Morgen ist der Tag nach gestern
hier vor, hatte er immer wieder gefragt.
„Und Grefft?“
Warum fragt er das? Er kennt die Antwort. Grefft hatte „im Keller“ gesagt. Er erinnert sich noch einmal an die Schreie unter dem Lodern des Feuers. Er erinnert sich noch einmal an deren Verstummen.
„Wir gehen davon aus, dass Jochen Grefft beteiligt war.“ Böhm schiebt die Brille auf die Stirn und reibt sich die Augen. Erschöpfung hat die Luft durchtränkt, scheint allen Sauerstoff aufzusaugen. Ein gnadenloser Tag. Ein Tag, der ihn auslotet, der seine ganze Kraft fordert, um sie zu wiegen.
„Wer hat Ihnen geholfen?“
„Ich habe das alleine gemacht!“
Joop steht auf und geht zum Schreibtisch hinüber. Er steht jetzt hinter Wessel. „Ich kann das nicht glauben.“
Wessel reagiert nicht.
Böhm versucht es ein letztes Mal.
„Herr Wessel, Sie haben einen Unschuldigen getötet. Sind Sie sich darüber im Klaren?“
Wessel sieht ihn direkt an. Für einen Augenblick scheint Leben in ihm zu sein, für einen Augenblick bäumt er sich auf, wehrt sich gegen die dumpfe Gleichgültigkeit.
„Ich habe den Tod eines Unschuldigen nicht gewollt. Aber wenn Sie mich fragen, ob ich es wieder tun würde, dann kann ich das nur mit ja beantworten. Wenn ich es nicht getan hätte, hätten Sie dort niemals nach meinem Kind gesucht. Wenn ich es nicht getan hätte, hätten Sie mein Kind nicht gefunden. Miriam war auch unschuldig!“
Epilog
In der Nacht vom dritten auf den vierten September 2003, zehn Tage nach der Beerdigung seiner Tochter, erliegt Wolfgang Wessel in seiner Zelle einem akuten Herzversagen. Er war bis zum Schluss dabei geblieben, dass er Horstmann und Grefft allein getötet und verbrannt habe.
An einem klaren Märztag 2004 gelingt dem BKA auf dem Frankfurter Flughafen der Zugriff auf drei Männer. Sie stehen unter dem dringenden Verdacht, gegen Bezahlung von im Ausland lebenden Elternteilen, Kindesentführungen organisiert und durchgeführt zu haben. Sabine Ecks war an dem Erfolg maßgeblich beteiligt. Einer der Männer führte mehrere Pässe mit sich. Ein türkischer Pass wies ihn als Can Yildiz aus.
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