Nacht der Versuchung
kleines Problem. Wie der Prinz ja bereits weiß, habe ich meine vier Monate alte Nichte nach Zuran mitgebracht, weil ich sie augenblicklich für meine Schwester betreue, und …“
„Das ist überhaupt kein Problem“, versicherte der persönliche Assistent ihr sofort. „Es ist selbstverständlich für eine Kinderkrippe mit bestens ausgebildeten Kindermädchen gesorgt. Und natürlich wird ein Wagen mit Chauffeur Sie und das Baby abholen.“
Mariella hatte auf Einladung verschiedener Auftraggeber bereits einige glamouröse gesellschaftliche Veranstaltungen besucht, darunter eine besonders luxuriöse Reise nach Frankreich zum Hauptrennen der Rennsaison in Longchamps. Das war ein Geschenk von einem begeisterten Klienten gewesen, wofür sie sich wiederum mit einer Überraschungsskizze von seiner vierjährigen Tochter auf ihrem Pony bedankt hatte. Wenn sie sich jetzt erinnerte, wie elegant und exklusiv gerade die Gäste aus dem Nahen Osten damals gekleidet gewesen waren, räumte sie die Notwendigkeit ein, vielleicht noch das eine oder andere Teil einkaufen zu müssen.
Zwei Stunden später genoss Mariella einen Kaffee in dem vornehmen Designer-Einkaufscenter von Zuran und betrachtete zufrieden, aber nicht ohne Gewissensbisse ihre Sammlung von Hochglanz-Einkaufstaschen. Die größte trug allerdings nicht den Namen irgendeines berühmten Designers, sondern das Logo eines exklusiven Babybekleidungsgeschäfts. Mariella hatte sich einfach nicht zwischen zwei niedlichen Ensembles für Fleur entscheiden können und schließlich beide gekauft. Für sich selbst hatte sie es dann bei einigen Accessoires belassen … allerdings sündhaft teuer und betont feminin: ein gewagter Hut, der sicher die Blicke auf sich ziehen würde, irrwitzig hohe, aber absolut unwiderstehliche Sandaletten in dem gleichen Türkisblau wie das Seidenkleid, das sie auf dem Wohltätigkeitsfrühstück anziehen wollte, und eine Handtasche in derselben Farbe, auf der sehr dekorativ mit Perlen und Pailletten ein galoppierendes Pferd gestickt war.
Das Beste aber war, dass sie die ganze Zeit nicht an Xavier gedacht hatte … oder jedenfalls so gut wie gar nicht! Wenn sie an ihn dachte, hatte sie sich lediglich ins Gedächtnis gerufen, was für ein Schuft er war und dass sie einem Moment ganz untypischer Schwäche nachgegeben hatte, was niemals wieder vorkommen würde. Sie würde nie zulassen, dass ein Mann sie verletzte. Nicht umsonst hatte sie das Beispiel ihres Vaters vor Augen, dessen niederträchtiges Verhalten sie daran erinnerte, wie gefährlich es war, sich zu verlieben. Schon gar in einen Mann, der sich derart mies benommen hatte wie Xavier!
Mariella trank ihren Kaffee aus, vergewisserte sich, dass Fleur in ihrem Buggy sicher angeschnallt war, und ging dann zum Taxistand. Es war ein langer Tag gewesen. Restlos aufgewühlt, hatte sie in der vorangegangenen Nacht kaum geschlafen und die meiste Zeit in Xaviers Bett wach gelegen. Und heute früh hatte sie dann die lange Fahrt zurück nach Zuran City hinter sich gebracht, nachdem ihre Stoßgebete erhört worden waren und der Sturm sich verzogen hatte. Auch wenn sie mittags ein kleines Nickerchen gemacht hatte, war es wirklich kein Wunder, dass sie schon gähnte, auch wenn es erst acht Uhr abends war.
Xavier ging ruhelos im Zelt auf und ab. Eigentlich hätte er froh darüber sein sollen, dass die Frau fort und er wieder allein war. Und natürlich würde es ihm keinerlei Gewissensbisse bereiten, Khalid darüber aufzuklären, wie schnell und leicht sie ihre angebliche „Liebe“ zu ihm verraten hatte.
Der seltsame Schmerz, den er, Xavier, immer noch verspürte, bedeutete gar nichts und würde bald verschwunden sein!
Was aber, wenn Khalid nicht auf ihn hören wollte? Was, wenn er trotz allem darauf beharrte, die Beziehung mit dieser Frau fortzusetzen? Wenn Fleur tatsächlich Khalids Tochter war, war es nur recht und billig, dass er auch für ihren Unterhalt sorgte. Xavier versuchte sich vorzustellen, wie er sich fühlen würde, wenn Khalid tatsächlich seine Geliebte und das gemeinsame Kind zu sich nach Zuran holen würde. Wie würde er, Xavier, es verkraften zu wissen, dass Khalid mit ihr unter einem Dach lebte … ein Bett mit ihr teilte?
Wütend ging er nach draußen. In dem Zelt glaubte er immer noch, ihr Parfüm zu riechen … und den Duft von Babypuder! Ja, er würde veranlassen, dass das Bettzeug durch neues ersetzt werden würde, für den Fall, dass ihr Duft daran haftete und ihn an das erinnerte,
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