Neobooks - Transalp 6
die Hüttenwirte? Jetzt haben die uns schon extra zwei Einzelzimmer hergerichtet. Und diese Schauhöhle wollte ich mir auch ansehen.«
»Das kannst du im Urlaub machen. Sag den Wirten, unser Filmteam hat sich verlaufen.«
Stephanie Gärtner trank ihre Schorle aus und verzog sich in die Hütte, um in dem nach kürzester Zeit liebgewonnenen Einzelzimmer ihren Rucksack zu packen.
Anselm Plank zog sein Handy aus der Jackentasche. Er musste mehr über diesen Fall erfahren. Es war unverantwortlich und auch nicht wirklich sehr professionell gewesen, sich einfach auf die Spur Benno Spindlers zu setzen, nur, weil ein karrierebesessener Staatssekretär das so wollte. Spätestens seit heute früh, seit klar war, dass es da auch noch irgendeine Nazi-Verstrickung gab, die nicht ausschließlich in der Vergangenheit lag, hätte er weitere Quellen anzapfen müssen, warf er sich jetzt vor. Doch er war zu abgelenkt mit dieser Stephanie. Erstens war sie ständig um ihn rum, zweitens hatten sie eine Beziehungskrise, ohne dass sie jemals das gehabt hatten, was man eine Beziehung nannte. Doch jetzt war eine gute Zeit, um sich einmal ordentliche Informationen zu beschaffen. Nur, wem konnte er trauen? Er hatte nach 34 Jahren im Polizeidienst schon vieles erlebt. Drogenfahnder, die für die Pusher arbeiteten, waren ja schon so normal, dass sie ein gerne in Krimis bemühtes Klischee abgeben. Ebenso Sittenpolizisten, die mit den Luden unter einer Decke steckten – und das oft genug in wahrsten Sinn des Wortes. Da war doch zu erwarten, dass der eine oder andere Beamte auch am äußersten rechten Rand – und vielleicht auch darüber hinaus – seine Kontakte pflegte. Er blätterte sich durch das Telefonverzeichnis seines Mobiltelefons. Bei ›K‹ wurde er fündig. K wie Koralis. Kriminalhauptkommissar Theodoros Dimitriou Koralis war vollkommen unverdächtig, ein Nazi zu sein. Ein in Deutschland geborener Sohn griechischer Einwanderer, der brav jeden Sonntag die Messe in der orthodoxen Kirche am Frankfurter Ring besuchte, dessen Vater sein Leben lang bei BMW am Band geschuftet und als erster Ausländersprecher der Gewerkschaft, der auch einer war, einige Bekanntheit in München erlangt hatte. Der wäre sicher nicht mit den braunen Dumpfbacken unterwegs. Und sie könnten nichts mit ihm anfangen. Plank hatte den jüngeren Kollegen immer gemocht. Das Wort Überstunde war ihm unbekannt, er machte immer das, was anstand. Und nie hatte er gemotzt, wenn wieder eine Observierung die ganze Nacht oder das Wochenende zerstört hatte. Bis zu dem Vorfall beim Bullenfasching im Löwenbräukeller wäre Plank einverstanden gewesen, dass Theo Koralis ihm an der Spitze der Zielfahnder nachfolgte. Und so leid es Plank auch tat, aber er wusste, dass es danach einfach nicht mehr ging. Zumindest musste einiges Gras über die Sache wachsen. Und bis dahin hätte Stephanie Gärtner den Job. Auch das war Plank recht. Immer noch. Sie war eine gute Polizistin. Und sie war schlau. Wahrscheinlich um einiges schlauer als Theo. Und der Polizist der Zukunft musste es vor allem in der Birne haben.
Umso sicherer war Plank, dass Theo sein Bestes geben würde, um die Scharte auszuwetzen. Besonders, wenn es um eine Ermittlung ging, in der eigentlich seine Widersacherin Stephanie Gärtner eine tragende Rolle spielte. Da konnte er zeigen, dass es ohne ihn dann doch nicht ging. Plank drückte auf den Wählen-Knopf. Es klingelte lange. Doch schließlich hörte er Theos Stimme.
»Koralis.«
»Theo, Servus. Wo störe ich?« Plank musste sich nicht vorstellen. Seine Stimme hätte jeder im Dezernat im Schlaf erkannt.
»Anselm. Du – ich dachte, du wärst auf geheimer Mission in Timbuktu oder auf dem Mars.«
»Bin ich auch. Ich wollte mich ja auch nur erkundigen, wies dir geht.«
»Kann nicht klagen. Bin schon zu Hause, ausnahmsweise. Annette muss zum Elternabend in der Schule und ich pass auf die Kinder auf.«
»Sehr brav. So können sie dich wenigstens nicht zum Elternbeirat wählen.«
»Gott seis gepfiffen und getrommelt.«
»Ich hätte da mal eine kleine Bitte.«
»Schieß los.«
»Der Benno Spindler. Über den brauch ich alles.«
»Was du nicht über den weißt, das weiß der selber nicht, Anselm. Ich wüsste jetzt nicht, was ich da …«
»Quatsch keine Opern, Theo. Ich weiß nicht, mit wem der in den letzten Jahren zusammen eingesessen ist, was er da gemacht hat und so weiter. Ich interessiere mich vor allem für seine Knastbekanntschaften und
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