My Story - Streng geheim - Verrueckt nach Mark
jeder weitere Lärm ihre Schmerzgrenze überschreitet.
Als ich in den Bus steige, kommt es natürlich so, wie ich
es nicht anders erwartet habe (und Mama auch): Der Busfahrer will rigoros den Schülerausweis sehen! Als ob ich wie eine Vierzigjährige aussehe, die sich eine kostenlose Busfahrt erschleichen will! AuÃerdem sieht er mich beinahe jeden Morgen! Ist sein Gehirn so ein Sieb, dass er mich nicht wiedererkennt? Aber er bleibt hart. Ausweis, Geld oder Aussteigen sind die drei Wahlmöglichkeiten, und ich kann ihm ansehen, dass er weiÃ, wofür ich mich entscheide. Während die anderen hinter mir schon murren, bin ich gezwungen, das Kleingeld, das mir Mama beim Abschied gegeben hat, aus der Hosentasche zu kramen und zu bezahlen. Erst dann darf ich passieren.
Zum Glück haben mir Bine und Nico einen Platz freigehalten.
»Hi, Luna, findest du es nicht auch toll, dass es nächste Woche Zeugnisse gibt?«, ruft Nico freudig und legt einen Arm um meine Schultern. Offenbar hat Bine ihr noch nicht erzählt, dass meine Tasche weg ist. Doch Nico gehört zu den Schnellmerkern, und ihre Miene wird schnell ernst, als sie mein langes Gesicht sieht.
»Was ist mit dir? Heut ist Freitag, hast du das noch nicht mitbekommen?«
Jetzt fällt Bine wieder ein, dass es da gestern diesen Anruf gegeben hat. »Stimmt ja, deine Tasche!«, platzt es aus ihr heraus. »Sorry, das hatte ich ganz vergessen. Gestern Abend hat mir Paps eine DVD von Antonio mitgebracht!« Sie schaut gen Himmel, kneift selig die Augen zusammen, und das Lächeln, das sie aufsetzt, hätte man auch in einem Werbespot für Schokolade oder Parfüm verwenden können. Antonio und seine drei Mitstreiter sind seit Kurzem die neuen Stars am Boygrouphimmel. Ich habe mir nicht mal den Namen ihrer Band gemerkt, weil diese Art Musik nicht mein Ding
ist. Ich höre lieber Rockmusik, vor allem japanische - klar, wegen dem Manga-Feeling.
»Was ist denn mit deiner Tasche?«, fragt Nico und schielt nach meinem Schulrucksack.
»Ich hab sie gestern in der U-Bahn stehen lassen«, kläre ich sie auf. »Mein Handy war drin und meine Schülerkarte. Wahrscheinlich krieg ich sie nicht wieder!«
»Schon mal im Fundbüro angerufen?«, fragt Nico.
»Bis jetzt noch nicht«, antworte ich. »Aber das mache ich gleich nach der Schule.«
»Vielleicht hilft im Fundbüro ja ein netter Junge aus«, sagt Bine und zwinkert mir zu. »Wenn du vielleicht auch nicht deine Tasche wiederkriegst, hast du wenigstens eine Ferienliebe.«
Oh nein, aufhören!!!
Zum Glück dauert die Fahrt zur Schule nicht besonders lange. Bevor wir wieder ewig lang darüber diskutieren können, welcher Typ für mich der Richtige wäre, hält der Bus vor dem Gymnasium und spuckt seine Fracht wieder aus.
In der ersten Stunde haben wir Mathe bei unserer Klassenlehrerin, Frau Sobius. Sie versucht, wenigstens ansatzweise Unterricht zu machen, doch weil die Noten sowieso schon feststehen, kann sie das vergessen. Unsere Jungs haben sich an diesem Morgen entsprechend eines Abkommens ihrer geheimen Bruderschaft (oder was auch immer das ist) alle irgendwas angezogen, das nicht zu einem Unterrichtstag passt. Hier mal die »Glanzlichter«: Kalle hat Badelatschen und eine Batikhose an, die vermutlich seinem Vater gehört. Norman trägt eine Frauenbluse Marke Oma und Wollsocken in seinen Sandaletten und Richie, in den Nico mal verknallt war, hat ein T-Shirt mit einem Spruch an, den ich besser jetzt nicht wiedergebe. (Für den Fall, dass das
hier doch mal jemand in die Finger kriegt.) Wahrscheinlich kriegt er dafür heute Abend eine Abreibung von seinem Bruder, weil der das Teil für seinen Discobesuch braucht. (Also, wer so einen Spruch trägt, muss echt Komplexe haben!)
Doch den Vogel schieÃt eindeutig Peter - Pit - Seilfried, der imaginäre Vorschlag zum Eisessen von Nico und Bine, ab. Er trägt eine Ledermütze! So eine, wie sie manche Biker tragen. Weià der Geier, aus welchem Faschingsladen er die hat! Seine rosafarbene Trainingshose und das ganz und gar nicht passende verwaschene Shirt sehen aus wie ein Schlafanzug. Stimmt wohl nicht, dass er immer nackt schläft, wie er gern behauptet.
Der Anblick dieser Affenhorde bringt mich jedenfalls endlich wieder zum Lachen. Aber sollten Bine oder Nico je wieder versuchen, mir einen von denen auf den Bauch zu binden, werde ich sie an diesen Tag
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