Monstrum House 1 - Haus des Grauens
lauf dann besser mal los.“
Stenka hob zum Abschied kurz die Hand und schlug ihm dann die Türe vor der Nase zu.
Jasper starrte in die Dunkelheit. Er glaubte in der Ferne die Umrisse der Schule zu sehen – zumindest die Andeutung eines Turmes, der sich da drohend in den nächtlichen Himmel streckte. Aber zwischen Jasper und der Schule lag der dunkle Wald. Ein sehr dunkler, sehr kalter, sehr furchteinflößender Wald.
Wieder heulte ein Wolf.
Jasper dachte über seine Möglichkeiten nach. Zu seinem Pech schied eine Flucht aus dieser Folterkammer, die sich Schule nannte, aus. Zumindest nicht bei diesem Wetter, nur im Schlafanzug.
Es blieb noch Möglichkeit Nummer zwei: Hierbleiben und den Morgen abwarten. Aber wo sollte er warten? Wenn der Morgen kam, wäre er schon erfroren, selbst wenn er sich ein Iglu bauen würde. Mal abgesehen von dem kleinen Problem, dass er keine Ahnung hatte, wie man ein Iglu baut. Und nicht ganz außer Acht zu lassen waren außerdem die Wölfe und die Monster.
Möglichkeit Nummer drei: Er könnte versuchen, sich wieder ins Haus des Grauens zurück zu schleichen. Die Schlösser zu öffnen dürfte ein Kinderspiel sein, aber er wollte dort nicht unbedingt Stenka begegnen. Oder dem Knaddelgeller. Oder was sich sonst noch dadrin rumtreiben mochte.
Möglichkeit Nummer vier: Er könnte versuchen, es zurück zur Schule zu schaffen. So weit konntedas gar nicht sein. Der Lieferwagen war bestimmt mehrmals im Kreis gefahren, um ihn zu verwirren. Und ihm vielleicht noch mehr Angst zu machen.
Jasper sah sich genau um. Er war sich fast sicher, dass sich da Wesen um ihn herum im Dunkeln bewegten. Aus den schwarzen Büschen schienen ihn kleine, rote Augen anzustarren. Das gab den Ausschlag.
Er rannte, so schnell es ging, in die Richtung, in der er die Schule vermutete. Jasper war ein guter Läufer, aber so lange und so schnell wie in dieser Nacht war er noch nie in seinem Leben gerannt.
Bei seinem Dauerlauf durch den Wald stolperte er immer wieder, rutschte aus oder trat in irgendetwas Spitzes oder Scharfes. Seine Füße fühlten sich an, als sei die Haut in Fetzen. Er überlegte kurz, ob er sich nicht den Schlafanzug zum Schutz um die Füße wickeln sollte. Aber nicht einmal er konnte so verzweifelt sein, dass er nackt durch den Wald gerannt wäre. Zumindest noch nicht.
Fast hatte er es fast geschafft. Der Wald war immer lichter geworden. Nun lagen zwischen ihm und dem alten Schloss nur noch ein schneebedecktes Feld und der Zaun. Allerdings strichen Suchscheinwerfer in regelmäßigen Abständen über den Schnee.
Wenn ich es über dieses Feld schaffe, ohne gesehen zu werden, ist das mein Glückstag , dachte Jasper.
Er lehnte sich gegen einen dicken Baumstamm und strengte sich sehr an, nicht an Monster zu denken. Was natürlich dazu führte, dass er erst recht an Monster dachte.
Und dann hatte er plötzlich das Gefühl, als würden ihm die Haare zu Berge stehen. Er war sich sicher, dass er ganz in der Nähe vorsichtiges Atmen hörte. Da war jemand, oder besser gesagt etwas , und belauerte ihn. Und diesmal war es garantiert kein dressiertes Etwas.
In seinem Inneren hörte er Lord Strassers Stimme. Ihr spürt sie , bevor sie angreifen . Ein eiskalter S chauer läuft euch den Rücken hinunter , wenn sie ganz nah sind .
„Eiskalter Schauer“ war gar nichts gegen das Grauen, das da gerade mit spinnenartigem Kribbeln seine Wirbelsäule heruntergekrochen kam.
Hinter sich hörte er den Schnee knirschen.
Er drehte sich um und konnte gerade noch einen Blick auf den schwarzen Schatten werfen, der sich auf ihn stürzte. Dann wurde es schwarz um ihn.
Langsam öffnete Jasper die Augen. Die Welt um ihn herum schien sich zu drehen. Erst nach einigen Sekunden gelang es ihm, herauszufinden, wo er sich befand: Er lag auf dem Rücken, im Schnee, mitten in der Nacht. Nahe einer Schule für Monsterjäger. Er fragte sich, ob er nicht besser schnell wieder ohnmächtig werden sollte.
Jasper presste die Augenlider zusammen und atmete tief durch. Ob er, wenn er sich das nur fest genug wünschte, wieder zu Hause in seinem Bett liegen würde? Aber die Zeit, als das Wünschen noch geholfen hatte, gab es ja leider nur im Märchen.
Und das hier war die Wirklichkeit. Ganz vorsichtig öffnete er nochmals die Augen.
Er wollte gar nicht daran denken, dass manche Monster Menschen bei lebendigem Leibe auffressen. Vor allem deshalb nicht, weil er gerade von etwas attackiert worden war – von einem Etwas, das
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