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Neues Vom Watership Down

Titel: Neues Vom Watership Down Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
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du dann die Richtung wissen, in die wir gehen müssen?« fragte El-ahrairah.
    »Wir gehen natürlich dem Geruch nach. Das ganze Land stinkt nach den Ilips. Willst du etwa sagen, du kannst das überhaupt nicht riechen?«
    »Nein«, sage El-ahrairah, »ich kann's wirklich nicht.«
    »Also, jetzt weiß ich tatsächlich, daß du keinen Geruchssinn hast. An deiner Stelle wäre ich froh, ich würde das nicht ändern. Dann brauchst du jedenfalls nicht die Ilips zu riechen.«
    Zusammen machten sie sich auf den Weg. Unterwegs erzählte der Glanbrin von den Sitten und Gebräuchen seines Volks, die sich, wie es El-ahrairah schien, nicht sehr von denen seiner Kaninchen unterschied.
    »Ihr lebt offenbar so ähnlich wie wir«, sagte er. »Immer gesellig zusammen, meine ich. Wie kommt es, daß du allein warst, als du mich getroffen hast?«
    »Das ist eine traurige Geschichte«, erwiderte der Glanbrin. »Ich hatte mir eine Gefährtin erkoren, ein wunderbares Weib. Sie hieß Flairgold, und jeder hat sie bewundert. Wir gruben uns gerade einen Bau und wollten einen Wurf aufziehen. Da kam ein Fremder daher, ein ungeschlachter großer Glanbrin namens Shindyke. Er wollte mit mir kämpfen, sagte er, und mir Flairgold wegnehmen. Wir kämpften, und er gewann. Ich bin einfach weggegangen. Das Herz tat mir weh. Tut's mir immer noch. Mein Leben ist zerstört. Ich weiß nicht, was ich mit mir anfangen soll. Als ich dich getroffen habe, da bin ich einfach ziellos herumgewandert. Deswegen kann ich dir jetzt den Weg zeigen. Ich habe ja nichts anderes vor.«
    El-ahrairah drückte ihm sein Mitgefühl aus. »Die Geschichte ist nur allzu bekannt«, sagte er. »Da, wo ich herkomme, da passiert's auch. Und es passiert dauernd. Du bist nicht der einzige, falls dich das tröstet.«
    Der Glanbrin hatte »zwei Tage« gesagt, aber in diesem schrecklichen Land konnte El-ahrairah keine Tage zählen. Fortwährend stolperte er und verletzte sich, weil er weder riechen noch sehen konnte. Prellungen und Blutergüsse bedeckten seinen Leib. Der Glanbrin war sehr mitfühlend und geduldig, aber El-ahrairah merkte, wie sehr er wünschte, schneller voranzukommen. Er war spürbar nervös und wollte diese Reise so schnell wie möglich hinter sich bringen.
    Sie waren schon eine ganze Weile gegangen, viele Tage lang, wie es El-ahrairah schien, als der Glanbrin irgendwo haltmachte, wo Haufen von Steinen herumlagen. Wenigstens diese konnte El-ahrairah fühlen.
    »Näher heran wage ich nicht zu gehen«, sagte der Glanbrin. »Jetzt mußt du deinen Weg allein machen. Benutze den Wind als Wegweiser, er bläst im allgemeinen ziemlich gleichmäßig in eine Richtung.«
    »Und was hast du jetzt vor?« fragte El-ahrairah.
    »Ich warte hier zwei Tage lang auf dich, für den Fall, daß du zurückkommst – was ich allerdings nicht glaube.«
    »Doch, ich komme zurück«, meinte El-ahrairah. »Diese Steine werde ich wiederfinden, ob's dunkel ist oder nicht. So sag ich dir einstweilen ›Auf Wiedersehen‹, Freund Glanbrin.«
    So brach er allein im Dunkeln auf, stets bedacht, stracks gegen den Wind zu marschieren. Doch es war schwierig, die Richtung beizubehalten, deshalb ging er langsam. Es war tatsächlich so, daß ihm diese Finsternis allmählich unerträglich wurde. Sie zermürbte ihn, und im Gegensatz zu dem, was er dem Glanbrin gesagt hatte, fragte er sich, ob er sie lange genug aushalten könnte, um noch die Kraft für den Heimweg zu haben. Da er nichts sah, stolperte er dauernd und fiel hin, und beim kleinsten Geräusch schrak er zusammen. Das war ziemlich schlimm, aber die Stille war noch schlimmer. Dieses Dunkel, so kam es ihm vor, war lebendig, und es haßte ihn; es veränderte sich nie, es schlief nie, und es sprach nie. Es brauchte lediglich darauf zu warten, daß er wahnsinnig würde, daß er zusammenbräche, aufgäbe und kapitulierte. Dann hätte er verloren, und die unerbittliche Dunkelheit hätte gewonnen.
    Aber die Angst und die Unsicherheit waren nicht alles; hinzu kamen Hunger und Durst. Seit er in dieses schauerliche Land gekommen war, hatte er kein Gras mehr gefressen. Zwar war er nicht verhungert, das ist wahr, denn der Glanbrin hatte ein paar »Brüri«, wie er sie nannte, erschnüffelt und ausgegraben, eine Art wilder Rüben, von denen sich sein Volk hauptsächlich ernährte, wie er erklärte. Sie waren sehr saftig, löschten den Durst und stillten den Hunger. Aber ohne Glanbrin würde er nie welche finden können. Er betete zu Frith, er möge ihm Mut verleihen,

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