Morgengrauen
sachdienliche Hinweise zu dem Fall?«
»Wir sind gerade mal seit einer Minute da, Herr Kommissar«, beeilte sich Hummel zu versichern. »Eine Minute vor Ihnen«, ergänzte Riesle. Das »vor« betonte er.
Müller war das zu viel. Da wurde man vom Frühstückstisch weg zu einem vermutlichen Mord gerufen, und wen traf man als Erstes: den Villinger Oberschnüffler und seinen korpulenten Freund. Beim letzten Fall hatte er ihnen immerhin ein Schnippchen schlagen können …
Müller konnte sich auf das abermalige Erscheinen des Duos an einem Tatort keinen wirklichen Reim machen, doch die beiden störten. Sie mussten weg. »Seien Sie froh, dass ich keinen Alkoholtest bei Ihnen machen lasse«, meinte Müller noch. Offenbar merkte oder roch man den Freunden die durchfeierte Nacht noch an.
Da halfen alle Proteste von Klaus nichts – sie wurden von den beiden Streifenpolizisten zum Ausgang eskortiert. Noch nicht einmal mit Willy durften sie sprechen.
»War’s denn nun ein Mord?«, wollte Riesle von dem Polizistenduo wissen.
»Sonst hätte der Herr Hauptkommissar ja wohl nicht so schlechte Laune«, murmelte der eine, doch fuhr sein Kollege dem Beamten umgehend über den Mund: »Ruhig! Zur Presse nie auch nur ein Wort!«
Riesle grinste schief und beschloss, einen Rechercheplan auszuhecken.
Hummel wollte einfach nur schlafen.
Es war 7.35 Uhr.
3. FRÜHSTÜCK BEI HUMMELS
Hubertus ließ sich von Klaus zwar in der Villinger Südstadt absetzen, in der er wohnte – aber ein paar Hundert Meter von seinem Haus entfernt. Er hatte beschlossen, schnell noch bei einer Bäckerei vorbeizugehen und Brötchen zu holen. Elke würde sich sicher freuen, wenn er sie mit einem dampfenden Cappuccino und einem gedeckten Frühstückstisch weckte.
Die Familie wollte gepflegt sein. Schließlich wohnte Elke erst seit wenigen Monaten wieder bei ihm, war die Ehekrise beigelegt. Und auch auf Martina, seine Tochter, die vor Kurzem ihren achtzehnten Geburtstag gefeiert hatte, freute sich Hubertus. Aber ob die in den Schulferien vor elf aufstehen würde?
Er täuschte sich in mehrfacher Hinsicht. Erstens war das Haus bereits erwacht, was zweitens wohl mit einem überraschenden Besuch zu tun hatte.
Denn vor der Tür parkte ein Wagen – ein senfgelber Ford Fiesta. Das war Didi Bäuerle, Hausmeister des Villinger-Münster-Gemeindezentrums und einer seiner besten Freunde, obwohl Didi gut zehn Jahre jünger war als er. Die beiden hatten mit dem »Bistro« in der Villinger Innenstadt dieselbe Stammkneipe.
Didi war passionierter Frühaufsteher, oft schon um sechs Uhr morgens im Gemeindezentrum unterwegs und außerdem offenbar ohne Gespür dafür, wann man im Urlaub morgens bei Freunden aufkreuzen kann.
Eine Minute später war Hummel um noch eine Überraschung sowie um eine Enttäuschung reicher: Die Überraschung bestand darin, dass Martina auch schon wach und am Frühstückstisch war. Sie trug außer einem »Robbie Williams«-T-Shirt nur einen Slip. Das war entschieden zu wenig – vor allem wenn Gäste im Haus waren.
»Zieh dir bitte was anderes an«, ermahnte Hubertus sie. »Ich meine damit: mehr!«
Seine Tochter schaute ihn an. Eine ganze Weile. Langsam zog sie ihre sommersprossige Stupsnase kraus, rieb sich ihr Piercing. Dann blickte sie ihn wieder an – fast so wie Kommissar Müller eine halbe Stunde zuvor. »Schönes Sakko, Papi«, grinste sie dann. Auch Didi schmunzelte.
Hubertus beschloss, das Thema Kleidung vorläufig zu vertagen.
Die Enttäuschung lag in einem Körbchen auf dem Tisch: Auch Didi hatte frische Brötchen besorgt. Eine Kanne Kaffee stand ebenfalls schon auf dem Tisch – wie immer, wenn Hubertus nicht da war, Filterkaffee.
Immer noch grinsend, blickte Didi Hubertus an: »Ich dachte, ich könnte dich wecken, dabei kommst du jetzt erst nach Hause. Hat wohl Spaß gemacht im Casino?«
Hubertus war hin und her gerissen. Eigentlich wollte er von seinem Gewinn erzählen, ein Drittel von 1338, aber Elke war alles andere als ein Casinofan – selbst wenn er dort Geld gewonnen hatte. Ihr war die Reise nach innen wichtiger als Finanzielles, weshalb sie eine durchmeditierte einer durchzechten und durchspielten Nacht auf jeden Fall vorzog.
»Es beruhigt mich ja, dass du zu mir wolltest, Didi«, begann Hubertus deshalb zu scherzen. »Ich dachte schon, du seist hinter Elke her.« Er warf seiner Frau einen bewundernden Blick zu. Sie sah wieder einmal zauberhaft aus – und das am frühen Morgen.
Gerade als er endlich wortreich die
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