Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Muenchen Blues

Titel: Muenchen Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
Vom Netzwerk:
ein Taschentuch hervor und wischte damit unter seiner Nase herum. Mit dieser Geste begann er die ganze Angelegenheit zu vergessen. Für solche Auslöschungsvorgänge hat man auf dem Computer die Delete-Taste. Weg, aus, verschwunden!
    – Jetzt aber! Sie haben doch noch ein Anliegen, nicht wahr?
    Auch das hatte er von Anfang an klar erkannt, da konnte man noch so hart auf den Tisch hauen. Ich erzählte ihm die Sache von Julius’ Büro in der Zenettistraße. Er hörte sich alles an und machte ein paar Notizen.
    – Und jetzt möchte er wieder da rein?
    Ich nickte.
    – Wenn die Räume renoviert werden, ist das ja kein Nachteil. Dann müssen sie es ihm halt wieder anbieten. Die Miete sollte nicht unverschämt sein, aber sonst sehe ich da kein Problem.
    Er begleitete mich zur Tür. Dabei hatte er seinen Arm um meine Schulter gelegt. Auf einen freundschaftlichen Rat wollte er nicht verzichten.
    – Jetzt seien Sie doch nicht gar so …
    Er ballte die Faust und ließ sie ein paar Mal hin- undherzucken, als müsse er einen Widerstand weghauen, zog sie aber zurück und zeigte mir damit, dass es unsichtbare Hindernisse gab, gegen die man besser nicht angehen sollte.
    – Verstehen Sie? Und werden Sie wieder gesund.
    Er öffnete die Tür.
    – Und wenn wieder etwas wäre, rufen Sie mich an. Habe die Ehre!

50
    Ich stand unten auf der Prinzregentenstraße, wie ausgespuckt von diesem prächtigen ministeriellen Bau. Der grauwattige Nebel war wieder aufgezogen, und eine lange Lichterkette aus Autoscheinwerfern zog sich von der Staatskanzlei bis zum Friedensengel hoch. Mir ging es beschissen. Ich hatte mich in die Sache hineingekniet, hatte viel versucht, aber gewonnen hatte ich doch nicht. Das letzte Wort behielten andere, ich hatte nur ein paar Scherben aufgekehrt. Aber auch wenn ich mir den Schädel zermarterte, da war nichts, was einem wie mir hätte besser gelingen können. Die Verhältnisse waren gegen mich, da war nichts auszurichten. Bitter!
    Manche Gedanken durfte man einfach nicht denken, auch wenn sie noch so logisch waren. Sie lösten Hirnfraß und Zersetzung aus. Gottlob war mein Organ da oben noch intakt und gab sofort rot blinkenden Alarm.
    Logisch, sagte ich mir, zählt erst mal das, was unterm Strich steht. Resultate sprechen für sich, und niemand kannsie mit irgendwelchen guten Ansichten aufblasen. Scheiße bleibt Scheiße, was denn sonst? Aber auch aus krummen Geschichten musst du gerade herausgehen, nicht einmal den freien Abzug bekommst du geschenkt, sondern musst ihn dir erkämpfen.
    Mit diesem Kick sah die ganze Sache dann doch anders aus. Jawohl! Ich würde alles wieder genauso machen, wie ich es getan hatte. Und darauf konnte sich jede gottverdammte Mauer verlassen, gegen die ich einmal angerannt war.
    Ich ging die Isar entlang Richtung Maximilianstraße. Auf halbem Weg machte ich halt und lehnte ich mich an das Geländer. Weit unten floss die Isar in ihrem hochgemauerten Bett dahin. Ein Fluss, meint der Dalai-Lama, sei Beständigkeit und Veränderung in einem. Und da hatte er recht. Von hier aus schaute man unentwegt aufs Wasser, trotzdem blieb die Isar von München nach Freising unterwegs.
    Auch unsereiner rannte sein Leben lang von Zar zu Zimmermann, ohne dass man mit Sicherheit hätte sagen können, ob man endlich angekommen war. Irgendwann einmal würde man die Grätsche machen, und da war es vielleicht ein nicht unwesentlicher Trost, zumindest alles versucht zu haben, was man aufbieten konnte. Dadurch würde man sich eine bessere Ausstattung verdienen, um schließlich im nächsten Leben voll zuschlagen zu können und alles spielend zu bewältigen.
    Später nahm ich doch einen Bus und fuhr nach Hause. Ich ließ mir ein Bad ein und legte mich hinein. Vom Anrufbeantworter tönte Julius herüber: Er habe jetzt nichts mehr gehört, aber er rechne fest mit mir zu seinem großen Auftritt.
    Ja doch, warum denn nicht!?

51
    Das Wochenende war herangerückt. Die paar Tage Normalbetrieb hatten mir gutgetan, sie hatten mich wieder gefestigt und so weit wiederhergestellt, dass ich mich auf die große Veranstaltung freute. Endlich waren wir in dem Stadium, in dem nicht mehr ich die Hosen runterlassen musste, sondern Julius und seine Kumpane. Punktgenau war mir über das Büro Hirschböck ein Schreiben zugeleitet worden, dass Julius in einem Monat und mit einer moderaten Mieterhöhung sein Büro wieder würde beziehen können. Diese Trophäe konnte ich ihm bei dieser Gelegenheit überreichen.
    Schon vor zwei Tagen

Weitere Kostenlose Bücher