Mord ist schlecht fürs Geschäft
blieb stehen, als die Ampel auf Rot umschaltete.
Der Mann schaute sich seinen Fahrgast im Rückspiegel an. »Wohin jetzt?«, fragte er, war aber nicht in der Lage, das Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken.
»Zum ›Ferny Down Guest House‹. Dahin fahren die jedenfalls höchstwahrscheinlich. Das ist an der Bristol Road. Kennen Sie es?«
»Ja, ja, das kenne ich.« Die Stimme des Taxifahrers bebte. Seine Augen flackerten nervös zwischen der Ampel und dem Rückspiegel hin und her. Er hatte zu so später Nachtstunde meist Probleme mit den Fahrgästen, mit diesem aber mehr als sonst.
Die Ampel schaltete auf Grün. Das Taxi fuhr über den Fluss und dann nach rechts in Richtung Lower Bristol Road.
Robert Howard Davies, bis vor kurzem Insasse im Horfield-Gefängnis von Bristol, machte es sich im Fond bequem. Er wusste, dass die Augen des Taxifahrers ihn beobachteten. Der Mann überlegte sich zweifellos, ob er sein Fahrgeld bekommen würde oder nicht.
Mal sehen, dachte Robert mürrisch. Er war so nah daran gewesen, die Bekanntschaft mit seiner Tochter zu erneuern. Trotzdem, es schadete ja auch nichts, wenn er die Ehefrau besuchen ging; und gnade Gott Mervyn, wenn der nicht zu Hause war. Dann hätte er ein bisschen was zu erklären, und für Ausflüchte hatte Robert Davies nichts übrig. Hatte er nie gehabt, und so würde es auch bleiben.
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|42| Kapitel 5
Ein Tag, ganze vierundzwanzig Stunden waren verstrichen, und Elmer Maxted war immer noch nicht wieder aufgetaucht.
»Casper sagt, Sie müssen jetzt mit der Polizei Kontakt aufnehmen«, tönte Nevilles Stimme durchs Telefon.
»Das habe ich mir auch schon gedacht. Ob ich will oder nicht, ich muss ihnen alles sagen, was ich weiß.«
Schweigen. Neville hatte die Hand über die Sprechmuschel gelegt. Casper erteilte Befehle.
Da war er wieder. »Casper sagt, Sie sollten versuchen, so wenig wie möglich zu verraten.«
»Und ihnen gleichzeitig bei der Ermittlung helfen?«
Erneutes Schweigen.
»Korrekt«, erwiderte Neville für Casper.
»Ich kann aber höchstens eine Stunde hier weg. Meine Empfangsdame hat sich krank gemeldet.«
Wieder ließ die Antwort auf sich warten.
»Wir schicken jemanden.«
»Danke. Das weiß ich zu schätzen. Wieso geht Casper nicht ans Telefon?«
Diese Antwort kam rasch, im Ton schockierter Überraschung.
»Das tut er nie, wenn er in der Badewanne liegt.«
Es war zwar Sonntagmorgen, aber Honey konnte ohne Probleme einen kleinen Spaziergang zur Wache in der Manvers Street machen, sobald die versprochene Hilfe auftauchte. Im Gegenteil, es würde eine willkommene Abwechslung sein.
Das Auschecken der Gäste nahm nicht viel Zeit in Anspruch. Eine Stunde später bürstete Honey sich das Haar, zupfte ihre |43| weiße Baumwollbluse glatt und überprüfte die Nähte ihrer Strümpfe. Ja, Strümpfe! Sonntags trug sie immer einen Rock. Die Strümpfe taten ihr Übriges dafür, dass Honey ihre beinahe abhanden gekommene Weiblichkeit wieder verspürte.
Heute war es endlich wieder richtig spannend geworden. Nichts und niemand konnte ihr die gute Laune verderben – mit Ausnahme ihrer Mutter.
»Ich mache im Sommer eine Kreuzfahrt.« Sie lehnte sich zu Honey herüber. »Mit einem Verehrer. Er heißt Christopher Jordan und ist ein wirklich bezaubernder Mann.«
Ihre Mutter wuselte hinter ihr her wie ein ganz besonders hartnäckiger Jack Russell-Terrier. »Männer sind eine so angenehme Gesellschaft. Du solltest dir auch einen zulegen.«
Honey bog rasch links hinter die Rezeption ein.
Unbeirrt beugte sich ihre Mutter über den Tresen. »Ich glaube, ich habe dir schon von meinem Zahnarzt erzählt …«
»Dachte ich mir’s doch«, sagte Honey und konnte ihre Ungeduld kaum noch verbergen. Sie betätigte die »Escape«-Taste ihres Computers. Das würde sie am liebsten auch machen – fliehen. Aus der Rezeption und vor ihrer Mutter. Aber Susan, die heute am Empfang Dienst tun sollte, hatte angerufen und sich krank gemeldet. Das hatte Honey nicht anders erwartet. Liebeskrank! – das war sie. Ein attraktiver junger Mann aus Ungarn, der in einem anderen Hotel in der Nähe arbeitete, war einen Stock unter Susan in ein möbliertes Zimmer eingezogen. Das musste einfach zu internationaler Zusammenarbeit führen – und dazu war es auch gekommen. Und wenn die beiden nicht gleichzeitig frei hatten, meldeten sie sich krank. Heute hatte der junge Mann seinen freien Tag – Susan aber nicht. Also wurde sie krank, und das bedeutete, dass Honey jetzt an
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