Neobooks - Das Leben in meinem Sinn
schenkt mir ein mitfühlendes Lächeln und streckt sich dann auf die Zehenspitzen hoch, um mir einen Kuss auf die Wange zu hauchen.
»Alles wird gut, Schatz.«
»Wenn du es sagst.«
Wir sind gute Freunde geworden, Sarah und ich. Bereitwillig reiche ich ihr meine Hand, als ich spüre, dass sie danach tastet. Und wirklich, nun geht es mir besser. Als hätte Sarah mit ihrer Berührung eine Last von mir genommen. Sie lehnt ihren Kopf an meine Schulter, und ich atme tief durch. Inhaliere dankbar ihren frischen Duft, der den stickig gummiartigen Geruch des Gangs verdrängt.
»Ich hasse Interviews, weißt du? Und Pressekonferenzen besonders«, erkläre ich ihr vertrauensvoll.
»Ach wirklich? Merkt man gar nicht«, erwidert eine Bass-Stimme hinter uns. John hat sich bisher so still verhalten, dass ich seine Anwesenheit beinahe vergessen hatte. Nun haut er mir – über Sarahs Kopf hinweg – mit seiner riesigen Pranke zwischen die Schulterblätter und lacht. Als ich mich ihm zuwende, wundert es mich nicht im Geringsten, dass seine Zähne selbst in diesen miserablen Lichtverhältnissen noch weiß aufblitzten.
»Keine Sorge, Kleiner! Wird schon werden. Überlass das Reden einfach … ach, egal wem von uns. Hauptsache du bist still!«
»John!«, empört sich Sarah. »Lass ihn in Ruhe! Er hat Lampenfieber, verdammt!«
Ich schweige. Im Grunde habe ich nichts gegen Johns Vorschlag einzuwenden. Sollen Sarah und er doch die Fragen des Publikums und der Presse beantworten. Mit Sarahs Charme und Johns spritziger Spontaneität kann ich sowieso nicht mithalten. Wie gerne würde ich erst nach der öffentlichen Pressekonferenz hinzustoßen, wenn die erste Folge der Serie auf der großen Leinwand gezeigt wird. Diesen Part der Veranstaltung fürchte ich nicht.
»Ehe du dich versiehst, wird es schon vorbei sein«, flüstert Sarah und sieht mir dabei fest in die Augen. Nur einen tiefen Atemzug später öffnet sich erneut die Tür. Sarah löst ihre Hand aus meinem Griff, nickt mir noch einmal aufmunternd zu und gibt mir dann einen leichten Klaps auf den Hintern. Wie einem unwilligen Pferd, das man mit einem Stromschlag aus seiner Box herausjagt.
Ich stolpere durch die geöffnete Tür, winke dem kreischenden Publikum zu und schreite mit steifen Schritten zu meinem Platz.
»Meine Damen und Herren, in der Rolle der
Lea
die überaus bezaubernde Sarah Pace!«, ruft Randy in sein Mikro. Wieder öffnet sich die Tür und eine strahlende, wirklich überaus bezaubernde Sarah Pace betritt den großen Saal. Nun, gemeinsam mit dem Publikum, sehe auch ich sie zum ersten Mal an diesem Abend in dem Glanz der Scheinwerfer, den sie auf sich zu ziehen scheint.
Sie trägt ihre Haare hochgesteckt; lange, silberne Ohrringe und ein passendes Collier unterstreichen die Eleganz ihres langen weinroten Kleides. Sarah hebt es ein wenig an und erklimmt – trotz enormer Absätze – leichten Fußes die Stufen zu ihrem Platz. Sie ist eindeutig die Diva des Abends, wirft dem tobenden Publikum Kusshände zu und winkt mit einem gewinnenden Lächeln in das Blitzlichtgewitter der Fotokameras. Sarah ist ein absoluter Profi. Bei ihrem Anblick fühle ich mich schlagartig underdressed.
Noch bevor sie ihren Platz erreicht hat, fällt die Starre von mir. Schnell erhebe ich mich und ziehe ihren Stuhl zurück. Sarah lächelt mich an und sucht, sobald ich mich wieder hingesetzt habe, unter dem Tisch nach meiner Hand.
Ich bin hier!
Die Botschaft ihrer Geste kommt so klar bei mir an, als hätte sie die Worte tatsächlich ausgesprochen. Ja, sie sitzt direkt neben mir. Routiniert, schlagfertig und wortgewandt. Selbst wenn ich ins Schwanken komme – mit einem Profi wie Sarah an meiner Seite kann mir nichts passieren.
Mittlerweile hat sich auch John zu uns gesellt. Randy beginnt, einzelne Reporter, die sich per Handzeichen melden, aufzurufen. Ein stämmiger Mann mit geschäftiger Miene im weinroten Anzug bekommt das Mikrofon als Erster. Er räuspert sich.
»Martin Smith, vom Magazin
›Time to talk‹,
hallo. Aus unseren Informationen geht hervor, dass sich in der Serie eine Liebesromanze zwischen einem Engel und einer Normalsterblichen anbahnt. Können Sie uns mehr darüber erzählen?«
Randy wendet sich uns zu und sieht – natürlich –
mich
herausfordernd an. Wir sind im Vorfeld einige Fragen durchgegangen, und diese gehörte dazu. Ich nicke – bereit fühle ich mich nicht.
»Ähm, ja. Also, guten Abend erst einmal. Ich freue mich sehr, hier zu sein.«
Gott, du bist
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