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Neobooks - Das Leben in meinem Sinn

Neobooks - Das Leben in meinem Sinn

Titel: Neobooks - Das Leben in meinem Sinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Ernst
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und wieder völlig unschuldig. 
    »Hallo, Ben!«
    Ich schnelle hoch, aus tiefem Schlaf gerissen, und blicke schon wieder direkt in ein Gesicht mit großen grünen Augen und unzähligen Sommersprossen um die Nase. Doch dieses Gesicht ist kleiner, runder und … offenbar auf der Hut vor irgendetwas. Nach dem ersten Schrecken erinnere ich mich vage daran, meinen Pyjama wieder angezogen zu haben, nachdem Sarah mein Zimmer verlassen hatte.
    »Josie! Guten Morgen!«
    Schon ist sie auf mein Bett geklettert und kriecht mit ihren kleinen nackten Füßen voran unter meine Bettdecke. Wieder so eine unschuldige und selbstverständliche Geste, die mich kurz verwirrt. Doch dieses Mal fasse ich mich bedeutend schneller.
    »Psst! Ich verstecke mich vor Alberta«, erklärt Josie. »Die will mir immer so blöde Zöpfe machen. Aber ich will die überhaupt nicht.«
    »Na, dann komm her, ich helfe dir.« Ich ziehe die Bettdecke über ihren Lockenkopf. Kurz darauf schlufft Alberta über den Flur. »Josie Marie Pace, wo steckste du, eh? Komme soforte zu Nana, Zopfe macke«, ruft sie mit unterdrückter Stimmgewalt.
    Ich schnalze mit der Zunge. Auf Albertas Blick hin winke ich sie durch die offene Tür zu mir herein und deute mit einem Zwinkern auf die große kichernde Wölbung unter meiner Bettdecke. »Suchst du Josie, Alberta?«, frage ich mit aufgesetzter Unschuldsmiene.
    »Ja, iste nirgendewo zu finden, die fresche Mädsche.« Alberta zwinkert zurück, streift die verräterischen Sandalen von ihren Füßen und schleicht auf Zehenspitzen zu meinem Bett. Die Hände wie zwei Pranken einer Raubkatze zum Angriff erhoben, nickt sie mir zu. Ich ziehe die Decke zurück, stürze mich, gemeinsam mit Alberta, auf die Kleine und kitzele sie durch. Josie quietscht, lacht und schreit …

[home]
    Sarah erzählt.
    I ch schnelle hoch, aus tiefem Schlaf gerissen, und starre in mein eigenes Gesicht. Der große Spiegel an der gegenüberliegenden Wand reflektiert meinen Schock.
Josie! Sie weint!
    Panik durchfährt mich, schon bin ich auf den Beinen.
    Doch nein! Josie weint ja gar nicht, sie lacht höchstens Tränen.
    Ich lausche noch einen Moment, dann bin ich mir sicher. Josie geht es blendend. Dem Kreischen und Lachen meiner Tochter folgend, verlasse ich das urgemütlich eingerichtete Gästezimmer, durchquere den Wohnraum und schleiche über den schmalen Flur zu Bens Schlafzimmer. Neugierig schaue ich um die halb geöffnete Tür.
    Meine Tochter liegt rücklings auf dem Bett und windet sich unter Bens großen Händen. Der liegt neben ihr, halb über sie gebeugt, und kitzelt ihre Seiten. Alberta hält einen von Josies Füßen und nagt an der kleinen Sohle herum.
    Ich beobachte das Treiben unbemerkt. Verstehe zunächst nicht, warum, aber mit einem Mal ist es mir, als läge eine Schlaufe um mein Herz, die sich mit jeder Sekunde, in der ich die Szene vor mir beobachte, weiter zuzieht.
    Dann wird mir bewusst, was mich stört: Es sind die falschen drei, die hier miteinander tollen. Ben hat quasi über Nacht den Platz eingenommen, den Daniel schon lange nicht mehr besetzt hatte.
    Alberta ist so viel mehr als bloß Josies Nanny, und ich habe immer darauf gehofft, Daniel würde das irgendwann erkennen. Doch diese Erkenntnis blieb aus. Zwischen Dan und Berta war niemals eine Form von Herzlichkeit entstanden.
    »Alberta, könnten Sie bitte …« und »Selbsteverständeliche, Mister Johnson«, oder so ähnlich. Sie nannte ihn nicht einmal
›Signore Johnson‹
, sondern tatsächlich
›Mister‹.
    Die einzigen Unterhaltungen, die zwischen den beiden stattfanden, verliefen höflich, aber distanziert. Ein Herr und seine Angestellte.
    Und Ben duzt sie jetzt schon.
    Wie sehr habe ich mir immer ein richtiges Familienleben für meine Kinder gewünscht. Ein Familienleben, wie ich es selbst kennengelernt habe, trotz meines berühmten Daddys. Sobald der unser Elternhaus betrat, fungierte er ausschließlich als Vater und Ehemann. Er tollte mit uns Kindern auf dem Fußboden, schleppte uns huckepack durchs Haus und kitzelte uns genauso, wie Ben das nun mit Josie tut. Mein Dad besuchte die Elternabende unserer kleinen Dorfschule und brachte uns zum Arzt, wenn wir krank waren. Das Aufsehen, das er hervorrief, sobald er einen Fuß über die Schwelle nach draußen setzte, spielte er uns gegenüber stets in typisch derber britischer Art herunter.
    »Diese Leute verstehen einfach nicht, dass die Menschen, die sie
›Stars‹
nennen, genauso aufs Klo gehen müssen wie jeder andere

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