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Nessie und die Geister der MacLachlan

Nessie und die Geister der MacLachlan

Titel: Nessie und die Geister der MacLachlan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Othmar Franz Lang
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Wasser war zu kalt. Nessie wäre ein dummes Urvieh gewesen, wenn es sich eben jetzt den Menschenmassen am Ufer präsentiert hätte.
    Als er das Fernglas wieder absetzte, hatte er das Gefühl, daß jemand hinter ihm stand. An seinem und Goodys Schatten aber konnte er erkennen, daß dies nicht gut möglich war. Einer, der hinter ihnen stand, hätte einen Schatten werfen müssen, einen längeren als sie.
    Dann durchzuckte es ihn wie ein Blitz, er fuhr herum, und da stand wirklich jemand. Der alte Jocelyn Webb nämlich, mit seinem altmodischen Gewand und dem etwas zu kurzen Zylinder auf dem Kopf.
    „Na“, sagte der alte Jocelyn Webb, „nichts entdeckt, wie?“
    „Nein, nichts, Sir.“
    „Ist jetzt auch zwecklos, ich kenne das. Völlig zwecklos. So leicht kommt man nicht hinter Nessies Geheimnis. So leicht nicht.“
    „Kennen Sie es etwa, Mr. Webb?“ fragte Goody.
    „Wir alle kennen es.“ Er ließ dabei offen, wen er unter „wir“ verstand. „Ja“, fuhr er fort, „ein hübsches Plätzchen hier, nicht wahr? Stehe gerne hier, nur der Aussicht wegen. Mag es, dieses Plätzchen. Zu jeder Jahreszeit, auch wenn Regen fällt und die Wolken tief, tief über dem Loch hängen. Dann sind sie alle wieder fort da unten, die so viel Unruhe herbringen. Und das Hochland kann wieder atmen. Rieche gern den Rauch von Torffeuer, den es noch hin und wieder gibt. Ist so ein Kindheitsgeruch. Torffeuer ließ zwar die Mauern kalt, aber es wärmte ein wenig die Luft in den Stuben, ja, ja.“ Dann entdeckte der alte Jocelyn, daß Cedric wieder einmal keinen Kilt anhatte. Er schwieg eine Weile, räusperte sich noch ein paarmal, und da die Kinder auch nichts zu sagen wußten, war er verschwunden. Cedric spürte, daß da plötzlich keiner mehr stand. Als er sich umwandte, war Jocelyn weiß Gott wo.
    „Man kann ganz vernünftig mit ihm reden“, stellte Goody fest.
    Cedric hingegen plagte die Frage, was Jocelyn wußte und nicht weitererzählen wollte. Bitte, er hatte Sarah versprochen, nichts davon zu sagen, daß sie und Jessie Nessie kannten und daß Nessie sie auch besuchte. Aber er konnte doch die Frage ganz allgemein stellen, ohne Jessie und Sarah zu erwähnen.
    „Ich habe heute morgen — du schläfst ja so furchtbar lange — eine ganz eigentümliche Geschichte gehört.“
    „Von wem?“
    „Das tut nichts zur Sache. Jemand hat erzählt, daß sie öfter zum Strand gehen, um Nessie zu füttern. Einfach so zum Strand, und da kommt Nessie ans Ufer, taucht auf, sie geben ihm Futter, ich weiß nicht was, jedenfalls Futter, und das liebe alte Nessielein schwirrt nachher wieder ab.“
    „Wohl ein bißchen überspannt, wie?“ fragte Goody. „Zum Strand gehen und Nessie füttern wie einen Schwan oder eine Ente! Eine verrücktere Geschichte kann man sich nicht vorstellen. Und nie hat sie jemand dabei gesehen?“
    „Nessie soll auch manchmal ins Haus kommen.“
    „Auf Besuch? Zu Tee und Scones oder gar zum Dinner in Abendgarderobe?“
    „Nein, man kann es angeblich nur im Badezimmer empfangen. Nessie muß es naß haben, damit seine Haut nicht austrocknet.“
    „Und das hast du alles geglaubt?“
    „Goody, überleg doch mal, die Geräusche in der Nacht!“
    „Ach, du meinst, da war Nessie zu Besuch im Badezimmer bei der wasserscheuen Tante Jessie? Und zur selben Zeit tummelte es sich im Loch bei Urquhart Castle und ließ seine Stimme auf Band aufnehmen!“
    „Ich glaube, es war gar nicht dieselbe Zeit“, sagte Cedric leise. „Im Morgengrauen war das Kaninchen bei mir — wir müssen die Geräusche viel eher gehört haben als der Lauscher.“
    „Weiß Gott, was das war. Bestimmt nicht Nessie! Vielleicht Jessie selber, denn bei aller Allergie wird sie doch mal baden oder brausen müssen, und möglicherweise tut ihr das weh, und sie heult dabei.“
    Er konnte ihr nicht zustimmen, also erhoben sie sich nach einer Weile und gingen ganz in Gedanken den Weg weiter. Goody wäre es lieber gewesen, wenn Cedric widersprochen hätte, um seine Theorie zu entwickeln, aber offensichtlich wußte er selbst nicht weiter oder hatte schon aufgegeben.
    Sie waren beide so in Gedanken versunken, daß sie nicht merkten, wie weit sie schon gegangen waren. Als sie jedoch aufschauten, standen sie an der Hecke, die den Hang querte, und dann sahen sie es gleichzeitig: Wiederum hatte sich ein Kaninchen in der Schlinge gefangen und führte die verrücktesten Tänze auf, um sich zu befreien.
    Wieder lief Cedric hin, beruhigte das Tierchen und löste die stramm

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