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Mord in h-moll

Mord in h-moll

Titel: Mord in h-moll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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hörte man Hilda singen. Dann sagte er augenzwinkernd:
    »Die Vögel, die am Morgen schon singen, frißt am Abend die Katz. Na ja, wenn’s ihr Freude macht. Auf Wiedersehen, Herr Roeder.«
    »Auf Wiedersehen. Ach — Verzeihung. Ich glaube, meine Uhr ist stehen geblieben. Wie spät ist es denn?«
    »Acht Uhr dreizehn.«
    »Oh, dann muß ich mich beeilen. Auf Wiedersehen.«
    Ich steckte den Einschreibebrief achtlos in meine Jackentasche. Bis unten an die Haustür hörte ich Hilda singen...
    Ich brauchte, wenn ich mich sehr beeilte, genau zwölf Minuten ins Büro. Heute kam es mir besonders darauf an, nicht länger zu brauchen. Die Zeit mußte unbedingt stimmen. Da war dann später einmal der Briefträger, der mein Fortgehen bezeugen konnte, und dann würden es die Kollegen im Geschäft tun. Nein, niemand auf der Welt würde mir einen Mord nachweisen können.
    Trotz dieser Überzeugung war der Tag grauenvoll.
    Ich bekam jedesmal einen Schrecken, wenn ein Mann an meinen Kassenschalter trat. Wenn ich ihn kannte, atmete ich auf. Aber wenn es ein mir unbekanntes Gesicht war, fühlte ich es jedesmal wie eine Lähmung über mich kommen. Jetzt, dachte ich, jetzt zieht er einen Ausweis aus der Tasche »Kriminalpolizei«. Bitte folgen Sie mir unauffällig.
    Wie dumm von mir. Ich hatte doch alles so genau überlegt, daß dieser Fall gar nicht eintreten konnte.
    Die Mittagspause verbrachte ich heute im Kreise meiner Kollegen. Gerade heute konnte ich mich nicht absondern, wie ich es sonst oft getan hatte. Denn heute brauchte ich wieder Zeugen dafür, daß ich mich nicht vom Geschäft entfernt hatte.
    Am späten Nachmittag kam mir noch eine großartige Idee. Mein Spiel mußte dadurch noch echter, noch überzeugender wirken.
    Ich ging zu Erwin Mack hinüber, mit dem mich so eine Art von Interessengemeinschaft verband.
    »Hast du nicht Lust, heute abend zu mir zu kommen?« fragte ich ihn. »Ich habe ein paar neue Tonbänder, die du noch nicht gehört hast.«
    Ich wußte, daß er auf Musik immer anbiß. Außerdem war er Junggeselle und hatte kein besonders gemütliches Zimmer.
    Er biß an.
    »Gern, wenn es deiner Frau recht ist.«
    »Natürlich. Du ißt eine Kleinigkeit mit uns zu Abend.«
    »Ach, ich möchte aber keine Umstände machen.«
    »Du machst keine Umstände. Ich möchte nur mal rasch Hilda anrufen und ihr Bescheid sagen.«
    Ich wählte meine Nummer und war sicher, daß niemand den Hörer abheben würde. Eine Weile ließ ich es läuten, dann legte ich den Hörer auf und sagte zu Erwin Mack:
    »Meine Frau scheint spazieren gegangen zu sein. Macht nichts, irgendwas haben wir immer im Kühlschrank. Ich warte nach Büroschluß am Ausgang auf dich.«
    Er bedankte sich, und während ich zu meinem Kassenraum zurückkehrte, dachte ich, daß ich doch alles ganz großartig eingefädelt hatte.
    Um diese Zeit ist die Kasse für den Kundenverkehr bereits geschlossen, ich mußte nur noch meine Listen und Abrechnungen in Ordnung bringen.
    Wie verabredet, traf ich Erwin Mack am Ausgang. Wir schlenderten gemütlich zu mir nach Hause.
    »Ich habe noch einmal angerufen«, erzählte ich ihm unterwegs. »Aber wahrscheinlich ist meine Frau ins Kino gegangen. Das tut sie oft zwischen sechs und acht Uhr. Aber wir werden auch ohne sie nicht verhungern.«
    Ich wunderte mich, wie leicht und harmlos mir die Worte von den Lippen kamen. Es schien mir plötzlich, als ginge mich alles nichts an, als sei ich ein Fremder, ein sachlicher und völlig neutraler Zuschauer.
    Als ich dann aber neben Erwin Mack die Treppe hinauf stieg, fing mein Herz doch so laut an zu klopfen, daß ich fürchtete, er müsse es hören.
    Ich schaltete das Dielenlicht in meiner Wohnung ein, und da geschah wieder etwas, was mir wie ein günstiges Omen erschien. Erwin Mack fragte:
    »Kann ich mir hier irgendwo mal die Hände waschen?«
    Schon die ganze Zeit über hatte ich mir überlegt, wie ich rasch und unbemerkt das Tonbandgerät abstellen und den Deckel schließen konnte. Meine Tonbänder schalten sich, wenn sie abgelaufen sind, zwar selbsttätig aus, aber das Gerät selbst läuft weiter. Und da bot mir Erwin Mack die Gelegenheit dazu, das Gerät abzuschalten. Ich zeigte auf die Badezimmertür.
    »Hier, bitte, das Bad. Nimm das hellgrüne Handtuch.«
    Wie harmlos das alles klang. Kein Mensch würde jemals vermuten, daß ich ein Mörder war. Ich fand, daß ich meine Rolle bisher ausgezeichnet spielte.
    Während er auf das Badezimer zuging, eilte ich ohne Licht zu machen ins

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