MYLADY HOCHZEITSBAND Band 01
doch nun setzte sie wie in Trance einen Fuß vor den anderen, bis sie die Fenstertüren zur Terrasse erreicht hatte.
9. KAPITEL
Draußen stand nur eine schmale silberne Mondsichel am Himmel, und so dauerte es einen Augenblick, bis ihre Augen sich an das Dunkel gewöhnt hatten. Die Terrasse wurde von einer steinernen Balustrade eingefasst, an deren einem Ende eine Bank, von Efeu umrankt, stand. Von irgendwoher klang das Geplätscher eines Brunnens an ihr Ohr. Sehnsuchtsvoll schaute Emily zu den wenigen blinkenden Sternen auf. Die Szene war unzweifelhaft romantisch, und wäre ihr überaus attraktiver Begleiter jemand gewesen, den sie mochte und dem sie vertraute, hätte sie versucht sein können, ihm einen Kuss zu gestatten … oder auch zwei …
Eilig verbannte sie diese Vorstellung aus ihrem Geist und widmete sich den unleugbar sehr ansehnlichen Zügen Mr. Hunters. „Haben Sie herausgefunden, wo Tarquin ist?“, fragt sie ohne Umstände.
„Das ist nicht das Problem. Finden könnte ich ihn schell genug.“ Mark schlenderte bis zu der Balustrade und stützte die Hände darauf.
„Und was hält Sie davon ab?“, wollte Emily irritiert wissen.
„Ich glaube, es wäre zurzeit klüger, ihn zu lassen, wo er ist. Sonst könnte es leicht zu einem ziemlichen Skandal kommen.“
Emily erbleichte. Sein Tonfall deutete an, dass sie das Schlimmste noch nicht gehört hatte. „Er ist in grässlichen Schwierigkeiten?“, murmelte sie entmutigt.
„Nun, es könnte schlimmer sein. Immerhin ist er, soweit ich weiß, nicht schwer verletzt oder tot …“
„Dann sagen Sie doch: Hat er sich wieder duelliert? Hat er jemanden getötet und muss sich vor dem Gesetz verbergen?“
„Nein, Emily, nichts dergleichen.“ Mark lächelte ihr beruhigend zu. „Ihr Bruder hat etwas sehr Dummes getan, aber wenigstens nichts Gesetzwidriges.“
Dankbar nickte sie und schaute ihn erwartungsvoll an.
Mark sah überlegend zu Boden. Wie konnte er ihr diese elende Geschichte nur schonend beibringen? Natürlich war Tarquin nicht der einzige junge Mann, der ein wildes Leben führte und es später bereuen musste. Er schloss sich selbst da nicht aus; doch üblicherweise wahrte man Diskretion und versuchte, sich selbst und die Familie vor den schwerwiegenden Folgen solcher Exzesse zu bewahren. Und ganz bestimmt band man sich nicht legal an seine Jugendsünden.
Endlich begann er behutsam: „Emily, ich sagte Ihnen ja, dass Tarquin verschwunden ist, seitdem mein Bruder ihn am Covent Garden herumlungern sah.“
„Ja, und ich weiß, dass er sich da mit … äh … käuflichen Mädchen herumtrieb.“ Emily bemühte sich, nicht zu zeigen, wie peinlich ihr die Wendung des Gesprächs war. „Und ich verstehe, dass Sie mir das verschwiegen, denn ein solches Thema wird ein Herr nicht gern einer Dame gegenüber ansprechen.“ Sie hüstelte verlegen. „Aber im Augenblick gibt es wohl Wichtigeres, als die Schicklichkeit zu wahren.“
„Wer hat Ihnen denn überhaupt von dem Mädchen erzählt?“, fragte Mark unwillig, da ihm sofort einfiel, dass er Nicholas Devlin mit Riley gesehen hatte. Devlin war ein unangenehmer Mensch und hasste Tarquin, aber würde er deshalb so tief sinken und Emily das sittenlose Treiben ihres Bruders unter die Nase reiben?
„Helen und ich sind eng befreundet und verheimlichen einander nichts“, erklärte Emily. „Sie sagte mir, dass sie Tarquin mit einer zwielichtigen Dame gesehen hatte.“
„Wenn Sie das schon wissen, kann ich Ihnen auch genauso gut erzählen, dass dieser Mickey Riley ein Zuhälter ist. Ich konnte ihn aufspüren und aus ihm herausholen, warum Tarquin untergetaucht ist.“ Mark fuhr sich mit der Hand über das Kinn, während er hinunter in Emilys schöne klare Augen schaute, die ihn voller Eifer anblickten. Doch sie wollte nur etwas von ihm erfahren, wohingegen er … unbewusst streckte er die Hand nach ihr aus, unterbrach die Bewegung jedoch, ehe er noch ihre warme Wange unter seinen Fingern spürte.
Wie selbstsüchtig war er, dass er in dieser Situation nur daran dachte, sie zu berühren? Zwar aus dem Wunsch heraus, sie zu trösten, doch war da mehr – er begehrte sie. Um der Versuchung zu entgehen, trat er schnell ein paar Schritte zurück. „Ihr Bruder hat sich in eine von Rileys Dirnen … sagen wir … heftig verliebt“, sagte er leise. „Eine gewisse Jenny. Tarquin hatte sie schon häufiger besucht. Beim letzten Mal war er angeblich sehr, sehr betrunken und in sehr amouröser Stimmung.“
Emily
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