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Nibelungen 09 - Der Zwergenkrieg

Titel: Nibelungen 09 - Der Zwergenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander (Kai Meyer) Nix
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behauptete, etwas gesehen zu haben, dann gab es keinen Zweifel, daß dort tatsächlich etwas war. Zwerge hatten von Natur aus gute Augen, und selbst unter ihnen stach Egil mit seinem scharfen Blick hervor.
    Kein ungewohntes Geräusch ertönte, nur das vertraute Plätschern der Wasserrinne, die jeden Korridor und Flur des Hohlen Berges flankierte. Das schmale Rinnsal, kaum breiter als zwei Finger, zeigte an jedem Ort des Zwergenreiches an, ob der Weg nach oben oder unten führte. Mochten die Böden der meisten Gänge und Hallen noch so ebenerdig erscheinen, sie waren es nicht. Kluge Baumeister hatten einstmals diesen Einfall gehabt, um im Labyrinth der Stollen und Säle die Orientierung zu erleichtern. Sogar hier, in diesem Treppenschacht, wo es keinerlei Zweifel am Oben und Unten geben konnte, verlief zu Grimmas Rechten eine Wasserrinne wie ein silbrig glitzernder Faden.
    Gellir, ein rotbärtiger Zwerg mit eiserner Augenklappe, schaute über die Schulter zu Grimma. »Da oben ist nichts«, wisperte er. »Wir sollten weiter –«
    »Nein!« widersprach Egil in scharfem Flüsterton. »Ich hab’ einen von ihnen gesehen.«
    »Vielleicht eine Ratte«, sagte Kjartan, der jüngste der fünf Krieger. Er hatte drei Frauen, für die ihn mancher seiner Kameraden beneidete. Auch Grimma hatte er einmal beigelegen – vor dreißig, vierzig Jahren –, und sie schätzte ihn noch heute als engen Freund und Kampfgefährten.
    »Eine wahrlich große Ratte muß das gewesen sein«, spottete Egil leise. »Sie lief auf den Hinterbeinen, hatte Hörner und ein Breitschwert. Geh, Kjartan, und zieh an ihrem Schwanz!«
    Grimma überhörte das Gerede ihrer Krieger. Alle fünf hatten lange und tapfer gekämpft, und sie wollte ihnen jetzt nicht den Mund verbieten. Wenn die Nordlinge wirklich dort oben warteten, wußten sie ohnehin längst, daß ihre Verfolger nahten.
    »Nordlinge verstecken sich nicht«, warf Odd ein, dessen Bart so gerstengelb war wie das Bier, das er meist aus eimergroßen Krügen trank.
    Dem mußten alle zustimmen. Nordlinge waren zu groß und grob und ungeduldig, um Hinterhalte zu legen. Anderseits waren die Erfahrungen der Zwerge mit diesem Feind erst zwei Wochen alt, und es mochte manches geben, das sie noch nicht über ihn herausgefunden hatten. Und wer weiß, dachte Grimma argwöhnisch, vielleicht sind die drei ja verzweifelt. Oder todesmutig. Oder beides.
    »Es hilft nichts«, entschied sie, »wir müssen weiter. Der König wäre gewiß nicht erfreut, wenn wir ohne ihre Hörner zurückkehrten.«
    Im selben Augenblick erstarb in der Tiefe der Trommelschlag, und diesmal wurde er nicht wieder aufgenommen. Zugleich ertönte das Echo vielstimmigen Gebrülls. Da wußten die sechs Zwerge auf der Treppe, daß die Schlacht in den Minen entschieden war. Die letzten Nordlinge waren gefallen. Bis auf jene drei, deren Spur sie folgten. Das gab ihnen Auftrieb, und unter lautem Kampfgeschrei stürmten sie die Stufen empor, dem Torbogen und der Halle entgegen.
    Sie waren keine zehn Schritte vom oberen Treppenabsatz entfernt, als Grimma plötzlich aufschrie.
    »Halt!«
    Ihr Blick war noch einmal auf die schmale Wasserrinne neben den Stufen gefallen, und diesmal verriet ihr das Rinnsal weit mehr als nur den offensichtlichen Weg nach oben.
    Das Wasser hatte sich rot gefärbt. Rot vom Blut des verwundeten Nordlings, der hinter dem Torbogen lauerte!
    Sie wollte Befehle brüllen, doch es war bereits zu spät. Odd behielt recht: Die Nordlinge waren nicht geschaffen für Hinterhalte, und auch jetzt war ihre Ungeduld zu groß. Brüllend sprangen sie hinter den turmhohen Steinpfosten des Portals hervor, die mächtigen Breitschwerter im Anschlag, jedes einzelne so lang wie ein Zwerg.
    Grimma stand an der Spitze ihrer Einheit, und so galt ihr der erste Schlag des vorderen Nordlings. Seine Klinge fuhr herab und hätte sie von Kopf bis Fuß gespalten, hätte sie nicht im Reflex ihre Streitaxt emporgerissen und den Hieb damit aufgehalten. Die rohe Gewalt des Angriffs ließ sie schwanken, und schon holte der Nordling zum zweiten Mal aus. Wie die Gesichter seiner beiden Gefährten waren auch seine Züge hinter einem Schleier aus Kettengewebe verborgen. Bei jeder Bewegung verursachten die Eisenglieder ein leises Klingeln.
    Abermals sauste das Breitschwert herab, doch diesmal tauchte Grimma mit einem Ächzen darunter hinweg, wirbelte die Axt herum und hieb die schartige Schneide tief in den Beinschutz des Nordlings. Zwergenstahl fraß sich knirschend durch

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