Neobooks - Die Zitadelle der Träume
hatten, aber sie redete und redete immer weiter, von den Entbehrungen unter Camora, von der neuen Hoffnung und der neuen Freude, die sein Erscheinen mit sich brachte. Es schien einfach kein Ende zu nehmen, und der Duft von Gebratenem wehte zu ihm herüber. Sein Magen ballte sich schmerzhaft zusammen, in seinem Kopf breitete sich eine dumpfe Leere aus, und seine Knie wurden immer weicher.
Doch endlich strahlte sie ihn an und bat mit seelenvollem Lächeln: »Jetzt ist es an Euch! Sprecht zu Eurem Volk, mein König!«
Er bekam gar nicht mehr mit, dass alle ihn erwartungsvoll ansahen, und ihm fiel nur eines ein: »Könnte ich bitte etwas zu essen bekommen?«
Morwena fiel fast die Kinnlade herunter.
Derea und Juna lachten unwillkürlich laut auf, Canon, Hylia und Marga verbargen ihr breites Grinsen hinter ihren Händen, Caitlin stützte kichernd ihren jetzt schon leicht schwankenden Gatten, und aus irgendeinem Grund jubelten plötzlich alle los und ließen ihren König hochleben.
Canon nahm an, dass wohl allein ein so menschliches Gefühl wie Hunger den neuen Großkönig in den Augen seiner Untertanen genug von Camora unterschied, um ihn begeistert zu feiern und anzunehmen.
Die Königin erwachte aus ihrer Starre, sah ihren bleichen und hohlwangigen Neffen an, verzieh ihm umgehend, dass er offensichtlich nie die richtigen Worte fand, und handelte. Dann ging alles sehr schnell.
Rhonan wusste kaum, wie ihm geschah, er wurde gezogen und geschoben und in Windeseile fand er sich an einer überreich gedeckten Tafel wieder. Da er aus Erfahrung wusste, dass er jetzt weder zu schnell noch zu viel essen durfte, wurden ihm von eifrigen Dienern, die annahmen, das jeweilige Gericht fände schlichtweg nicht sein Gefallen, dauernd die Teller weggenommen. Ahnend, dass er sich mit denen nicht wie mit der Bedienung in Wirtshäusern anlegen durfte, aber überfordert mit der Aufgabe, sie auf königliche Weise von sich fernzuhalten, aß er schließlich nur noch Brot, bis Canon ihm grinsend einen Teller mit Fleisch reichte und die emsigen Bediensteten mit einem einfachen Wink aufforderte, sich zu entfernen.
Es wurde ein rauschendes Fest. Gebrautes und Wein flossen in Strömen, und die Stimmung unter den Kriegern stieg mit jedem Becher, den sie leerten.
Die Echsen fanden an dem ihnen bisher ziemlich unbekannten Selbstgebrauten immer mehr Gefallen und torkelten bald nur noch.
Überall wurde gesungen, gelacht und getanzt.
Für den jungen König wurde der erste Abend in seiner Burg zu einem einzigen Alptraum. Pausenlos fiel jemand vor ihm auf die Knie oder küsste seine Hand. Ständig wurde er gebeten, hier oder dort etwas zu sagen oder zumindest zu erscheinen.
Netterweise unterstützten Canon und Derea ihn nach Kräften, aber er schwitzte trotzdem bald Blut und Wasser, weil er es nach wie vor nicht ertragen konnte, von Menschen umringt zu werden. Unwillkürlich suchten seine Augen stets nach Feinden und Fluchtmöglichkeiten, und seine Hand zuckte wie von selbst immer sofort zum Dolch im Gürtel, wenn ihn jemand von hinten ansprach. Er konnte die Gewohnheiten langer Jahre nicht so schnell ablegen, wie es wohl von ihm erwartet wurde.
Immer mehr vermischten sich in seinem Kopf auch Gegenwart und Vergangenheit. Er sprach im Burghof mit Flammenreitern und sah plötzlich, wie Hordenkrieger an gleicher Stelle einen Schmied erschlugen. Er lachte mit Derea über einen Kalla, der trunken vom Gebrauten beim wilden Tanz über seine eigenen Füße stolperte und fast ins Lagerfeuer fiel, und sah die Flammen des Scheiterhaufens in den Himmel lodern. Der Duft der gebratenen Rinder vermischte sich mit dem Gestank nach verbranntem Menschenfleisch, die Freudenfeuer wirkten immer bedrohlicher, und die heiteren Flammenreiter verschmolzen vor seinen Augen mit mordenden Hordenkriegern. Irgendwann hörte er nur noch hämisches Gelächter, grauenhafte Schreie und das wilde, fordernde Prasseln des Scheiterhaufens.
Als er nur noch schreien wollte, weil er es nicht mehr ertrug, ergriff jemand seinen Arm, und er benötigte einige Zeit, um zu erkennen, dass es Caitlin war, die lachend an ihm herumzupfte.
»Komm, Liebster, ich habe dir ein Bad vorbereiten lassen. Danach geht es ins Bett. Wir müssen nicht bis zum Ende bleiben. Ich habe Morwena gebeten, uns zu entschuldigen.«
Er verstand kaum die Worte, war nur dankbar für ihre Nähe, riss sie an sich und küsste sie voller Leidenschaft. Caitlin erwiderte zwar den Kuss, war aber ziemlich erstaunt, dass
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