie auf dem Tisch ausstellen konnten. Jeff und Tim standen an den Außenkassen, und vor beiden hatten sich lange Schlangen gebildet.
Marty sprach leise. «Der ballistische Bericht zu den Projektilen, die vor Jacks Haus gefunden wurden, ist gekommen. Dieselbe Person, die Rose Kleber und Ben Schuler getötet hat, hat auch auf Jack geschossen. Für den Fall, dass dieses Arschloch es wieder versucht, werden wir die Kunden aus der Schusslinie bringen und den Laden dichtmachen. Außerdem werdet ihr von jetzt an haargenau das tun, was ich sage.»
Er wartete darauf, dass einer von beiden protestierte, aber es kam nichts.
«Ich werde anfangen, die Kunden hier wegzubringen», sagte Jack schließlich.
«Nein, das wirst du nicht. Kommt mit mir.»
Marty führte sie zu einer Bank am Eingang des Gewächshauses, ließ sie sich setzen und stellte sich wie ein Koloss mit dem Rücken zu ihnen auf, den Parkplatz im Auge.
Lily verhielt sich drei Minuten lang fügsam, nach Martys Erfahrung ein absoluter Rekord. «Um Himmels willen, Martin, erwartest du von uns, dass wir den ganzen Tag hier sitzen?», fragte sie schließlich.
Er drehte sich nicht einmal um. «Gino schickt einen Wagen. Wenn der hier ist, geht Jack zurück ins Haus und bleibt mit dem Officer dort. Hast du gehört, Jack?»
«Ich habe verstanden.»
Officer Becker kam ein paar Minuten später auf den Parkplatz gefahren, stieg aus dem Wagen und stellte sich Marty vor. Er war jung, blond und hatte ein naives, offenes Gesicht. Aber das täuschte. Tony Becker war im vergangenen Herbst bei der Monkeewrench-Schießerei dabei gewesen. Dieses Erlebnis hatte ihn über Nacht abgehärtet, sodass er äußerst wachsam und stets auf der Hut war. Marty gefiel, wie er sich aufmerksam umsah und seine Augen überall hatte.
«Das ist Jack Gilbert», stellte Marty kurz vor. «Er ist die Zielscheibe. Nehmen Sie ihn mit ins Haus und bleiben Sie auf jeden Fall bei ihm.»
Nachdem sie gegangen waren, rief Marty Tim und Jeff zu sich. «Wir schließen die Gärtnerei. Ich möchte, dass ihr beide alle
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