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Nähte im Fleisch - Horror Factory ; 17

Nähte im Fleisch - Horror Factory ; 17

Titel: Nähte im Fleisch - Horror Factory ; 17 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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wieder nach Hause geschickt worden war. Aber natürlich hatte niemand abgehoben.
    Nun war es Abend, und er war selbst zu Hause, und noch immer besaß er kein Lebenszeichen von seiner Freundin.
    Es gab viele denkbare Erklärungen, warum er Annika nicht erreichte: Sie konnte das Smartphone wieder ausgeschaltet haben (unwahrscheinlich). Ihr Smartphone konnte defekt sein (möglich). Der Gebrauch von Handys und ähnlichen Geräten konnte auf der Station, wo sie lag, verboten sein (gut möglich).
    Warum rief sie dann nicht bei ihm an? Mögliche Antwort: Vielleicht gab es an ihrem Bett kein Patiententelefon, oder das Patiententelefon war defekt. Und sie durfte das Stationstelefon nicht benutzen. Und im Krankenhaus gab es keine öffentlichen Telefone mehr. Und sie fand keinen Mitpatienten, der ihr sein Handy für einen Anruf lieh. Und …
    Wie es aussah, musste viel zusammenkommen, damit Annika am Telefonieren gehindert wurde.
    Für Kai wäre es nun höchste Zeit gewesen, bei der Rezeption des Klinikums anzurufen. Etwas Irrationales, aber ebenso Übermächtiges hinderte wiederum ihn daran, diesen Schritt zu tun.
    Kai beruhigte sich mit dem Gedanken, dass Annika schlicht vergessen hatte zurückzurufen. Vielleicht war sie unterwegs zu allen möglichen Untersuchungen. Oder sie hatte kommunikative Mitpatientinnen und sich zu Frauenthemen festgequasselt.
    Kai sah auf die Armbanduhr.
    Er hatte sich riesig darauf gefreut, zusammen mit Annika die Halloween-Party zu besuchen. Aber jetzt verspürte er überhaupt keine Lust mehr hinzufahren.
    Ihm blieb keine Wahl! Er hatte den Freunden fest versprochen, sich ihnen auch solo auf der Party anzuschließen. Für einen Rückzieher war es zu spät.
    Kai rief das Taxi.
*
    Annika wandte sich um und starrte auf die Fahrstuhltür, die sich ratternd und quietschend hinter ihr geschlossen hatte.
    »Guten Tag! Kann ich Ihnen helfen?«
    Annika fuhr herum.
    Unbemerkt war jemand an sie herangetreten. Die junge Frau war klein, hatte halblange kastanienrote Haare und trug Schwesternkleidung. Wie mit der Pfefferbüchse verstreut, besäten Sommersprossen ihre Wangen und die zierliche Nase. Die Krankenpflegerin hatte freundliche blaue Augen und lächelte Annika hilfsbereit an.
    »Hallo! Mein Name ist Brohkamp«, stellte Annika sich vor. »Ich soll mich hier auf Station melden.«
    »Annika, richtig? Annika Brohkamp! Ich bin Schwester Nanita«, erwiderte die junge Frau. »Wir erwarten Sie schon!«
    Annika blickte den Stationsflur entlang. Die lindgrünen Wände besaßen keinerlei auflockernden Bilderschmuck. Keimfreie Hydrokulturpflanzen, die so oft in Krankenhäusern ihr Dasein fristeten, fehlten. Noch nicht einmal ein Rollwagen stand irgendwo herum.
    Alles war still. Kein Mensch war zu sehen.
    »Kommen Sie mit«, lud Schwester Nanita sie ein. »Ich zeige Ihnen Ihr Zimmer.«
    Sie gingen an der Glasfront des ausgestorbenen Schwesternzimmers, an der leeren Teeküche und an der verwaisten Patienten-Sitzecke vorbei. Die Türen der Krankenzimmer waren geschlossen. Vor Zimmer Nummer 11 blieb Schwester Nanita stehen.
    Sie hielt Annika die Tür auf. »Glückwunsch! Sie kriegen sogar ein Zweibettzimmer!«
    Annika trat ein.
    Das Zimmer war dunkel. Das heißt, zwei Deckenleuchten brannten, aber der Vorhang war geschlossen und ließ nicht den kleinsten Sonnenstrahl durch.
    Annika wunderte sich. Der Stoffvorhang konnte nicht vollkommen lichtdicht sein. Wahrscheinlich verbarg er eine herabgelassene Jalousie. War ihre Mitpatientin vielleicht sonnenempfindlich?
    Aber die beiden Betten, die nebeneinander vor der Wand standen, waren unbelegt.
    »Dort ist Ihr Bett«, sagte Schwester Nanita und wies auf das Bett an der Fensterseite. »Und hier können Sie Ihre Sachen unterbringen.« Sie zog die Tür eines schmalen Spindes auf. Viel Platz bot er nicht. Aber Annika sollte ja nur wenige Tage hier verbringen und war mit leichtem Gepäck angereist.
    »Hier ist die Toilette«, erklärte Schwester Nanita und ließ Annika einen Blick in den engen Raum werfen, der nach einem scharfen Putzmittel roch und beruhigend sauber, ja steril wirkte.
    Sie zeigte Annika die Waschecke. Annika sah keinen Becher, keine Kulturtasche. An den Haken hingen Waschlappen und Handtücher, aber die waren frisch und trugen den Aufdruck der Klinik.
    Umso besser. Offenbar hatte sie das Zimmer für sich allein.
    Doch diese Hoffnung trog. »Ihre Zimmergefährtin, Frau Ircher«, sagte die Schwester mit Blick auf das zweite Bett. »Sie schläft viel.«
    Erst jetzt

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