MORDrhein-Westfalen (Vier Krimis mit Tatorten in NRW - Münsterland, Sauerland, Niederrhein) (German Edition)
hätte gerettet werden können, wenn Dr. Werneck angehalten und geholfen hätte."
"Damit wurde unser aller Oberbürgermeister also erpresst!"
"Ja."
Ich nickte leicht. "Wenn das an die Öffentlichkeit gelangt wäre, hätte er sicher kaum noch Chancen gehabt, an seiner politischen Karriere zu basteln."
Rehfeld lachte heiser. Wie ein Saloonkeeper, der mindestens ebensoviel trinkt, wie er ausschenkt. "Seine eigene Partei hätte ihn nicht einmal mehr als Kassierer genommen!", meinte er.
"Und Hartmut wusste von der Fahrerflucht und hat davon seinem Therapeuten erzählt?", hakte ich nach. Ein bisschen mehr wollte ich noch wissen.
Rehfeld kratzte sich am Doppelkinn und lockerte dann ein wenig den dicken Windsorknoten seiner Krawatte. "Fast", sagte er gedehnt und genoss es sichtlich, mich ein wenig auf die Folter zu spannen.
"Sie wollen einen armen Western-Autor doch nicht erst zu einem Bestechungsversuch verleiten, um Ihnen die Einzelheiten anschließend aus der Nase ziehen zu dürfen!"
Rehfeld grinste und schüttelte den Kopf. "Nein", murmelte er zu meiner Erleichterung. "Irgendwie sagt mir mein Sinn für Gerechtigkeit, dass Sie genug gelitten haben, Herr Hellmer."
Na bitte!, dachte ich. Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Oder zumindest einer erträglichen Koexistenz. Gleichgewicht des Schreckens inbegriffen.
Ich hoffte, dass das, was er mir nun sagte, genauso wichtig sei wie die Miene, die er dazu machte.
"Es war folgendermaßen", begann er bedeutungsvoll und lehnte sich zurück. "Die Polizei hat schließlich doch ermitteln können, dass es Wernecks Wagen war, mit dem die Fahrerflucht begangen wurde."
Ich runzelte die Stirn. "Und warum ist er damals nicht drangewesen?"
"Weil er seinen Sohn überredet hat, die Schuld auf sich zu nehmen."
Ich begriff. Deswegen war der OB quasi in der Schuld seines Sohnes gewesen, und dieser hatte das ausgenutzt, indem er ihn finanziell molk wie eine Kuh. Dr. Werneck hätte nicht gewagt, nein zu sagen und einen Scheck nicht zu unterschreiben. Hartmut war wohl in seine Drogenkarriere zurückgefallen und hatte jeglichen Stolz oder Skrupel aufgegeben.
"Hartmut war immer schon psychisch labil, aber nach dem Unfall bekam er ziemlich große Probleme", berichtete Rehfeld weiter. "Er konnte mit dem, was in jener Nacht geschehen war, einfach nicht fertig werden."
Was ich verstehen konnte.
Der Rest war leicht zusammenzureimen. Vermutlich hatte ihn sein Vater wegen der Erpressung angesprochen, ihn gefragt, was auf den Psychiater-Bändern alles zu hören sein konnte, mit denen er unter Druck gesetzt wurde.
Als Lammers dann starb, hatte Hartmut offenbar vermutet, dass sein Vater mit der Tat in Zusammenhang stand, entweder als Täter oder zumindest als Auftraggeber. Möglich, dass Hartmut versuchen wollte, einen zweiten Mord zu verhindern, und ich ihn deswegen in der Nähe jener Wohnung traf, in der sich Annette versteckt gehalten hatte.
"Ich habe Hartmut für eine Weile für den Mörder gehalten", murmelte ich. "Schon wegen der Waffe, die er bei sich trug."
"Den Revolver hatte er wohl besorgt, um sich selbst umzubringen. Er hat ihn mir übergeben, als er aus der Versenkung auftauchte und seine Aussage machte. Es schien ihn sehr zu erleichtern."
"Wo ist Hartmut jetzt?"
"Für ein paar Wochen in der Klinik."
"Ich hoffe, er kommt darüber weg."
"Tja ..."
Ich nickte. Und irgendwie fand ich, dass es jetzt langsam Zeit zum Gehen war.
"Tja, so ist das also", murmelte Rehfeld, weil ihm nichts mehr einfiel.
Ja, dachte ich. Und in den nächsten Tagen würde man auch das in der Zeitung lesen können.
Rehfeld reichte mir die Hand. "Es tut mir Leid", sagte er, und ich wusste schon was.
"Mir auch", sagte ich, denn ich hatte ein paar wertvolle Arbeitstage verloren, die mir niemand ersetzte.
"Ich hatte wirklich geglaubt, dass Sie, Hellmer ... Naja, egal."
Rehfeld lächelte.
Ich erhob mich.
"Auf Wiedersehen", sagte Rehfeld.
"Besser nicht", sagte ich.
Wir grinsten beide.
*
› Graham, der Besitzer des Drugstores, reichte Jake McCord die Hand‹, schrieb ich am Abend, als ich die letzten Zeilen der ›Gnadenlosen Wölfe‹ in die Tasten hackte.
› "Wollen Sie nicht noch eine Weile in der Stadt bleiben, Jake? Stone City ist ein schöner Ort. Vor allem jetzt, nachdem Sie hier aufgeräumt haben."
"Schon möglich", murmelte McCord. Und seine Gedanken gingen zu Ann, deren Tod jetzt gerächt war.
Ihre grünen Augen und das feingeschnittene Gesicht wollten ihm einfach
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