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Mord in h-moll

Mord in h-moll

Titel: Mord in h-moll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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mit dem Briefträger darüber unterhalten. Ich fasse das einfach nicht.«
    Der Briefträger... der Einschreibebrief! Den ganzen Tag über hatte ich diesen Brief vergessen. Er steckte noch in meiner Tasche. Er war an Hilda adressiert, und am Absender hatte ich erkannt, daß es sich nur um die Mahnung einer Möbelfirma handeln konnte, bei der wir mit den Raten noch im Rückstand waren.
    Ich zog den Brief aus der Tasche und gab ihn dem Polizisten.
    »Hier, diesen Brief gab mir der Briefträger. Wir standen auf der Treppe, hörten meine Frau in der Badewanne singen, und da gab er mir den Brief.«
    Der Polizist nahm ihn zögernd, drehte ihn in den Fingern hin und her, legte ihn dann auf die Flurgarderobe und sagte:
    »Das ist ja nun nicht so wichtig.«
    Es war mir, als spürte ich förmlich, wie überzeugt der Polizist von einem Unfall war. Kurz darauf erschien die Kriminalpolizei. Es wurden Aufnahmen gemacht, und dann wurde ich von einem Kommissar und dem Staatsanwalt verhört.
    Ich hielt die einmal eingeschlagene Taktik für richtig und blieb dabei. Fast hätte ich vor Freude triumphiert, als man mir erklärte:
    »Lieber Herr Roeder, Sie müssen sich damit abfinden. Sicherlich ist das ein schwerer Schlag für Sie, aber Ihre Gattin war doch noch ganz gesund, als sie die Wohnung verließen. Dafür spricht doch, daß sie sogar gesungen hat. Die Obduktion wird ergeben, daß es ein Schwächeanfall gewesen ist, der sie im Wasser zusammensinken und dann ertrinken ließ.«
    Ich schüttelte verbohrt den Kopf in der Gewissheit, je mehr ich nun dagegen redete, desto fester würden die Beamten bei Ihrer Meinung bleiben.
    »Das gibt es nicht«, sagte ich. »Hilda hatte noch nie in ihrem Leben einen Schwächeanfall.«
    Der Staatsanwalt zog die Augenbrauen hoch.
    »Es klingt gerade so, als ob Sie an ein Verbrechen dächten, Herr Roeder. Haben Sie denn irgendeine Veranlassung dazu, so etwas anzunehmen?«
    »Wieso Veranlassung?« fragte ich gequält. »Wie meinen Sie das? Hilda litt weder an Herzschwäche noch an sonst etwas.«
    »Ich dachte...« begann der Staatsanwalt nachdenklich. »Könnte Ihre Frau... Sie müssen uns die Wahrheit sagen, Herr Roeder. Könnte Ihre Frau... einen Liebhaber gehabt haben?«
    Ich tat, als empöre mich diese Vermutung, und damit erreichte ich wiederum, was ich wollte. Der Staatsanwalt warf dem Kriminalkommisar einen Blick zu und sagte dann:
    »Na, sehen Sie, Herr Roeder. Ich weiß, es ist hart für Sie, aber Sie müssen sich damit abfinden. Morgen, spätestens übermorgen wird die Tote zur Bestattung freigegeben werden.«
    Natürlich, auch das war Routine, und ich hatte es gewußt. Trotzdem tat ich überrascht.
    »Was heißt freigegeben?« fragte ich. Niemand brauchte zu wissen, daß ich auf diesem Gebiet bestens informiert war.
    »Der Gerichtsmediziner muß die Todesursache feststellen«, sagte der Kriminalkommissar.
    Ich schaute ihn verständnislos an.
    »Wieso? Sie sagten doch, sie sei ertrunken.«
    »Ja, das schon. Aber die Ursache muß geklärt werden.«
    »Ach so. Sie rechnen also auch damit, daß es keine Herzschwäche war?«
    »Der Gerichtsarzt wird es uns bestätigen, Herr Roeder.«
    Das gebe Gott, dachte ich. Und dann sagten sie mir noch einige tröstliche Worte und nahmen Hilda auf einer Tragbahre mit.
    Erwin Mack war auch verschwunden. Das beunruhigte mich. Wieso hatte er sich nicht von mir verabschiedet, nachdem er soviel Teilnahme und Hilfsbereitschaft gezeigt hatte? War ihm etwa ein Verdacht gekommen?
    Ich erinnerte mich an das Buch unter meinem Bett. Hatte Erwin Mack gesehen, wie ich es rasch mit dem Fuß fortschob? Hatte er nachgeschaut? War ihm der Titel verdächtig erschienen?
    Ich zog das Buch unter dem Bett hervor. »Mord — als Unfall getarnt«, war der Titel. Natürlich, wenn Erwin das entdeckt hatte, mußte er Verdacht schöpfen.
    Erst jetzt spürte ich die Stille in meiner Wohnung. Und erst jetzt kam mir ganz zum Bewußtsein, was geschehen war.
    Meine Frau lebte nicht mehr. Ich war allein.
    Meine Gedanken liefen kreuz und quer, bis sie schließlich wieder auf den einen, entscheidenden Punkt zueilten:
    Ich war ein freier Mensch. Es gab keine Hilda Roeder mehr in meinem Leben. Es gab keine Hilla Andersen mehr, die mit ihrer rauchigen, heißeren Stimme alte abgedroschene Chansons sang.
    Die Chansons!
    Ich sprang auf, um das Tonband zu holen, als ich die Wohnungstüre gehen hörte. Eine Sekunde stockte mir der Atem. Ich hatte vergessen abzuschließen.
    Was geschah jetzt?
    Aber es war

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