MYLADY HOCHZEITSBAND Band 01
Gatte in seinem Sessel döst! So hatte sie sich gezwungen gesehen, selbst aufzustehen, und nun bot sich ihr hier im Gang zur Belohnung ein äußerst interessanter Anblick. Ein Herr und eine Dame – Letztere kam ihr außerordentlich bekannt vor – deren ganze Attitüde gerade eben einen winzigen Moment den Eindruck eines sehr verliebten Paares erweckte.
Nicht, dass sie, Mrs. Pearson, selbst je solch süße Gefühle mit Mr. Pearson geteilt hätte, doch ob dieses Mangels schwärte in ihr fortwährend bitterster Neid, aus dem heraus sie ein Gespür für Skandale entwickelte – und hier witterte sie einen. Wenn sie auch das Gesicht der junge Dame nicht deutlich sah, so erspähte sie doch unter der breiten Kempe des Hutes ein paar üppige goldblonde Locken, dazu die anmutige Haltung …
Aber konnte es denn wirklich Emily Beaumont sein? Mrs. Pearson überlegte rasch. Mark Hunter und Tarquin Beaumont waren befreundet, also kannten Mark und Emily sich. Trotzdem war es auffällig, dass diese beiden sich am späten Abend in einem Gasthof an der Straße nach London aufhielten. Aber vielleicht befand sich Miss Beaumont ja in Begleitung einer Verwandten hier … oder auch nicht …
Beinahe hätte Mrs. Pearson vor lauter Grübeln verpasst, dass Mr. Hunter weiter dem Ausgang zustrebte, nachdem er ihren Gruß mit einem kurzen Nicken und einem gemurmelten Wort erwidert hatte. Sie hastete hinter ihm her, vertrat ihm den Weg und rief schrill: „So ein Zufall, Ihnen hier zu begegnen, Sir! Sind Sie ebenfalls unterwegs nach Guildford? Zum Festival? Also, letztes Jahr war es ja ganz entzückend; das Orchester und die Sänger, göttlich, sage ich.“
„Nein, Madam, ich fahre in die andere Richtung, nach London“, entgegnete Mark knapp, einen Hauch von Arroganz im Ton.
Doch so schnell ließ Mrs. Pearson sich nicht abwimmeln. Sie schob sich, den Kopf vorgereckt, an der Wand entlang vorwärts, um einen Blick auf die zierliche Person zu erhaschen, die von Marks breiter Gestalt fast völlig verdeckt wurde. Aufgeregt leckte sie sich über die Lippen, denn sie merkte sehr wohl, dass der Mann seine Begleiterin vor ihren Blicken abzuschirmen suchte. Ein schadenfrohes Glitzern in den Augen, kam sie näher. Konnte sie bei ihrer Rückkehr nach London vielleicht mit einer saftigen Geschichte aufwarten?
Mr. Hunter drängte seine Begleitung vorwärts, die mit abgewandtem Gesicht, den Kopf gesenkt, voraneilte, doch vergebens. Es gelang Mrs. Pearson tatsächlich, einen Blick auf die Frau zu werfen. „Oh … das ist ja Miss Beaumont!“, schnurrte sie mit falscher Freundlichkeit. „Wie geht es Ihnen? Und Ihrer Mama? Sie ist mit Ihnen hier, nicht wahr?“
Einen Augenblick fehlten Emily die Worte; sie war wie erstarrt, und nur ein Gedanke beherrschte sie: Sie war hoffnungslos und unwiderruflich kompromittiert. Dann kehrte sie Mrs. Pearson gelassen das Gesicht zu und hielt ihrem widerlich gierigen Blick stand. „Leider nein, Mrs. Pearson“, äußerte sie mit kaum merklichem Beben in der Stimme.
„Oh … ich verstehe.“ Die drei Worte trieften vor Unterstellungen. In süßem Ton und mit kaum verhohlenem Entzücken fügte sie hinzu: „Ich sagte gerade zu Mr. Hunter, dass wir unterwegs nach Guildford zum Festival sind. Sie wollen wohl auch dahin? Oder sind Sie ebenfalls auf dem Weg nach London? Und wenn nicht ihre Eltern … gewiss begleitet Sie doch Ihr Bruder.“ Sie reckte den Hals, als ob sie Tarquin irgendwo in einer Ecke verborgen vermutete. „Natürlich würden Sie nicht allein mit Mr. Hunter reisen… nicht wahr?“
„Miss Beaumont reist in meiner Begleitung“, warf Mark kühl ein und musterte die Frau zynisch. „Viel Spaß beim Festival und guten Abend.“
„Vielen Dank“, sagte Mrs. Pearson breit lächelnd und deutete eine kurze, gespielt achtungsvolle Verneigung an. Eine Weile blieb sie noch nachdenklich stehen, die hageren Züge von einem merkwürdig selbstgefälligen Lächeln verzerrt, und nicht einmal der kalte Wind, der ihr entgegenblies, als das Paar hinausging, konnte sie aus dem Gang vertreiben.
„Sie ist eine boshafte alte Hexe und wird ihre helle Freude daran haben, Gerüchte in die Welt zu setzen.“ Emily schlug die Hände vors Gesicht und jammerte: „Warum nur habe ich mich heute auf diese dumme Geschichte eingelassen? Nun ist alles noch viel schlimmer als vorher!“
Obwohl Mark sich wegen der Dunkelheit sehr auf den Weg konzentrieren musste, nahm er eine Hand von den Zügeln, zog Emily sanft an sich und
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