Neobooks - Das Leben in meinem Sinn
Herzschlag setzt einmal aus und stolpert dann unregelmäßig. Ihre Arme umschließen meinen Rücken noch enger als zuvor, bevor sich ihre Finger erneut in meinen Haaren vergraben.
»Und, was findest du?«, frage ich mit zittriger Stimme. Es verstreichen weitere stille Sekunden, in denen Sarah tatsächlich tief in sich hineinzuhören scheint.
»Nichts!«, sagt sie endlich.
Ich schließe die Augen und atme die Luft, von der ich nicht einmal wusste, dass ich sie angehalten hatte, aus.
»Außer deinem Duft und der Wärme deiner Haut«, fügt Sarah hinzu. »Nichts, außer deinen Lippen an meinem Hals.« Dann drückt sie ihre Hände gegen meine Schultern.
Ich weiche zurück, sehe sie an.
»Nichts, außer dir!«, versichert sie mir mit einem tiefen, ernsten Blick.
»Wo ist Daniel?«, frage ich zögerlich.
»Weit weg! … In jeder Hinsicht!«, antwortet sie und zieht mich erneut zurück an ihren Hals. Als ich ihr Lächeln an meinem Schlüsselbein spüre, drehe ich mich zur Seite, umfasse ihre Taille und ziehe sie mit mir. Ich neige meinen Kopf, um ihr in die Augen sehen zu können. Sie ist so viel kleiner als ich. »Was?«, frage ich.
Sarah kichert und streicht eine ihrer Haarsträhnen aus meiner Stirn. »Randy werden die Augen aus dem Kopf fallen.«
Ein Lächeln erobert mein Gesicht. Sie sieht … tatsächlich glücklich aus.
»Du meinst, du und ich …?«
»Wir schocken das Set!«, erklärt sie glucksend, mit Augen, die selbst im Halbdunkel des Raums noch aufblitzen.
»Du strahlst ja!«, stelle ich fest und gebe glücklich nach, als Sarah mich erneut über sich zieht.
Ihr Atem geht ruhig und gleichmäßig, ihre Mundwinkel zucken, zucken noch einmal und dann, endlich, lächelt sie im Schlaf. Ich betrachte ihr Gesicht so lange, bis ihre Lippen vibrieren und mir bewusst wird, dass sie fröstelt.
Als ich die Bettdecke über ihr zurechtzupfe, fällt mein Blick für einen winzigen Moment auf meinen Wecker.
›Zack‹,
genau in dieser Sekunde schlägt die Anzeige um. 01:27 Uhr.
Ich knipse das Licht aus, schließe meinen Arm um Sarahs Mitte und grinse in die Dunkelheit.
Das letzte Mal, als mein Wecker exakt diese Uhrzeit zeigte, hatte ich aufrecht in meinem Bett gesessen. Mit Panik im Blick, dem Handy in meiner Hand und Randys aufgeregter Stimme am Ohr.
Unvermittelt erklingt eine alte Melodie in meinem Kopf:
›What a difference a day made, twenty-four little hours …‹
Und mit dieser imaginären Melodie im Ohr schlafe auch ich ein.
Irgendetwas zupft an mir. Ich höre leises Vogelzwitschern, fühle, dass ich angesehen werde, spüre einen sanften Luftzug …
Sarahs Atem
… und bin dennoch nicht bereit, die Augen zu öffnen.
Die Nacht soll nicht vorbei sein. Noch nicht!
Als ich mich endlich ergebe und unter einem leisen Seufzen einen ersten Blick wage, ist das Grün ihrer Augen nur Zentimeter entfernt.
Sarah kniet, in eine Decke gehüllt, vor meinem Bett und sieht mich an.
Nein, eigentlich sieht sie durch mich hindurch.
Erst, als ich meine Hand ausstrecke und ihr sanft über die Wange streiche, schrickt sie zusammen und ist mit einem Blinzeln wieder hier … bei mir.
»Alles klar?«, frage ich leise, die Zunge noch schwer vom Schlaf. »Du siehst aus, als hättest du einen bösen Geist gesehen.«
Sarah lächelt milde und schüttelt den Kopf. »Nein, alles ist gut. Ich gehe nur in mein Zimmer zurück, damit …«
Ich nicke. »Josie.«
»Ja … und Alberta. Wir sollten es sehr langsam angehen lassen, denke ich.«
»Hm, langsam klingt gut«, flüstere ich und recke mein Kinn für einen Kuss. Nach dieser Nacht überhaupt noch von
langsam
zu sprechen, erscheint mir mehr als nur ironisch, aber natürlich weiß ich, was Sarah meint. Sie will ihre kleine Tochter nicht überfordern.
Ich beobachte, wie sich Sarah erhebt, die Decke fallen lässt und ihr Nachthemd ebenso anmutig überzieht, wie sie es in der Nacht abgestreift hat. Bewunderung macht sich in mir breit.
Vor wenigen Stunden noch war sie einfach nur
Frau
in meinen Armen gewesen. Doch nun, da die ersten Sonnenstrahlen durch die dürftigen Vorhänge dringen und sich Sarah ihrer Verantwortung besonnen hat, ist sie wieder Josies fürsorgliche Mutter. Ich liebe beide Seiten an ihr gleichermaßen.
Sie beugt sich zu mir herab und küsst mich noch einmal auf den Mund.
Die sanfte Berührung ihrer Lippen gleicht der, die diese unglaubliche Nacht eingeläutet hat. Doch dieses Mal liegt nichts Elektrisierendes in der Luft.
Ihr Kuss ist liebevoll, zart
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