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Nele Paul - Roman

Titel: Nele Paul - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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Ausland verfrachtet hätte. Während ich versuchte, die korrekte Adresse in Erfahrung zu bringen, blinkten die Lichter erneut, und Rokko nahm notgedrungen einen Notruf auf der zweiten Leitung entgegen. Ich schickte einen Streifenwagen losund lauschte mit einem Ohr, wie Rokko seinen Anrufer mit Paragraf 1 45 zusammenstauchte. Er beendete das Gespräch, schwang sich auf seinem Stuhl herum und grinste mich an.
    »Bingo!«
    »Lass hören.«
    Er musste einen Augenblick warten, weil die Lichterkette wieder blinkte. Unfall auf dem Zubringer. Ein Verletzter. Ich schickte Streife und Rettungswagen los und wendete mich Rokko zu, der die Aufzeichnung laufen ließ. Eine weibliche Stimme wünschte ihm einen guten Tag und sagte, dass ihr Handy soeben in die Badewanne gefallen sei und sie nur sehen wollte, ob es noch funktionierte. Rokkos Entgegnung, dass sie gleich herausfinden würde, wie eine Strafanzeige funktioniert, kannte ich schon. Die Frau fing an zu stottern, entschuldigte sich kleinlaut und versprach ihm, so was nie wieder zu tun. Zum Schluss flehte sie ihn förmlich an, keine Anzeige zu erstatten. Er sampelte den Anruf in unserem Best-of-Ordner. Eigentlich waren Notrufe vertraulich und sollten nach sechs Monaten aus Datenschutzgründen gelöscht werden, aber wir archivierten die schrägsten Anrufe und brannten zu Weihnachten Best-of-CDs, die wir im Revier verschenkten. Eine Aktion, die super ankam. Mittlerweile kamen schon im August die ersten Anfragen.
    »Hör dir das an … « Rokko klopfte mit einem Fingernagel gegen den Bildschirm. »Schöne, kluge Frau, 37, alleinerziehend mit vierjährigem Sohn, voll berufstätig. Happy, aber irgendwie einsam. Es muss doch da draußen noch … hm … vergiss es.«
    Ich hob die Augenbrauen.
    »Bauch und Bart?«
    »Nee, der Typ soll klug sein.«
    »Immerhin bin ich klug genug, keine Kontaktannoncen zu lesen, wenn ich liiert bin.«
    »Aber doof genug, keine zu lesen, wenn du Single bist.« Erverzog das Gesicht. »Mann, Dicker, ich bin in einer Beziehung und hab mehr Sex als du. Du bist ’ne echte Schande für alle Singles.«
    Wenn man nicht mit seinen Eroberungen prahlte, hatte man in Rokkos Welt keinen Sex. Für einen Augenblick überlegte ich, ihm von letzter Nacht zu erzählen, aber ich war nicht stolz darauf, mit Simone nach Hause gegangen zu sein. Als ich noch Streife gefahren war, hatte ich ihren Mann zweimal wegen kleinerer Dealereien drangekriegt. Jetzt, wo er länger im Gefängnis saß, fühlte sie sich einsam und tat manchmal was dagegen. Vielleicht war es okay, dass sie das tat. Vielleicht war es aber nicht okay, dass ich mit Frauen schlief, deren Männer ich zuvor verhaftet hatte. Vielleicht würde ich bald den Ehemännern attraktiver Frauen gefälschte Beweise unterjubeln.
    Die Lichterkette blinkte, und ich beruhigte eine alte Frau, deren Katze sich in Luft aufgelöst hatte. Unter freundlicher Anleitung stellte die alte Dame den brüllend lauten Fernseher ab, und in der folgenden Stille hörte sogar ich das klägliche Maunzen einer eingesperrten Katze. Die alte Frau fand das Tier im Schrank, legte den Hörer weg und vergaß mich auf der Stelle. Ich hörte eine Zeit lang zu, wie sie sich freute, dass Maxi wieder da war, und sie sanft ermahnte, so etwas ja nie wieder zu machen. Schließlich wünschte ich dem Hörer einen schönen Tag, legte auf und bekam Kopfschmerzen. Das Büro war eine Sauna, und wir hatten immer noch keine Klimaanlage, ein Zustand, den Rokko als die wahre Klimakatastrophe bezeichnete. Der Antrag war vor zwei Jahren bei der Zentralverwaltung eingereicht worden, doch seitdem hatte keiner was gehört. Alles, was man tun konnte, war flach zu atmen und sich gelegentlich kalte Tücher in den Nacken zu legen.
    Ich las den Artikel über die Probleme moderner Großstadtfrauen zu Ende und hoffte, ich würde in den Genuss kommen, meine neu gewonnenen Erkenntnisseirgendwann am lebenden Objekt anzuwenden, als die Lichterkette wieder blinkte. Rokko machte keine Anstalten, sich zu bewegen, doch ich starrte so lange in mein Magazin, bis er ranging und den Namen meiner Mutter sagte. Mein Puls hüpfte. Mein Bauch wurde hart. So musste der Anruf damals reingekommen sein. Autounfall. Eine Schwerverletzte. Der Name meiner Mutter.
    Rokko verabschiedete sich artig und legte mir den Anruf rüber. Ich nahm das Gespräch an.
    »Polizeinotruf«, sagte ich streng.
    »Hallo, mein Schatz.«
    »Ist das ein Notruf ?«
    »Wenn du nachher was essen willst, ja. Es waren wieder Kaninchen

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