Nele im Zeltlager
Kinderparadies? Darf so ein Zwerg überhaupt schon alleine mit dem Zug fahren?«
Nele schleuderte ein Kissen in seine Richtung. »Blödmann! Tanne und Lukas kommen doch auch mit. Und wir müssen nicht mal umsteigen«, fauchte sie ihn an. »Ist sicher lustiger, als kiloweise Popcorn zu mampfen und mit der Zahnspange zu knutschen. Voll eklig das.« Davids Freundin Maja hatte eine Zahnspange mit bunten Glitzersteinchen. Ganz heimlich fand Nele diese Zahnspange ziemlich cool. Aber das hätte sie niemals zugegeben. Schon gar nicht jetzt.
Zu ihrer Überraschung blieb David ganz entspannt. »Komm mal klar«, sagte er lässig. »Ich vergebe dir. Das ist sicher der Abschiedsschmerz. Dann werden Mädchen immer besonders zickig. Aber als großer Bruder stehe ich da voll drüber.«
Nele starrte ihn verblüfft an. Was war nur plötzlich mit ihm los? Sonst hätte David sich schon längst auf sie gestürzt und in den Schwitzkasten genommen.
»Hier«, sagte er und holte die kleine Digitalkamera aus seiner Hosentasche, die er von Tante Adelheid zum Geburtstag bekommen hatte. »Wenn du willst, leihe ich sie dir. Aber wenn du sie im See versenkst, schicke ich dich gleich hinterher.«
Nele begann über das ganze Gesicht zu strahlen. »Wie? Jetzt im Ernst? Das ist ja total cool.« Sie sprang auf und drückte ihm einen stürmischen Kuss auf die Wange.
David verzog das Gesicht, als ob er Schmerzen hätte, und wischte sich mit dem Handrücken übertrieben die Wange trocken. »Tschüss, du verrückter Zwerg«, sagte er grinsend und flüchtete sich aus Neles Zimmer.
»… und auch tschüss«, kicherte Nele und verstaute die Digitalkamera glücklich in ihrem Rucksack. Ganz, ganz selten hatte sie ihren großen Bruder wirklich zum Fressen gern.
Das vierte Kapitel
Beginnt ziemlich früh am Morgenstellt fest, dass Mütter nicht alles wissen müssenlässt Nele Abenteurerluft schnuppernund endet mit einem gigantischen
Bauchkribbeln!
An diesem besonderen Morgen wachte Nele mit dem ersten Sonnenstrahl auf. Lange bevor ihr Wecker klingelte, hüpfte sie fröhlich in die Küche.
»Heute fahre ich ins Zeltlager! Jubilee!«, brüllte sie. Nanu. Sie guckte sich verwundert um. Noch gar keiner auf. Nicht einmal Großtante Adelheid. Schlafmützen!
Sie rührte sich ganz alleine ihren Kakao an und schmierte sich zwei Brote mit fingerdick Erdbeermarmelade. Schließlich sollte man nie mit leerem Magen auf Weltreise gehen. Das hatte sie von Adelheid gelernt. Komischerweise hatte sie kein bisschen Angst davor, ganz ohne Erwachsene mit dem Zug zu fahren. Im Gegenteil. Sie freute sich riesig darauf.
Nachdem sie ihr Frühstück bis auf den letzten Krümel verdrückt hatte, machte sie Katzenwäsche und zog sich in Windeseile an. Danach schleppte sie ihren Koffer die vielen Treppen hinunter bis vor die Haustür und schaute prüfend in den Himmel. Super Reisewetter! Kein Wölkchen weit und breit.
Jetzt musste sie nur noch ihre Familie auf Trab bringen. »Papa! Mama! Aufstehen! Wann fahren wir zum Bahnhof?« Sie stürmte ins Schlafzimmer ihrer Eltern und zog ihnen die Bettdecke weg. Ihre Mutter quietschte vor Schreck laut auf. Nele kicherte. Das hörte sich täuschend an wie Plemplem. Vielleicht stimmte es ja wirklich, dass Menschen und Haustiere sich mit der Zeit immer ähnlicher wurden.
»Erst mal Kaffee«, sagte Herr Winter und streckte sich gähnend. »Wir haben noch eine halbe Ewigkeit Zeit, bis der Zug abfährt.«
Wenig später saß Herr Winter gemütlich in der Küche, schlürfte Milchkaffee aus seinem Becher und las die Morgenzeitung Buchstabe für Buchstabe. Dummerweise war sie heute besonders dick. Jedenfalls kam es Nele so vor.
»Bist du bald fertig, Papa?«, fragte Nele und wackelte ungeduldig mit ihren Zehen in den neuen roten Sandalen hin und her.
»Jetzt drängle doch nicht so, Nele«, beschwerte sich Frau Winter, die gerade frisch geduscht aus dem Badezimmer kam. Ihre Haare waren noch ganz nass.
»Als Weltenbummlerin kann man nie zu früh dran sein«, widersprach Nele.
»Sagt Tante Adelheid auch. Wo bleibt sie überhaupt? Sie ist doch sonst immer als Erste aus den Federn.«
»Schon zur Stelle!«, rief ihre Großtante vergnügt. »Ich war mit Sammy ein wenig frische Luft schnappen. Das Wetter heute ist herrlich. So richtiges Weltenbummler-Wetter. Tee getrunken habe ich auch schon. Von mir aus können wir starten. Sammy und Plemplem bewachen deinen Koffer vor der Tür wie eine Schatztruhe.«
Nele strahlte. Na bitte. Wenigstens auf
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