Monkeewrench 02 - Der Koeder
dich von dem Arschloch anschießen lassen?»
«Auf mich hat er geschossen», brachte Jack mit erstickter Stimme heraus. Seine Hände waren so fest verschränkt, dass sie weiß anliefen, aus Angst, Marty zu berühren, ihm wehzutun. Er atmete hektisch, blinzelte und konnte sich nur mit großer Mühe zusammenreißen. «Auf mich hat er geschossen, verflucht, und Marty ist dazwischengesprungen. Der blöde Idiot ist direkt in eine Kugel gesprungen und es ist meine Schuld, das ist alles meine Schuld warum zum Teufel hast du das getan Marty warum musst du immer den verdammten Helden spielen…?»
Martys Hand schoss vor, packte Jacks Handgelenk und hielt es fest. Dann drehte er den Kopf, öffnete die Augen und sah Jack an. «Ich bin kein Held. Ich bin genau wie Morey, Jack. Vergiss das nie…»
«Das ist totaler Schwachsinn…»
Martys Finger schlossen sich noch fester um Jacks Handgelenk, und diese Anstrengung kostete ihn Kraft. Das Sprechen fiel ihm zunehmend schwer. «Genau wie Morey. Genau wie die anderen. Du musst es ihnen sagen. Erzähl Magozzi und Gino von Eddie Starr. Lass sie den Fall abschließen.» Dann lächelte er. «Die ganze Zeit bist du der einzige Gute gewesen, Jack. Besser als jeder andere von uns. Du bist der Held.»
Jack legte den Kopf an Martys Kopf und weinte.
Gino stemmte sich hoch und räusperte sich. «Ich sehe mal nach dem Krankenwagen», verkündete er, stolz, dass seine Stimme nicht ganz versagte. Als er sich zur Türöffnung wandte, erblickte er ein Meer aus blauen Uniformen, eine schweigende Mahnwache im Regen vor der Tür, harte Gesichter, aufeinander gepresste Lippen. Ein paar der Männer hoben verstohlen die Hände an die Augen. Lily Gilbert drängte sich zwischen ihnen hindurch, ein kleiner alter Bulldozer. Der Regen hatte ihr das weiße Haar auf den Kopf geklatscht, lief an ihren Brillengläsern hinunter, trommelte auf ihre geraden Schultern. Die uniformierten Polizisten traten beiseite und ließen sie durch. Sie ging direkt dorthin, wo Marty lag, und kniete sich neben Jack. Für die Leiche von Jeff Montgomery hatte sie keinen Blick übrig. Magozzi stand auf und trat zurück.
Sie musste sehr dicht an ihn herankommen, damit Marty sie sah. Aus irgendeinem Grund hatte er Probleme mit seinen Augen, und das war eigenartig, denn er war doch in die Brust getroffen worden. «Bist du es, Lily?»
«Wer sonst?»
«Ich bin bei dir», sagte sie, legte ihm ihre alten, knochigen Finger auf die Stirn und spürte die Kälte des Todes.
«Jack hat dir etwas zu erzählen», flüsterte er. Seine Zunge wanderte zur Seite und fand Blut.
«Ich weiß. Ich werde ihn anhören. Sei du jetzt still.»
«Ein bisschen spät dafür.»
Die Tränen liefen Jack übers Gesicht und tropften ihm vom Kinn auf die nackte Brust, bis sie dann über die Rundung seines albernen kleinen Bauches rollten. «Halt jetzt die Klappe, Marty, halt verdammt noch mal die Klappe. Du bist bald wieder okay. Ich schwöre bei Gott, dass du bald wieder okay bist…»
Marty fielen die Augen zu, als er zu sprechen versuchte. Sein Brustkorb hob sich vor Anstrengung und fiel gleich darauf in sich zusammen.
«Jack», sagte Lily sanft. «Er wird nie wieder okay sein. Er stirbt. Lass ihn sagen, was er sagen will.»
Martys Lächeln war ein trauriges Graublau, aber als er die Augen wieder öffnete, waren sie klar, konzentriert und funkelnd. «Mein Gott, wie ich dich liebe, Lily», flüsterte er. «Ich habe nur versucht, das Richtige zu tun.»
Sie lächelte ihm zu. «Immer hast du nur versucht, das Richtige zu tun. Denn so bist du eben. Ein guter Mann. Ein guter Sohn, Martin», flüsterte sie und sah, wie seine Augen sich zum letzten Mal schlossen.
Kaum mehr als einen Schritt entfernt wandte Magozzi sein Gesicht zur Wand, bemerkte einen Holzsplitter, der aus der Täfelung hervorstand, und starrte ihn an. Er konnte Jack schluchzen hören, er konnte hören, wie einige der Polizisten nahe der Tür schnieften, er konnte Gino draußen schreien hören: «Scheiße, wo bleibt der verdammte Krankenwagen?» Doch über all dem hörte er den Wind, der wieder stärker wurde, und den Regen, der wieder heftiger fiel und auf die Welt einhämmerte.
Schließlich hörte er die Sirenen.
Die Sanitäter bearbeiteten Marty Pullman volle zehn Minuten lang, taten all die fürchterlichen Dinge, die sie mit Menschen anstellen, die sie nicht verlieren wollen. Sie taten es pro forma, denn sie wussten schon nach einem ersten Blick, dass es sinnlos war, aber die Polizisten
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