Mutiert
den Griff bekommen.
Gene betrat das Police Department durch die große Glastür und genoss die angenehme Kühle. Hinter einer schusssicheren Glasscheibe saß ein junger uniformierter Polizist.
» Mcfaddin«, sagte Gene in das kleine Mikrophon und warf seinen Detektivausweis in die Durchreiche. » Ich möchte zu Detective-Leutnant Ryan.«
Der Polizist warf einen prüfenden Blick auf den Ausweis und griff zum Telefon.
» Nehmen Sie Platz, Detective Leutnant Ryan holt Sie in wenigen Minuten ab«, antwortete der Polizist, nachdem er den Hörer aufgelegt hatte.
Es dauerte drei Minuten, bis Ryan die Sicherheitsschleuse öffnete und ihn in Empfang nahm.
» Immer mehr neue Gesichter«, sagte Gene. » Bald kennt mich hier kein Mensch mehr.«
» Das zeigt uns nur, wie schnell die Zeit vergeht.Was führt dich nach so langer Zeit wieder einmal in die Höhle des Löwen?« Ryan sah ihn neugierig an.
» Ich suche jemanden.«
Ryan lachte. » Das tun wir hier alle, jeden Tag, hast du das vergessen?«
Sie fuhren mit dem Fahrstuhl in den dritten Stock. Ryan teilte sich ein Büro mit einer jungen Kollegin. Nach seiner Beförderung zum Leutnant hatte er das Großraumbüro hinter sich gelassen. Ryans Kollegin blickte kurz auf, als die beiden das Büro betraten.
» Das ist Diana«, stellte Ryan seine Zimmergenossin vor.
Gene nickte der blonden Frau zu.
» Das ist Gene, er war ein Kollege, aber er hat es vorgezogen, das sinkende Schiff rechtzeitig zu verlassen. Er arbeitet jetzt auf eigene Rechnung.«
Diana nickte nur und widmete sich weiter ihren Akten.
Ryan schob Gene einen Stuhl zu, bevor er sich in seinen Sessel fallen ließ. » Wie lange ist dein letzter Besuch her, acht, nein, neun Monate«, überlegte Ryan laut.
» Zumindest stand damals dein Schreibtisch noch im zweiten Stock, nicht weit von den Zellen entfernt.«
» Mein Gott, ich habe mir die Beförderung redlich verdient«, antwortete Ryan. » Die Neuen kommen von der Akademie und haben alle studiert. Die fallen die Treppe hinauf, so schnell kann ich nicht einmal denken. Und die alten Hasen sterben langsam aus. Vorgestern ist Vargas in Pension gegangen. Jetzt gibt es nur noch Cavallino, Stern und Myers, alle anderen sind schon gegangen. Aber das interessiert dich bestimmt nicht mehr, weshalb bist du gekommen?«
» Ich sagte schon, ich suche nach jemanden.«
» Und ich soll dir helfen, ihn zu finden?«
» Du kannst mir zumindest dabei behilflich sein.«
» Und dann? Knallst du ihn ab, oder lässt sich seine Frau von ihm scheiden?«
» Schlimmer, viel schlimmer«, erwiderte Gene.
São Sebastião do Uatumã, Amazonasgebiet
Die Mittagshitze hatte sich wie ein undurchlässiges Tuch über die Region gesenkt. Der Regen hatte nachgelassen, und die tropische Luftfeuchtigkeit trieb den Polizisten der Naturschutzbehörde den Schweiß aus den Poren. Das Patrouillenboot der Militärpolizei war bereits seit Stunden auf dem Rio Uatumá in Richtung Norden unterwegs. Sie hielten Ausschau nach illegalen Camps von Holzfällern, die sich zuhauf hier in diesem Gebiet herumtrieben und ganze Teile des Urwaldes abholzten, um ihre geheime Fracht, oftmals als Flöße getarnt, auf dem Fluss an den Ort der Übergabe zu bringen. Dort wurden sie dann von skrupellosen Händlern erwartet, die für den Weitertransport auf der Straße sorgten.
Gerade in diesem Jahr hatten die Holzeinschläge wieder zugenommen, und die Satellitenauswertung ergab immer neue kahle Stellen im weiten Grün des Regenwaldes. Bauern nutzten das neu gewonnene Land zur Viehzucht, und illegale Holzhändler lieferten über verborgene Routen Edelhölzer direkt an die Küste, wo die Baumstämme mit gefälschten Zertifikaten als legale Fracht in den stählernen Bäuchen der Frachtschiffe verschwanden. Die Nachfrage nach Tropenholz war in letzter Zeit stark angestiegen und für Holzfäller und Händler ein einträgliches Geschäft geworden. Nicht selten waren die Polizisten der Policia Civil daran beteiligt. Die Korruption reichte bis in die Chefetagen der offiziellen Stellen, so dass inzwischen die Militärpolizei eingesetzt werden musste, um den illegalen Holzhandel wieder einzudämmen.
Vor einer Stunde hatte das Boot den Anleger in São Sebastião verlassen. Vorbei an den Mangrovenwäldern schipperten die Militärpolizisten weiter nordwärts. Immer breiter wurde der Fluss, und bald schon glich er einem See, umgeben von grünem Wald. Kormorane saßen in den Wipfeln der Bäume und ließen sich durch den Lärm des
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