Neobooks - Die Zitadelle der Träume
Rhonan, blond und hat blaue Augen, aber nicht so dunkle wie Derea und du, sondern mehr so wie das klare Wasser im Sommersee. Er ist ruhig und stets besonnen. Er hat viel Humor, aber nie würde er solchen Unsinn von sich geben wie sein Bruder hin und wieder. Ich denke, er würde sehr gut zu mir passen, und wenn ich ganz ehrlich bin, hätte ich jetzt auch lieber ihn im Arm und nicht dich. Aber so ist das mit den Männern: Kaum braucht man sie, sind sie nicht da.«
Unwillkürlich pressten sie sich enger aneinander und schluchzten unglücklich.
Das trübe Wasser mit Seetang und bräunlichem Schaum schwappte um sie herum, und ihre Beine waren bereits nahezu taub vor Kälte.
Caitlin sagte sich zum hundertsten oder tausendsten Mal, dass Rhonan irgendeine Möglichkeit finden würde, sie zu retten, weil er immer eine Lösung fand, aber sie wusste auch, dass es zumindest noch Tage dauern würde, bis er überhaupt die Zeit dazu hätte, wenn er die Kalla überlebte … und die Schlacht … und die Schattenkrieger … und Camora. Ihr Mut sank ins Bodenlose, und sie schloss die Augen und dachte an ihn, bis sie ihn vor sich sah. Er kniff die Augen leicht zusammen, atmete tief durch und erklärte mit fester Stimme: »Hab keine Angst, Kleines! Wir schaffen das schon.«
Sie schniefte laut, putzte sich entschlossen die Nase im nassen Ärmel und fragte mit Tränen in den Augen: »Hab ich dir eigentlich schon von den Horkas erzählt?«
»Nein! Ist euch da etwas Grässliches widerfahren?«
»Etwas ganz Grässliches!«
»Wunderbar! Ich spüre schon, wie mir wieder wärmer wird. Erzähl!« Hylia zog ihre Freundin enger an sich und schluckte unwillkürlich schwer. Das Wasser war eiskalt, aber Caitlin war unnatürlich heiß.
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24. Kapitel
Von Westen her wogte ein täglich größer werdendes Heer auf das Feld der Träume zu, und immer neue Verbände stießen dazu. Fahnen und Banner der unterschiedlichsten Fürstentümer flatterten im warmen Sommerwind. Aus Städten und Dörfern in der Umgebung wurden in großen Wagen Nahrungsmittel gebracht. Viele Höfler schlachteten ihr letztes Vieh, um die Krieger, die in ihre letzte Schlacht zogen, zu versorgen. Segenswünsche, dankbarer und trostspendender Jubel begleiteten die Männer, wann immer sie an Siedlungen vorbeizogen.
Darius lenkte sein Pferd neben das der Königin. »Sieh dir das an, Morwena! Ein solch gewaltiges Heer habe ich noch nie zuvor gesehen. Man möchte glauben, dass nichts, aber auch gar nichts, sich dieser geballten Kraft entgegenstellen könnte, und doch suchen meine Augen ständig nach Verstärkung. Nach all meinen Schlachten habe ich diesmal ein ganz sonderbares Gefühl. Mir ist zumute, als zöge ich unerfahren und ohne jedes Können in meinen ersten Kampf. In mir ist nicht die vertraute und willkommene Angst, die die Sinne schärft und das Blut in Wallung bringt, sondern eine Furcht, die mich zu lähmen scheint. Mir ist, als müsste ich noch schnell alles regeln, weil mir sonst keine Zeit mehr dafür bliebe. Ich habe gestern lange mit Marga gesprochen, um ihr endlich zu sagen, wie stolz ich immer auf sie war und bin und dass ich sie liebe. Sie hat geweint und gesagt, ich solle nicht so tun, als ob ein Abschied vor uns läge. Erst da habe ich richtig begriffen, dass ich mich genauso fühle … als läge ein Abschied vor mir.«
Sie nickte beklommen. »Ich verstehe dich so gut, mein Lieber, denn mir geht es nicht viel anders. Und wenn ich abends im Lager sitze und um mich herumblicke, dann erkenne ich, dass es fast allen so geht. Es herrscht schon fast eine beunruhigende Stille für diese Vielzahl von Menschen. Die Männer haben Angst, sie haben sogar unglaubliche Angst. Altgediente, siegreiche Krieger spüren plötzlich ihre Verwundbarkeit, denn unzählige Gerüchte über die Schattenarmee machen die Runde. Es ist eins, gegen den gut bekannten Feind zu kämpfen, etwas ganz anderes ist es, gegen übernatürliche Wesen zu kämpfen. Ich fürchte mich nicht vor Camora und seinen Horden, aber Maluchs Züchtungen flößen auch mir ein bisher unbekanntes Grauen ein.« Sie musste unwillkürlich die Hände verkrampft haben, denn ihr Pferd machte einen kleinen Satz.
Darius wollte etwas erwidern, schwieg aber, weil Fürst Menides gerade auf sie zukam, und fragte, ob das Signal zum Aufschlagen des Lagers gegeben werden sollte, da die Sonne schon recht tief stünde. Darius gab sofort sein Einverständnis. Grund zur Eile bestand schließlich nicht. Sie waren in der
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