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Mord im Dirnenhaus

Mord im Dirnenhaus

Titel: Mord im Dirnenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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dass er vielleicht nicht mehr zu ihr zurückkehren würde, weil er lieber eine jüngere Frau wollte, die ihm noch viele Kinder gebären konnte. Sie zählte jetzt einundzwanzig Jahre, zweiundzwanzig im Winter. Sicher, das war noch nicht alt, aber eben auch nicht mehr ganz jung. Die meisten Frauen bekamen ihre Kinder mit sechzehn, siebzehn. Manche sogar noch früher, obwohl eine zu frühe Mutterschaft auch schädlich sein konnte.
    Adelina merkte, wie ihre Gedanken trotz des fröhlichen Schwatzes mit Magda abzuschweifen begannen. Doch da hatten sie auch schon den Neumarkt erreicht. Sie pochte an die Tür des Anwesens derer vom Stein und gab die bestellte Ware ab. Während sie auf die Bezahlung wartete, beobachtete sie die rege Betriebsamkeitauf dem Marktplatz. Der Neumarkt war ein großes Rechteck, an der Seite, die zu St. Aposteln führte, stand eine große Viehtränke. Der Platz wimmelte von Rindern, Schweinen, Ziegen, Schafen und Hühnern. Etwas abseits waren an einem langen Holzgestell mehrere gedrungene, kräftige Pferde angebunden. Der Neumarkt diente hauptsächlich als Viehmarkt, und dementsprechend roch es auch. Mehrere Knechte waren von früh bis spät damit beschäftigt, Dung und Kothaufen zu beseitigen, damit die Käufer sauberen Fußes die Waren begutachten konnten. Das Muhen und Blöken der Kühe und Schafe mischte sich mit dem aufreizenden Meckern der Ziegen. Doch beinahe noch mehr Krach machten die Armbrustschützen im hinteren Teil des Marktplatzes. Die verschiedenen Schützenbruderschaften trugen hier regelmäßig ihre Schieß- und Kampfübungen aus und brüllten sich dabei Befehle und Anfeuerungsrufe zu. Im Frühling und Sommer wurden auf dem Neumarkt immer wieder Wettkämpfe, Turniere und Schützenfeste ausgetragen. So konnten sich die Anwohner an der Kunstfertigkeit der Schützen erfreuen und wurden ein wenig für den alltäglichen Lärm entschädigt.
    Ein rostbraun gekleideter Diener kam an die Tür und überreichte Adelina einige Münzen, die sie rasch in ihrer Gürteltasche verschwinden ließ.
    «Dame Ida wünscht zu wissen, wann Euer Herr Gemahl wieder in der Stadt ist», lispelte der Diener. Ihm fehlten die beiden oberen Vorderzähne. «Sie leidet arg unter ihrer Gicht und wünscht eine Behandlung ihres schlimmen Fußes.»
    Adelina setzte ein freundliches Lächeln auf. Ida vom Stein war eine betagte Dame und immer sehr freigebig, wenn es um Arzthonorare ging. Und damit unterschiedsie sich von den meisten reichen Patienten, die sich gerne Zeit mit der Bezahlung ließen oder diese auch schon mal vergaßen.
    «Tut mir leid, dass es Dame Ida so schlechtgeht. Leider ist mein Gemahl noch nicht zurück. Ich erwarte ihn jedoch jeden Tag und gebe ihm gleich Bescheid, dass er herkommen soll.»
    «Vielen Dank.» Der Diener verbeugte sich knapp und schloss nach einem kurzen Gruß die Tür.
    «Und nun», Adelina wandte sich lächelnd ihrer Magd zu, «gehen wir zum Heumarkt. Dort kannst du mir helfen, die beiden Kräuterfrauen zu suchen, die mich immer beliefern.»
    «Haben sie Euch nicht erst am vergangenen Freitag Kräuter und Wurzeln gebracht?», wunderte sich Magda und wischte sich verstohlen ein paar Schweißtropfen von der Stirn.
    «Das ist richtig, aber ich muss etwas mit ihnen besprechen.» Adelina beschloss, nicht weiter über Reeses Anliegen zu reden, denn sie fand, dass ihr Part in dieser Angelegenheit durch das Gespräch mit den beiden Sammelfrauen hinreichend erfüllt wäre. Danach sollte sich der Ratsherr selbst um die Aufklärung des Mordes kümmern oder die Schöffen damit beauftragen. Nach der Einsetzung der neuen Stadtverfassung vor wenigen Tagen hatte es schließlich geheißen, dass das Kölner Hochgericht nun endlich wieder seine Arbeit aufnehmen würde, nachdem es fast ein ganzes Jahr nicht getagt hatte.
    Adelina wollte auf keinen Fall weiter in die Sache hineingezogen werden, sie kannte den getöteten Mann nur oberflächlich – er war Kunde in ihrer Apotheke gewesen – und hatte außerdem weder Zeit noch Lust,noch einmal in eine solche Ermittlung zu schlittern. Die Ereignisse, das inzwischen geräumte Beginenhospital betreffend, und die menschlichen Abgründe, die sich dabei aufgetan hatten, jagten ihr noch heute manchmal einen Schauer über den Rücken.
    Zum Heumarkt war es nicht mehr allzu weit, und auch dort herrschte ein buntes Treiben, wie auf allen Marktflecken am hohen Mittag. Nur roch es weitaus angenehmer, denn wie der Name schon sagte, wurde hier hauptsächlich Heu angeboten,

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