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Nahkampf der Giganten

Nahkampf der Giganten

Titel: Nahkampf der Giganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Gesicht fleckig vor Hitze und Ungeduld. »Der nächste, der einen Rammstock fallen läßt oder über seine eigenen Füße stolpert, tanzt an der Gräting!« Er zog seine Uhr aus der Tasche.
    »Jetzt!«
    Grunzend vor Anstrengung, auf den sandbestreuten Planken ausrutschend, warfen sich die Männer an die Geschütze; der Schweiß rann in glänzenden Bahnen über ihre Rücken, als sie die langen Rohre aus den offenen Stückpforten bis zum Anschlag der Gleitschienen zurückholten.
    In den letzten acht Tagen hatte Bolitho ein wachsames Auge auf Rooke gehabt. Er schien seinen Dienst recht ordentlich zu versehen, hatte aber eine unangenehme Art und verlor leicht die Ruhe. Gestern erst hatte Bolitho einen Wettkampf zwischen den beiden Batterien des Hauptdecks arrangiert, und Backbord hatte mit drei Minuten Vorsprung gewonnen. Rooke war fast aus der Haut gefahren. Jetzt, als seine Männer über ihren Geschützen hockten, konnte Bolitho die Spannung direkt körperlich spüren.
    »Laden!« brüllte Rooke. Ein wildes Durcheinander. Schimpfend trieb jeder Stückführer seine Männer an, die Übungskartuschen in die Mündungen stießen und das Laden mit Kugeln markierten, während andere, die Zugleinen in den Fäusten, darauf warteten, die Geschütze durch die offenen Stückpforten auszurennen.
    »Besser diesmal, Sir«, murmelte Quarme. Bolitho sagte nichts dazu. Aber es hatte deutlich besser geklappt, trotz des Übereifers bei manchen jüngeren Matrosen. Er sah, wie Rooke an die Reling trat, als wolle er seine Leute noch mehr antreiben – er mußte ja wissen, daß sein Kommandant auf dem Achterdeck war.
    »Ausrennen!« brüllte Rocke. Gehorsam quietschten die Lafetten über die zerfurchten Planken, fieberhaft stürzte jeder Stückführer vor, um den Entlüftungsstutzen zu verschrauben – da: ein scharfes Klirren und Klappern, die drei vordersten Schützen fielen lang hin. Alle anderen Stückführer hielten die Rechte hoch, nur beim ersten Geschütz herrschte totales Durcheinander.
    »Was, zum Deibel!« kreischte Rooke. »Was ist das für eine blutiggottverdammte Sauerei?«
    Auf dem Oberdeck grinsten ein paar Zuschauer unverhohlen, und als Bolitho sich umdrehte, sah er, wie der Wachoffizier, Leutnant Fowler, auf seine Füße starrte und sich das Taschentuch auf den Mund preßte.
    Mit langen Schritten kam Rooke den Decksgang entlang, bis er direkt über dem Geschütz stand, das versagt hatte. »Bell, dafür will ich deine Rückenwirbel sehen! Ich lasse dich peitschen, bis…«
    Der Stückführer starrte zu ihm hinauf und hob hilflos die Hände.
    »War ich doch gar nich’, Sir! War der junge Herr da!« Er zeigte auf Midshipman Seton, der sich eben zwischen zwei noch benommenen Matrosen hochrappelte. »Der is’ über sein’ Dolch gestolpert, Sir, und die ändern beiden sind über ihn gefallen!«
    »Halt den Mund!« Rooke schien zu merken, daß aller Augen auf ihn gerichtet waren. Etwas leiser fragte er: »Und was haben Sie diesmal angestellt,
Mister Seton

    Der Junge hob seinen Hut auf und sah sich um wie ein Tier in der Falle. »Sir, ich… Ich…« Es dauerte ein paar Sekunden, bis er die Sprache wiederfand. »Ich wollte an der Zugleine mit anfassen, Sir.«
    »Ach, tatsächlich?« Rooke sprach jetzt ganz leise. Er fuhr sich mit der Hand über den Mund. »Stehen Sie nicht da wie ein sabberndes altes Weib! Reißen Sie sich gefälligst zusammen, wenn ich mit Ihnen spreche!«
    Bolitho wandte sich ab. Es war ihm unerträglich, Seton so leiden zu sehen, doch jede Einmischung hätte jetzt nur Rookes Autorität bei den Leuten untergraben.
    Aber Rooke hatte noch nicht genug. Mit lauter Stimme fragte er: »Warum, in Gottes Namen, haben Ihre Eltern Sie bloß zur See geschickt, Mr. Seton? Es muß doch auch andere Berufe geben, wo Sie Schaden anrichten können!« Ein paar Matrosen lachten, und dann antwortete Seton heiser: »I… Ich habe keine, Sir. M… Meine Eltern sind…« Er konnte nicht weitersprechen.
    Die Hände in die Hüften gestemmt, starrte Rooke verächtlich auf ihn hinunter. »Keinen Vater, keine Mutter, Mr. Seton? Da müssen Sie ja ein noch schäbigerer Bastard sein, als ich dachte!«
    Bolitho fuhr herum. »Mr. Quarme, lassen Sie die Geschütze sichern und die Bedienungen wegtreten.« Er warf einen raschen Blick nach oben. »Der Wind hält sich. Sie können jetzt die Royals setzen.« Er wartete, bis die Bootsmannspfeifen den Befehl weitergegeben hatten und die Männer in dichtem Schwärm die Jakobsleitern aufenterten.

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