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Nahkampf der Giganten

Nahkampf der Giganten

Titel: Nahkampf der Giganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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festgeklemmt zu sein. In den acht langen Tagen seit Gibraltar war die
Hyperion
nur mühselig und langsam vorangekommen und hatte knapp einen Durchschnitt von drei Knoten halten können. Zweimal hatten sie sogar in Flaute festgelegen. Seit dem Ankerlichten hatten sie alles in allem nur 520 Meilenzurückgelegt.
    Aber als er in das helle Sonnenlicht hinaustrat, konnte er den Unterschied nicht nur sehen, sondern auch fühlen. Vor ein paar Minuten war ein Midshipman atemlos in die Kajüte gerannt gekommen und hatte gemeldet, daß die schwache Brise endlich auffrische; und er sah selbst, wie der Wimpel im Masttopp peitschend ausschlug und die neugesetzten Segel sich mit frischen Kräften spannten.
    Quarme drehte sich von der Achterdeckreling zu ihm um und faßte an den Hut. »Ich habe Bramsegel setzen lassen, Sir. Hoffen wir, daß der Wind sich hält.« Er sah überanstrengt aus.
    »Er wird schon, Mr. Quarme.« Bolitho war ohne Rock und Hut. Er fühlte mit einer Art sinnlichem Behagen, wie der Wind sein Hemd aufplusterte und ihm die trockenen Lippen kühlte. »Wir können gleich auch noch die Royals setzen.«
    Er stützte sich mit den Handflächen auf die von der Sonne ausgedörrte Reling und blickte auf das Hauptdeck hinunter. Die sechzehn Kanonen der Steuerbordbatterie waren ausgerannt, und die Geschützbedienungen, nackt bis zum Gürtel, waren beim Exerzieren. Vom unteren Geschützdeck her vernahm er das Quietschen und Rumpeln der Lafetten, als die schweren Vierundzwanzigpfünder es den oberen Geschützen nachtaten. Ohne aufzublicken, sagte er: »Fünfzehn Minuten haben Sie heute für ›Klar Schiff‹ gebraucht – das ist zu lange, Mr. Quarme.«
    »Die Männer sind müde, Sir.« Quarme bemühte sich, das möglichst beiläufig zu sagen. »Aber es ist schon etwas besser geworden, scheint mir.«
    Da das Schiff schon so lange Dienst tat, immer mit der gleichen Besatzung, waren allgemeine Seemannschaft und Segeldrill in Ordnung. Das Segelsetzen und -bergen ging so flott, daß es für einen Binnenländer aussehen mußte, als sei gar nichts dabei. Bolitho wußte aus Erfahrung, daß ein Kriegsschiff beim ersten Auslaufen normalerweise mehr gepreßte, ahnungslose Landratten als ausgebildete Seeleute an Bord hatte; daher war er froh, daß seine Leute schon so lange auf See dienten. Aber ein Linienschiff war keine Fregatte, es brauchte normalerweise nur genug Seemannschaft, um auf Position und am Feind zu bleiben; komplizierte Manöver waren nicht seine Sache. Erst wenn es in Schußposition und zu massiver Feindberührung kam, wenn es bis zum Sieg oder Untergang kämpfen mußte, erwies sich sein wahrer Wert. Und wie Quarmes Meinung darüber auch sein mochte – Bolitho wußte, daß die Geschützausbildung auf der
Hyperion
erschreckend unzulänglich war.
    Tag für Tag hatte er mit den Geschützen jede nur denkbare Lage üben lassen. Von den Hauptbatterien bis zu den kurzrohrigen Karronaden, von den Zwölfpfündern des Achterdecks bis zu den Musketen der Seesoldaten hatte er Waffen und Männer schonungslos durchgearbeitet. Wenn dabei, wie Quarme behauptete, Verbesserungen erzielt worden waren, so befriedigten sie ihn keineswegs.
    Schließlich sagte er: »Wir nehmen die Steuerbordbatterie nochmals vor. Sagen Sie es durch!«
    Er ging nach Lee hinüber, während Quarme seinen Befehl über das Hauptdeck brüllte. Da das Schiff auf Backbordbug segelte und in der frischen Brise heftig krängte, mußten die Geschütze gegen die Schräglage des Decks in Position gebracht werden, ehe man mit dem eigentlichen Exerzieren anfangen konnte; und Bolitho bemerkte, wie einige Matrosen, die im Moment nicht so viel zu tun hatten, einen Augenblick Pause machten und zusahen.
    Da war zum Beispiel Buckle, der grauhaarige Segelmacher, der mit seinen Leuten auf Deck hockte und die letzte Partie der schweren Schlechtwettersegel, die sie vor Brest gebraucht hatten, reparierte. Die Nadeln in den ledergeschützten Fäusten ruhten, die Männer hatten sich umgedreht und starrten hinüber. Sogar Gossett, der Master, in dessen riesiger Hand ein Sextant blinkte, hielt bei der geduldigen Belehrung inne, die er zwei Interesse heuchelnden Midshipmen erteilte, und runzelte die Stirn, als Leutnant Rookes Stimme über das Deck schallte: »Also aufgepaßt jetzt! Geschütze innenbords und klar zum Laden!« Er stand auf dem SteuerbordDecksgang, der oberhalb der Batterie entlanglief und das Achterdeck mit der Back verband. Wütend starrte er auf seine Männer hinunter, das

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